SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIKBedarf ausrichten; die bestehendeUnterordnung unter militärische undpolitische Prioritäten ist zu beenden.“(Pos. Papier S. 8, Abs. 5)Mit dieser Aussage werfen dieVerfasser des Papiers dem Bundesministeriumfür wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung unprofessionelleEntwicklungszusammenarbeitvor, ohne dafür Beweisezu liefern. Das sollte vom BMZ nichtunbeantwortet bleiben. Gleichzeitigrichtet sich die Kritik gegen die weltweitanerkannte „Deutsche Gesellschaftfür Technische Zusammenarbeit“(GTZ) mit ihren über 10.000deutschen und ausländischen wissenschaftlichenMitarbeitern. Die GTZ istdie professionelle Durchführungsorganisationdes BMZ, auf deren jahrzehntelangenErfahrungen das Entwicklungsministeriumzurückgreifenkann. Der GTZ mangelnde Professionalitätvorzuwerfen grenzt an Überheblichkeit,zumal die von VENROvertretenen deutschen entwicklungspolitischenNichtregierungsorganisationennicht in der Lage sind, großflächigEntwicklungshilfe zu betreiben,sondern maximal örtliche Missständeabzustellen.Abschließende BemerkungenDer vorliegende Beitrag richtetsich nicht gegen die überwiegendhervorragende Arbeit der deutschenHilfsorganisationen zum Wohle derbetroffenen Menschen, die der Autorin zahlreichen Artikeln als vorbildlichherausgestellt hat. Der Beitragrichtet sich gegen die anscheinendideologisch motivierte Wortwahl desPositionspapiers, welches die Wirklichkeitnicht darstellt.Sowohl das Auswärtige Amt alsauch das Bundesministerium für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklungsollten sich mit den öffentlichenÄußerungen von VENRO ingeeigneter Weise auseinandersetzen.Eine Äußerung der betroffenen Stellenwird zu gegebener Zeit veröffentlichtwerden.Ob den betroffenen Organisationendurch diese Äußerungen desVENRO- Positionspapiers 7/2009Schaden entsteht, müssen die Organisationenselbst entscheiden. Unbeantwortetsollten die Vorwürfe allerdingsnicht bleiben. ❏Sachausschuss Sicherheit und FriedenEntwicklungen bei der Weiterverbreitung von nuklearer (Waffen-)Technologien(12.gekürzte Fortschreibung – Zeitraum November 09 bis Februar 10)VON WERNER BÖSDie Redaktion wird auch weiterhin über das Monitoring der Proliferationsproblematik des Sachausschusses„Sicherheit und Frieden“ berichten. Wie gewohnt, verzichten wir auf die detaillierte Wiedergabe derchronologischen Ereignisse und werden uns auf die Bewertungen des Autors stützen. An der chronologischenEntwicklung interessierte Leser könne diese bei der Redaktion AUFTRAG per e-mail abrufen (redaktionauftrag@kath-soldaten.de).Zu den Wahlen im Iran, zur Problematik der atomaren Abrüstung und zum neuenChef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Yukiya Amano kann eine gesonderte Bewertung vonWerner Bös bei der Redaktion angefordert werden.Iran:Die Erfolgschancen der Annäherungspolitikvon US-PräsidentObama im Atomstreit mit Iran schwinden.Der scheidende Direktor der InternationalenAtomenergiebehördeIAEA, Mohamed El Baradei appellierteim November 2009 eindringlichan Teheran doch noch einzulenken.Er wandte sich ungewöhnlich direktan die iranische Führung: „Sie müssensich in kreative Diplomatie einbringen.Sie müssen verstehen, dassSie zum ersten Mal eine echte Verpflichtungeines amerikanischen Präsidentenhaben, sich vollständig aufVerhandlungen einzulassen auf derGrundlage gegenseitigen Respektsund ohne Bedingungen.“ El Baradeiforderte Iran auf, den von ihm vorgelegtenKompromiss zu akzeptieren,dem zufolge Iran einen Großteil seinesniedrig angereicherten Urans insAusland bringen soll, um dafür Brennelementefür einen Forschungsreaktorin Teheran zu erhalten. „Wir habendie erste Gelegenheit seit langem,von Konfrontation zu Kooperation zukommen“ sagte der IAEA-Chef, derEnde November nach 12 Jahren ausdem Amt schied.Schon damals wurden die Chancenfür ein Abkommen gering eingeschätzt.Der Gegenvorschlag des Iran,das Uran nicht auszuführen und erstgegen fertige Brennelemente im Inlandzu tauschen, wurde kritisiert,weil keine Sicherheit gewonnen werdenkonnte. Er wurde nicht als letztesWort des Iran gewertet. Die internationaleVerhandlungsgruppe vereinbarteim Dezember bei einem Treffen,die Lageentwicklung abschließendzu bewerten und über weitere Schrittezu beraten und setzte Iran damiteine letzte Frist. Nach internationalemDruck schien sich der iranische Präsidentkompromissbereit zu zeigen,als er zu Beginn Februar allgemeinerklärte, sein Land sei bereit, einenVertrag zum Uranaustausch mit den16 AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010
SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIKNuklearmächten abzuschließen. IransAußenminister Mottaki präzisierte aufder 46. Münchner Sicherheitskonferenzdie Einlassung seines Präsidenteninsoweit, als der Iran hinsichtlichdes Uranaustausches stets selber entscheidenwill, z.B. zu welchem Zeitpunkt,welche Menge, an welchen Ortetc. Damit degradierte er das ganzescheinbare Entgegenkommen zu einemneuerlichen Scheinangebot, umdrohende Sanktionen zu vermeidenoder zumindest zu verzögern.Falls der Westen noch über denKurs Irans im Atomstreit gerätselt habensollte, dann hat Mahmud Ahmadinedschadmit seinen ErklärungenHilfestellung gegeben: Anfang Dezember2009 zehn neue Urananreicherungsanlagenbauen zu wollenund Anfang Februar 2010 Uran auf20 % im Iran anzureichern sowie beiden Feierlichkeiten zum 31. Revolutionstagam 11.02.2010, als er Iraneinen „Atomstaat“ nannte. In Teheranverglich der Präsident die Gegnermit lästigen Mücken, prahlte mitden Errungenschaften seines Landesund machte deutlich, dass Iran demWesten nicht traut. Dies könnte erklären,warum das Mullah-Regimeauf alle Vermittlungsvorschläge sowidersprüchlich reagierte und warumTeheran es mit einer Einigung, wennüberhaupt, nicht eilig hat und sogarmit einer Eiszeit droht.Die Verhandlungsstrategie ist einMusterbeispiel an Zeitlupen-Diplomatie.Seit Wiederaufnahme der umstrittenenUrananreicherung vor dreiJahren warf Ahmadinedschad derStaatengemeinschaft immer wiederBrosamen hin, wenn es ungemütlichwurde, und wendete so den großenKrach gerade noch ab. Je häufiger dieWeltöffentlichkeit bei diesem KatzundMausspiel ausgetrickst wurde,desto mehr verbreitete sich die Überzeugung,dass die Atombombe das eigentlicheZiel der Iraner sei. Nur eineechte und offene Zusammenarbeit mitder IAEA könnte das Land von demVerdacht reinwaschen, dass es an derEntwicklung eben dieser Bombe arbeitet.Auch wenn man die Weigerungeiner großen und stolzen Nation zurAnnahme eines empfundenen Diktatsverstehen kann, es gilt nicht, einDiktat anzunehmen, sondern ein Kooperationsangebot.AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010Aber die Atompolitik ist für dieHerrscher in Teheran nicht allein einMittel ihrer Außenpolitik. Es ist einesder höchsten Ziele des Programms,die Bevölkerung auf die islamistischeStaatsführung einzuschwören. Und jestärker der Druck von außen auf Iranwird, desto leichter wird es, die Oppositionellenals Landesverräter undAgenten des Westens abzustempeln.Die Atombombe soll die herrschendenEliten an der Macht halten.Innenpolitisch herrscht – für denWesten fatalerweise – im Atomstreitkein ernsthafter Druck, Kompromisseeinzugehen. Der Westen schaut zunehmendgenervt, zu, weil ihm andereszurzeit nicht möglich ist. So könnensich Ahmadinedschad und seineHardliner als Verteidiger der Ehreund der nukleartechnischen Errungenschaftenprofilieren. Besondersverführerisch dürfte für den Präsidentendie Chance sein, die seit derumstrittenen Wahl aufgebrochene innenpolitischeKluft zu überbrücken:Das Atomprogramm erfüllt selbst seineGegner mit Stolz. An dieser Stellekann der Westen den Hebel vonDruck und Drohung bestimmt nichtansetzen. Ahmadinedschad sagt, dieFeinde hätten ihre Möglichkeiten ausgeschöpft,doch die iranische Nationstehe kraftvoll da. Nein, Iran glaubtnicht an Verhandlungen.Teheran zeigt sich unbeeindrucktvon der Drohung mit neuen Sanktionenwie einem Lieferembargo für Ölprodukte.Bereits jetzt muss der ErdölproduzentIran 40 % seines Benzinbedarfsund anderer Ölprodukte importieren.Iran und seine Bevölkerungsitzen seit Jahren Strafmaßnahmenaus. Vorerst scheint Teheran auf dieBedeutung der Vorgespräche zu setzen,die neue Kommunikationskanälezu den USA eröffnet haben und weigertsich unverändert, die Atomfragewieder in der Sechserrunde zu behandeln.Teherans Theokraten sitzen amlängeren Hebel: Die amerikanischenAnnäherungsversuche, einschließlicheines redlichen Kompromissangebotsder Urananreicherung im Ausland,haben keine Wirkung gezeigt. Im Gegenteil– das Regime kündigte denenergischen weiteren Ausbau seinerAtomanlagen an.In dieses Bild passt die Nachrichtvom Sitz der IAEA in Wien, dass sichder Iran um die Lieferung von Uranaus Kasachstan bemüht. Demnachsoll der Abschluss einer Vereinbarungüber die Einfuhr von 1350 Tonnen„gereinigten Urans“ unmittelbar bevorstehen.Gemeint ist der sogenannte„Yellowcake“, ein pulverförmigesProdukt, das schon am Abbauort ausnatürlichem Uranerz gewonnen wird.Weil die Lieferung von Uran wegender vom UN-Sicherheitsrat gegen Iranverhängten Sanktionen illegal wäre,soll ein überhöhter Preis von 450 MillionenDollar angeboten worden sein.Dass Iran versucht, Uran für sein Nuklearprogrammzu importieren, wirdschon seit einiger Zeit vermutet. DerAbbau von Erzvorkommen an zwei Ortenim eigenen Land reicht dafür nichtaus, und der Vorrat an Yellowcake, derschon in den siebziger Jahren, nochwährend der Herrschaft des Schah inSüdafrika gekauft wurde, soll weitgehendzu Uranhexafluorid (UF 6)verarbeitetworden sein. Zur Anreicherungvon Uran wird das gasförmige UF 6inKaskaden mit einer Vielzahl von Zentrifugeneingespeist. Der iranische Vorratan UF 6beläuft sich angeblich aufmehr als 300 Tonnen – was für einegrößere Anzahl von Nuklearwaffenausreichen würde. Aufgrund des „SafeguardsAgreement“ mit der IAEAwäre Iran verpflichtet, der WienerBehörde den Import von uranhaltigemMaterial zu melden. Die drei vonUN-Sicherheitsrat beschlossenen Resolutionen,in denen das Regime imIran aufgefordert wurde, alle mit derAnreicherung von Uran verbundenenAktivitäten einzustellen, verbietenanderen Ländern den Export vonMaterialien, die bei der AnreicherungVerwendung finden könnten.Die kasachische Regierung erklärt,das Land beachte alle Vorschriftender IAEA; „deshalb kann voneinem Uranverkauf außerhalb desIAEA-Regimes keine Rede sein“. Kasachstangehört nach Kanada undAustralien zu den drei größten Uranproduzentender Welt.Iran provoziert. Der Westen reagiert.Mit starken Worten. Was bleibtihm übrig? Nach Jahren des Taktierensund Täuschens, nach einer langenZeit der auch vom Westen verpasstenChancen, droht der Konfliktauf eine Entscheidung zuzutreiben.Die US-Außenministerin beharrt, sie17