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Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

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SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIKund der Beginn der Revolutionsfeierlichkeitenam 1. Februar 2010 gewesen,die aber ungenutzt blieben. Dieneue Unerschrockenheit der Oppositionund die Unversöhnlichkeit derletzten Proteste legen den Schlussnahe, dass die Demonstranten immerweniger auf äußere Anlässe angewiesensind.Die Demonstranten des Aschura-Festes verstanden sich, auch wenn sienicht religiös sind, als in der TraditionHusseins stehend, der sein Lebenin der Hoffnung für eine gerechteGesellschaft gelassen hatte. So dietraditionelle Lesart der Schiiten. Andiesem Tag betrauern die Schiitenim Iran den Märtyrertod ihres drittenImams Hussein im Jahr 680 inder Schlacht von Kerbela gegen dieSunniten. Der Sohn Alis und EnkelMohammeds führte eine Reformbewegungan und wurde von der Armeedes Omayyaden-Kalifen Yazid getötet,weil er eine gerechte Gesellschaft mitgleichen Chancen für alle schaffenwollte, gegen das Machtmonopol einerkleinen Gruppe. Den Demonstrantenhielt das Regime entgegen, dass seitder Ausrufung der Islamischen Republik1979 das Gute bereits herrscheund der Staat schon in der NachfolgeHusseins stehe.Das glauben immer weniger unddie Einschüchterung der Staatsmachtfunktioniert nicht mehr. Demonstrantengehen offensiv gegen Sicherheitskräftevor und skandieren Losungengegen Ahmadinedschad undden Geistlichen Führer Chamenei.Die Konfrontation hat sich verhärtet,zu einem Dialog ist keine derbeiden Seiten mehr bereit. Seit demTod Montazeris sind Menschen aufdie Straße gegangen, die zuvor zuHause geblieben waren. Noch immerstellt die Mittelschicht die Mehrheitder Demonstranten. Begonnen hattees mit der jungen Generation, ältereFrauen und Männer schlossen sich ihnenan. Drei Generationen demonstrierenbereits. Zudem spitzt sich diewirtschaftliche Lage zu. Keiner investiertmehr, und hält dieser Trendan, werden sich zunehmend die Arbeitslosenaus der Unterschicht demProtest anschließen. Der dürfte dannimmer weniger freundlich ausfallen.Iran ist im Inneren in Gefahr auseinanderzu brechen, ohne dass jemandAUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010in Sicht wäre, der eine friedliche Lösungherbeiführen könnte.Die Häupter der Opposition sindnoch voll aktiv. Doch sie verfügenüber keine effektive Organisation imUntergrund, mit der sich der Wunschnach Veränderung anders gestaltenließe als in gelegentlichen Ausbrüchender Unzufriedenheit. Sowohleine geschlossene Strategie als auchTaktik fehlen den Oppositionellen inTeheran. Das ist ihre Schwäche, dennzu größerem koordinierten Vorgehenhaben sie wegen der Repressionnicht die Möglichkeit. Gleichzeitig istgerade dies ihre Stärke. Denn eineeffiziente Geheimpolizei mit einemweitgespannten Agentennetz wie dieiranische kann zwar konspirative Zirkelzerschlagen, nicht aber eine unstrukturierteMassenbewegung, dienur durch die Gesinnung von Millionenbesteht.Der ehemalige Reform-PräsidentMohammed Chatami warnt davor,dass die Brutalisierung des Regimeszu einer unkontrollierbaren Radikalisierungder Gegenbewegung führenwerde. Ex-Präsident HaschemiRafsandschani, einer der stärkstenGegner des amtierenden StaatschefsMahmud Ahmadinedschad, hat seitMitte Juli 2009, als er sich die Forderungender Opposition teilweisezu eigen machte, demonstrativ nichtmehr das große Freitagsgebet in derTeheraner Universität angeführt. AlsBedingung für eine neue Beteiligungdaran fordert er die Freilassung derpolitischen Gefangenen, Entschädigungenfür die während der UnruhenVerletzten, Versöhnung mit den hohenKlerikern, die vom Regime beleidigtworden seien, und Öffnung derStaatsmedien für andere Meinungen.Nichts davon ist geschehen, imGegenteil. Die bereits bisher drakonischeKontrolle des Internets istdurch eine neugeschaffene Instanzverstärkt worden. Das Internet unddie damit verbundenen Möglichkeitenzur freien Meinungsäußerung undInformation werden für die iranischeFührung mehr und mehr zur Bedrohung.Gleichzeitig wird der Geheimdienstder Revolutionswächter organisatorischausgebaut. Die Bekanntgabevon Todesurteilen oder andererhohen Strafen wird in der Öffentlichkeitin erster Linie als Abschreckunggegen neue Demonstrationenverstanden.Der Tod von Groß-Ayatollah Montazerivor Weihnachten 2009 kam zurUnzeit. Mit Montazeri verlor die iranischeReformbewegung ihren geistlichenFührer, der seine Autoritätnicht zuletzt daraus bezog, dass erals Theologe weitaus höheres Ansehengenoss als RevolutionsführerAli Chamenei. Sein Tod ist auch einSchlag für den Klerus, der im politischenLeben der Islamischen Republikimmer weiter an Einfluss verliert,einerseits durch die weltlichenMachteliten und andererseits durcheine immer radikalere Abwendungvieler junger Iraner vom religiösenSystem. Und er schwächt die Reformer,die ohnehin unter Druck stehendurch die Repressalien der RegierungAhmadinedschad.Chomeini hatte Montazeri einstals „Frucht meines Lebens“ bezeichnet.Während der iranischen Revolution1979 und in den ersten Jahren derIslamischen Republik war GroßayatollahHussein-Ali Montazeri einerder engsten Mitstreiter des Revolutionsführers.1985 wurde der 1922 imzentraliranischen Nadschafabad geboreneGeistliche auch offiziell zumNachfolger Chomeinis ernannt. Aberals er kurz vor dessen Tod die Massenhinrichtungenvon Oppositionellenoffen kritisierte, fiel Montazeriin Ungnade. An seiner Stelle wurdeAli Chamenei, fast eine Generationjünger und ein Geistlicher niedrigenRanges, der neue und heutige Führerder Islamischen Republik. Montazerientwickelte sich immer mehr zumKritiker des Regimes und wurde diegeistliche Führungsfigur der Reformbewegung.Übers Internet verbreiteteer seine Botschaften und Rechtsauslegungen.Zuletzt im Sommer 2009, alser die umstrittenen Präsidentenwahlenin einer Fatwa für unrechtmäßigerklärte. Die Regierung von PräsidentMahmud Ahmadinedschad habe keineLegitimität, schrieb Montazeri.Der Großayatollah, der währendund nach der Revolution durchaus einHardliner gewesen war, entwickeltesich zum Vordenker eines aufgeklärtenIslam, verurteilte die direkte Einmischungdes Klerus in die Politikund wollte ihm – der iranischen Traditionentsprechend – nur noch eine19

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