DAS GENERALGOUVERNEMENT ALS TRANSITLANDE I N BEITRAG ZUR KENNTNIS DER STANDORTSLAGE <strong>DES</strong> GENERALGOUVERNEMENTSV O N D R . H E L M U T M E I N H O L D , K R A K A UI. DIE VORAUSSETZUNGEN <strong>FÜR</strong> EINE NUTZUNG D E R DURCHFUHRALS W IRTSCHAFTLICHER KRAFTQUELLEEiner der heftigsten Kämpfe, die sich je auf dem Verkehrsgebiet abgespielt haben, hat, undzwar vor allem in den zwei Jahrzehnten nach dem Weltkriege, dem Transit gegolten. Vornehmlichdie Eisenbahnverwaltungen aller wichtigen kontinentaleuropäischen Länder waren daranbeteiligt. Die Intensität dieser Kämpfe wie auch die Tatsache, dass die Eisenbahnen dabei häufigKampftarife boten, die weit unter den Transportselbstkosten lagen, lässt darauf schliessen, wiehoch man allgemein den Gewinn, den die Volkswirtschaft aus der Durchfuhr zu ziehen vermag,ansetzte.Im wesentlichen betraf dieser Gewinn allerdings Seeschiffahrt und Seehandel, so dass der Kampfin erster Linie darum ging, das Hinterland der nationalen Seehäfen durch den Transitverkehrzu erweitern. Die Eigenart des Seehafenumschlags, der um der Ausnutzung der Umschlagsvorrichtungenwie vor allem um der Dichte und Häufigkeit des Linienverkehrs willen eine möglichststarke und vielseitige Konzentration des Güterverkehrs erheischt, liess jeden Zuwachs desGüteraufkommens erwünscht erscheinen, auch wenn er relativ teuer erkauft werden musste.Zunehmend spielten dabei in den letzten Jahren auch Devisenfragen eine Rolle.Für das Binnenland ist dagegen der Durchgangsverkehr von sehr viel minderer Bedeutung. Eingewichtiger Teil — bei nicht sehr langen Strecken sogar der Hauptteil der— Transportkosten entstehtbei dem Verladen. Folglich werden auch Umladungen nach Möglichkeit vermieden. Nur woUmladungen vorgenommen werden, kommt aber das Transitland in eine Berührung mit den Durchfuhrgütern,die einen wirtschaftlichen Nutzen ermöglicht. Die nicht umgeladenen Güter durcheilendas Binnenland bei dem derzeitigen Stand der Verkehrstechnik sehr schnell. Nur die Frachtenbzw. die Wasserstrassengebühren verbleiben dem Transitland als Nutzen. Da aber in Kontinentaleuropafür absehbare Zeit mit einer sehr starken Belastung sämtlicher Verkehrsträgerzu rechnen ist, ist dieser Nutzen bei solch zusätzlicher Belastung durch glatten Durchgangsverkehrsehr fragwürdig. Er muss natürlich um der Wirtschaft der benachbarten Länder willenabgewickelt werden. Der eigenen Wirtschaft kann der Transit aber nur Nutzen bringen, wenndie Güter umgeschlagen werden.Um einen Ausgangspunkt für die Betrachtung der Lage des Generalgouvernements als Transitlandzu gewinnen, ist daher folgende Frage aufzuwerfen:Welche Möglichkeiten bestehen, um für ein Binnenland wie das Generalgouvernement einenUmschlag von Durchfuhrgütern im Lande herbeizuführen? Von dem Umschlag von BreitspuraufNormalspurwagen, der in der Regel nur ein technischer Vorgang ist, soll bei der Beantwortungdieser Frage abgesehen werden, zumal noch nicht abzusehen ist, ob und wo in Zukunfteine solche Umladung notwendig bleiben wird. Grundsätzlich kann ein Umschlag nur erfolgen,wenn bei dem Weitertransport der Güter oder bei ihrer Verarbeitung am Umschlagsort ein Vorteilgeboten wird, der die zusätzlichen Kosten des Umschlags mindestens aufwiegt. Für beidessind Möglichkeiten im Generalgouvernement durchaus vorhanden. Die Umladung wegen billigerenWeitertransports kann geschehen, wenn Güter bisher aus dem Auslande auf der Eisenbahnoder mit kleineren Schiffen gekommen sind und weiter auf grösseren Schiffen transportiert werdenkönnen, und zwar auf einer so grossen Strecke, dass der Transportkosten- oder auch Transportgeschwindigkeitsvorteildie Umschlagskosten rechtfertigt, oder wenn die Güter den umgekehrten24
Weg gehen. Wird beispielsweise Getreide aus der Nordwestukraine nach Danzig oder Berlin versandt,so kann es, den Ausbau der Weichsel vorausgesetzt, von der Ukraine bis etwa Pulawymit der Bahn verschickt werden, da hier keine Möglichkeit der Verschiffung besteht, von Pulawybis Danzig oder durch den Bromberger Kanal bis Berlin aber den Binnenschiffahrtsweg nehmen.Möglichkeiten eines billigeren Weitertransports sind auch gegeben, wenn mehrere Wasserstrassensich kreuzen, so dass Teilladungen mit verschiedenen Herkunfts- und Bestimmungsorten ausgewechseltwerden können. Gelingt es nun, der Umschlagsstelle Verarbeitungsbetriebe oderLagerhäuser anzuschliessen, so ist der wirtschaftliche Nutzen des Umschlags offenkundig. Inwieweitsolche Fälle, wie der hier als Beispiel konstruierte, wirklich werden, wird die genauereBetrachtung des Generalgouvernements im Hinblick auf den Transitverkehr zeigen.Die zweite Möglichkeit ist viel weitergehend, nämlich die, den Durchgangsverkehr wirtschaftlichnutzbar zu machen, indem für die Durchfuhrgüter günstige Verarbeitungsmöglichkeitenim Lande geschaffen werden. Auch hier ist zunächst eine Kostenrechnung aufzumachen: Wenndie Differenz (soweit eine solche überhaupt noch besteht) zwischen den Anfuhrkosten der Rohstoffezuzüglich Umschlagskosten zuzüglich Abtransport der Verarbeitungsprodukte einerseitsund den glatten Durchfuhrkosten andererseits überdeckt wird durch die im Vergleich zum Abgangs-oder Bestimmungsort billigeren Verarbeitungskosten am Umschlagsort, so ist der Umschlagwirtschaftlich gerechtfertigt. Das wird am ehesten der Fall sein, wenn das Durchgangslandeine weitere Rohstoff-, insbesondere wenn es eine Brennstoffgrundlage zur Verarbeitung durchgeführterGüter bietet. Eine solche Grundlage ist im Generalgouvernement bisher kaum vorhanden.Weder Steinkohle noch Braunkohle werden bisher in nennenswertem Umfange gefördert.Holz, das beschränkt als Brennstoffgrundlage von Industriebetrieben Verwendung findenkönnte, ist in absehbarer Zeit ebenfalls nicht im Überschuss vorhanden, da nur etwa ein Fünfteldes Landes mit Wald bedeckt und dieser überdies zumeist in schlechtem Zustande ist. Die Erdölförderung,die in Galizien im Jahre 1938 507000 t betrug, ist ebenso wie das Holz zu kostbarund reicht überdies nicht aus, um in bedeutendem Umfange Industriebrennstoffe zu liefern. Sokommen allenfalls das Erdgas, dessen Förderung in Galizien im Jahre 1938 mit 584 Mill. cbmebenfalls nicht gross ist und um der Erhaltung eines genügenden Drucks zur Erdölförderungwillen auch begrenzt bleiben muss, und die elektrische Energie, deren Gewinnung bei einer Nutzungder Wasserkräfte am Karpatenhang allerdings bedeutend werden kann, als industrielle Energiebasisin Frage. Im Ganzen wird aber die Notwendigkeit, Industriekohle aus Oberschlesien heranzuziehen,zur Hauptsache bestehen bleiben.Des weiteren kann eine Verarbeitung vorteilhaft sein, wenn zwei einander entgegengesetzteGüterdurchgangswege, die sich ergänzen können, sich begegnen. Beispiele für solche Standortegibt es mehrere, insonderheit für Hochofenwerke. So sind am Kohlen- und Eisenstrom vomniederrheinischen Industriegebiet nach dem Norden und dem Eisenerzstrojn von Nordschwedennach dem Niederrhein Hochofenwerke an der Festlandküste (Ijmuiden, Bremen, Lübeck,ähnlich Stettin zwischen Oberschlesien und Schweden) entstanden. Ob solche entgegengesetztenGüterströme das Generalgouvernement berühren, ist nach der Betrachtung der Transitlage desLandes zu prüfen.Endlich ist ein Festhalten der durchgehenden Güterströme zur Verarbeitung im Lande möglich,wenn billigere Arbeitskräfte den Transportkostennachteil kompensieren können. In der Tatist an die Arbeitsorientierung einer an den Durchgangsverkehr angeschlossenen Industrie alseine der wichtigsten Möglichkeiten der Industrialisierung im Generalgouvernement zu denken.Ihre Voraussetzungen sind daher genauer zu überlegen. Grundsätzlich ist eine Industrialisierungdes Generalgouvernements wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufbau des Landes.Das ehemalige Polen war übervölkert, d.h. die Bevölkerung konnte bei der vorhandenen Wirtschaftskapazitätnicht recht beschäftigt werden. Dennoch war keine entsprechende Arbeits25
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nach Lentschütz, von dort über In
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Die Fortsetzung der Lemberger Stess
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Elemente, so viele W ünsche und so
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