Das NABU-Schutzgebiet „Amphibienparadies Steinau-Marborn“
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DORFSCHULEN IM YSENBURGER LAND<br />
Einklassige Volksschule von vorn (heutige Ansicht als Dorfgemeinschaftshaus),<br />
Zeichnung: Reiner Erdt<br />
leben und die Menschen in Neuwiedermuß<br />
während des 1. Weltkrieges<br />
und in der Nazizeit.<br />
Auch Fucker „heiratete ein“: auf<br />
seinem Hochzeitsfoto sieht man ihn<br />
stolz mit seiner jungen Braut Marie<br />
Arndt vor dem schönen Mühlengebäude<br />
in Neuwiedermuß posieren mit<br />
einer großen Verwandtschaft und vielen,<br />
noch heute bekannten Kollegen<br />
aus den Nachbardörfern Hüttengesäß<br />
(Lehrer Hohenstein), Altwiedermus<br />
(Lehrer Wolfgang) und Diebach am<br />
Haag. (Lehrer Krausgrill). Eine solche<br />
Heirat sicherte auch damals noch<br />
bei „armen Dorfschulmeisterlein“ die<br />
Lebensgrundlage und verbesserte das<br />
Ansehen.<br />
In der neuen, einklassigen Schule<br />
gab es nun Schulbänke und -tische,<br />
eine große Tafel, Anschauungsmaterial,<br />
Landkarten, Schulbücher, auch ein<br />
Lehrerpult. In einem großen Raum<br />
wurden alle Kinder von der ersten bis<br />
zur achten Klasse sommers und winters<br />
unterrichtet. Auf dem Dach befindet<br />
sich das Glockentürmchen, dessen<br />
kleine Glocke mittags, abends und<br />
zu Beerdigungen auch heute noch<br />
läutet.<br />
Die allgemeine Schulpflicht wirkte<br />
sich dergestalt aus, dass es nach Aktenlage<br />
jetzt keine Beschwerden mehr<br />
gibt über Schulkinder, die während der<br />
Schulzeit Gänse hüten müssen oder<br />
Holz stehlen. Nun haben auch die<br />
Dorfbewohner den Lehrer nicht mehr<br />
mit Naturalien zu versorgen; die Bezahlung<br />
erfolgt durch den Staat. Der<br />
Lehrer ist nicht mehr dem Pfarrer, sondern<br />
seit 1866 der oberen Schulaufsicht<br />
im Königlich Preußischen Landratsamt<br />
Hanau unterstellt. Er muß über<br />
seinen ordnungsgemäßen Unterricht<br />
Rechenschaft ablegen und wird „visitiert“,<br />
d. h. vom Schulrat prüfend besucht.<br />
Inzwischen waren viele pädagogische<br />
„Winde“ durch Deutschland geweht,<br />
u. a. die Stiehl’schen Regulativen,<br />
die Kunsterziehungsbewegung, die<br />
Jugendbewegung, die Sozial- und Kulturpädagogik<br />
– und von jedem konnte<br />
sich in Neuwiedermuß etwas durchsetzen.<br />
Aber wichtig war zuletzt immer<br />
der Lehrer als Persönlichkeit.<br />
Die Ausbildung zum Volksschullehrer<br />
fand nun 3 Jahre lang in einem<br />
Pädagogium oder Lehrerseminar statt,<br />
später in der Pädagogischen Hochschule,<br />
inzwischen wird an der Universität<br />
ausgebildet.<br />
Der letzte langjährig tätige Lehrer<br />
der einklassigen Volksschule zu Neuwiedermuß<br />
war laut Schulchronik Otto<br />
Wacker. Er war ein im Lehrer-Seminar<br />
speziell ausgebildeter Volksschullehrer<br />
und hielt seit Kriegsende hier Schule,<br />
unterrichtete auch viele Generationen<br />
und wurde endlich Schulleiter an der<br />
neu gegründeten „Ronneburgschule“<br />
(Grundschule 1.–4.Schuljahr) in Hüttengesäß.<br />
Allerletzter Lehrer hier war für kurze<br />
Zeit Herr Hensel.<br />
Als die Neuwiedermußer Schulkinder<br />
1969 nach Hüttengesäß und in weiterführende<br />
Schulen wechseln mussten,<br />
löste sich unsere Schule als solche<br />
nach ca. 70 „Betriebsjahren“ auf. Seither<br />
dient das Gebäude als Dorfgemeinschaftshaus.<br />
■<br />
Quellen:<br />
Staatsarchiv Marburg:<br />
Akte 108f/30 Birstein,<br />
Akte 108f/42 Birstein,<br />
Akten 180 LR Hanau/Nr. 4288 + 5669<br />
Ingeborg Weber-Kellermann:<br />
Landleben im 19. Jahrhundert/<br />
Büchergilde Gutenberg 1987<br />
Karl Schmerbach:<br />
Dorfbuch/Verlag Wort im Bild<br />
Hammersbach 1989<br />
Prof. J. Jung:<br />
Geschichte der Pädagogik<br />
Vorlesung SS 1958<br />
MKK · Mitteilungsblatt · Zentrum für Regionalgeschichte 34. Jahrgang · 2009