IRRGEISTER - Verein für Natur
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Fressen und gefressen werden....<br />
Gedanken zum Verständnis von Gut und Böse.<br />
Nachdem ich den Brutbaum nach dem Besuch<br />
des Eichelhähers verlassen hatte und Freunden<br />
über das Ereignis erzählte, kamen immer wieder<br />
die Fragen an mich:<br />
„Warum hast du nicht eingegriffen?“, „Konntest<br />
du das nicht verhindern?“<br />
Auch kamen Äußerungen wie:<br />
„Oh, der arme Specht.“<br />
„Die Eichelhäher und Elstern sind wahre Räuber,<br />
eine Plage.“<br />
Aus diesen Äußerungen konnte ich wieder einmal<br />
erkennen, dass es auch heute in der ach so<br />
aufgeklärten Zeit mit dem Verständnis <strong>für</strong> Zusammenhänge<br />
in der <strong>Natur</strong> nicht sehr weit her<br />
ist.<br />
Das Bewerten und Einteilen der <strong>Natur</strong> in Gut<br />
und Böse ist so präsent wie eh und je.<br />
Und wenn aus unserer Sicht was aus dem Ruder<br />
läuft, müssen wir natürlich sofort eingreifen.<br />
Als Maßstab werden wirtschaftliche Interessen<br />
und subjektive, ästetische Kriterien angelegt.<br />
Um beim konkreten Beispiel des Kleinspechts<br />
zu bleiben, gilt dieser als gefährdet nach der<br />
letzten Roten Liste NRW 1999.<br />
Wenn wir nach den Gefährdungsursachen suchen,<br />
stellen wir fest, dass die Gefährdung im<br />
Mangel an geeigneten toten und alten Bäumen<br />
liegt.<br />
Mit anderen Worten:<br />
Auf Grund von wirtschaftlichen Interessen der<br />
Forstwirtschaft werden Bäume so zeitig geerntet,<br />
dass der Wald nie in eine Phase eintreten<br />
kann, in dem Totholz vorhanden ist. Der Wald<br />
verkommt zu einem Wirtschaftsforst. Dem<br />
Kleinspecht (und auch vielen anderen Tierarten)<br />
wird der Lebensraum entzogen.<br />
Nachdem wir (der Mensch) das festgestellt haben,<br />
beobachten wir, dass es andere Tierarten<br />
gibt, die den gefährdeten, seltenen und ach so<br />
süßen Kleinspecht tatsächlich fressen. Das geht<br />
aber nicht!!! Da müssen wir jetzt aber sofort ein-<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2010<br />
greifen und den Abschuss der Rabenvögel fordern,<br />
die als Singvogelräuber ja bekannt sind.<br />
Übrigens:<br />
Der Kleinspecht ist auch noch nützlich!!!<br />
Er vertilgt schädliche Insekten.<br />
Der Vogel hilft dem Förster im Wald bei der<br />
Schädlingsbekämpfung.<br />
Und wenn der Specht und andere nützliche Helfer<br />
der Insektenplage nicht Herr werden, kann<br />
der Förster, wie letztens wieder in Hessen geschehen,<br />
etwas nachhelfen.<br />
Dort wurden nach einem Massenauftreten des<br />
Maikäfers Flugzeuge mit Giftladungen eingesetzt,<br />
um den schädlichen Maikäfer zu vernichten<br />
und so das „vertretbare Gleichgewicht im<br />
<strong>Natur</strong>haushalt“ wieder herzustellen. Ob das dem<br />
Specht oder anderen Lebewesen wohl geschadet<br />
hat?<br />
Es gab in den letzten Jahrzehnten auch positive<br />
Entwicklungen. Durch das Verbot der Verfolgung<br />
und Wiederansiedlungen konnten sich<br />
manche Tierarten wieder erholen. Der Uhu, der<br />
Graureiher, der Biber und der Otter haben sich<br />
im Bestand stabilisiert.<br />
Sogar der Wolf wird seit wenigen Jahren in<br />
Deutschland in einer kleinen Population wieder<br />
geduldet.<br />
Doch,<br />
sobald der Mensch bemerkt, dass diese Kreatur<br />
eventuell menschlichen Interessen in die Quere<br />
kommt, wird sofort wieder der Abschuss verlangt<br />
und dann auch zugelassen. Siehe das Beispiel<br />
beim Kormoran.<br />
Jedoch,<br />
die größste und fl ächendeckende Gefährdung<br />
sehr vieler Arten ist die systematisch fortschreitende<br />
Zerstörung der Lebensräume, die überall<br />
schleichend, aber in großen Schritten voran geht<br />
und weitestgehend toleriert wird. - zum Wohle<br />
des wirtschaftlichen Fortschrittes.<br />
Richard Götte<br />
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