ngg-BW-Streik-1991-Brauereien.pdf
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3D.<br />
,,<br />
Belegschaften aller Stuttgarter <strong>Brauereien</strong> streiken<br />
Droht der Biernotstand?<br />
Getränkehandel rechnet am Wochenende mit Hamsterkäufen<br />
Droht jetzt der Bier-Notstand? Seit gestern<br />
streiken 1000 Bierbrauer in Stuttgart für<br />
mehr Geld. Dinkelacker, Hofbräu und<br />
Schwabenbräu - überall drehte die Gewerkschaft<br />
den Zapfhahn zu. "Am Mittwoch<br />
geht das Bier aus", prophezeit Her<br />
bert Berger, Landesvorsitzender der Gewerkschaft<br />
Nahrung, Genuß, Gaststätten.<br />
"Es reicht noch eine Woche", meint Geschäftsführer<br />
Axel Stemmer vom Brauerbund.<br />
Engpässe werde es in Kneipen geben,<br />
die nur Stuttgarter Bier ausschenken.<br />
Gibt es heute keine Einigung, will die Gewerkschaft<br />
den <strong>Streik</strong> ausweiten.<br />
Sitzen die Stuttgarter bald auf dem<br />
Trockenen? "Wir rechnen jetzt mit Hamsterkäufen",<br />
sagt Karin Streicher, Besitzerin<br />
eines Getränkegroßhandels im Stuttgarter<br />
Osten. Die <strong>Brauereien</strong> hatten sie<br />
vorgewarnt und am Donnerstag die Lieferung<br />
verdoppelt. So glaubt Frau Streicher,<br />
daß sie den <strong>Streik</strong> gut übersteht- wenn er<br />
nicht länger als eine Woche dauert.<br />
Bier gibt's genug - nur nicht aus Stuttgart.<br />
Möglicherweise müssen die Verbraueher<br />
in der nächsten Woche d1e Marke<br />
wechseln. Und genau das ist die große<br />
Sorge der Stuttgarter <strong>Brauereien</strong>. "Dann<br />
bleiben die Kunden vielleicht bei der anderen<br />
Sorte", befürchtet Ulrich Schill, Vorstandsmitglied·<br />
der Robert セGNャ・ゥ」ィエ@ AG<br />
("Schwabenbräu"). Schill ist jedoch optimistisch,<br />
daß es bei dem heutigen Gespräch<br />
mit der Gewerkschaft doch noch<br />
eine Einigung gibt.<br />
Bisher verdient ein Bierbrauer im ersten<br />
Berufsjahr 3199 Mark brutto. Die Arbeitgeber<br />
wollen 7,03 Prozent dazugeben, also<br />
225 Mark. "Das entspricht einem Stundenlohn<br />
von 20 Mark - kaum eine andere<br />
Branche zahlt so gut", meint Axel Stemmer,<br />
Geschäftsführer des Brauerbundes.<br />
Die Gewerkschaft begründet ihre Forderung<br />
nach elf Prozent mit den hohen Erträgen<br />
der <strong>Brauereien</strong>. In diesem Jahr sei<br />
eine landesweite Bierpreiserhöhung zwischen<br />
sieben und neun Prozent voll an die<br />
Kunden weitergegeben worden. Davon<br />
und vom erhöhten Bierausstoß wollten die<br />
Brauer ein Stück abhaben, meint die Gewerkschaft.<br />
90 Prozent der Beschäftigten<br />
hatten sich bei einer Urabstimmung für<br />
den Arbeitskampf ausgesprochen.<br />
80 Prozent der Stuttgarter Bierbrauer<br />
sind in der Gewerkschaft. "Es haben aber<br />
auch Kollegen mitgestreikt. die nicht organisiert<br />
sind", freut sich NGG-Landesvorsitzender<br />
Herbert Berger. Mit der Frühschicht<br />
um 6 Uhr legten die Beschäftigten<br />
die Arbeit nieder und fuhren auch kein<br />
Bier mehr aus. In der nächsten Woche soll<br />
der <strong>Streik</strong> erheblich ausgeweitet werden.<br />
Drei Viertel aller <strong>Brauereien</strong> in Baden-<br />
Württemberg seien dann betroffen.<br />
Weil die Gewerkschaft fast flächendekkend<br />
streikt, sehen die Arbeitgeber von ihrer<br />
angedrohten Aussperrung ab. Am heutigen<br />
Samstag werden die Tarifverhandlungen<br />
in Stuttgart wieder aufgenommen<br />
- an einem Ort, der streng geheimgehalten<br />
wird.