06.12.2012 Aufrufe

Prüfingenieur 34 - Bundesvereinigung der Prüfingenieure für ...

Prüfingenieur 34 - Bundesvereinigung der Prüfingenieure für ...

Prüfingenieur 34 - Bundesvereinigung der Prüfingenieure für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ei uns das Problem, dass ein Leistungserbringer,<br />

wenn er einen Vertrag unterschreibt, sich damit zu<br />

gewissen Standards bekennt. Deshalb müsste man<br />

meinen, es liefe alles entsprechend dem Vertrag und<br />

deshalb auch mit rechten Dingen ab.<br />

Das Problem ist allerdings, dass keine Kontrolle<br />

vorgenommen wird. Eigentlich müsste <strong>der</strong> Kunde<br />

o<strong>der</strong> Patient die Einhaltung von vertraglichen Standards<br />

ja am besten überprüfen können, indem er,<br />

wenn er schlecht versorgt wurde, den Leistungserbringer<br />

wechselt. Da er das aber neuerdings nicht<br />

mehr kann, wie ich vorhin schon erläutert habe, müsste<br />

die Kontrolle den Krankenkassen obliegen. Die<br />

aber hat daran kein Interesse, weil solche Kontrollen<br />

einfach zu teuer sind. Wenn die Krankenkassen die<br />

Vertragstreue eines jeden Leistungserbringers überprüfen<br />

müssten, indem sie beispielsweise Testkäufe<br />

initiieren und durchführten, würden die Kosteneinsparungen,<br />

die sie mit den vorhin erläuterten Ausschreibungen<br />

realisieren sollen, wegfallen. Eine Kontrolle<br />

<strong>der</strong> Vertragsinhalte findet in <strong>der</strong> Praxis de facto<br />

also nicht statt.<br />

Halbach:<br />

Über die Ursachenforschung <strong>für</strong> den Qualitätsverlust<br />

haben wir gesprochen, über ökonomische<br />

Zwänge und über die europäische Gesetzgebung. Ein<br />

weiterer Aspekt ist die Globalisierung, und zwar aus<br />

zweierlei Hinsicht: einmal hinsichtlich <strong>der</strong> Bauproduktenrichtlinie,<br />

da spreche ich jetzt den Baufachmann<br />

an, aber auch hinsichtlich des freien Verkehrs<br />

von Arbeitnehmern, <strong>der</strong> ja offenbar auch ein riesiges<br />

Problem <strong>der</strong> deutschen Bauwirtschaft ist. Dazu etwas<br />

Statistik: Seit 1995 hat sich die Zahl <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

im deutschen Bauwesen mehr als halbiert, dieser Verlust<br />

wurde aufgefangen durch ungelernte Leute aus<br />

dem Ausland. Ist die Globalisierung – und damit zusammenhängend<br />

– das Personal und sind die Bauprodukte<br />

ein weiteres Problem im Zusammenhang mit<br />

dem Qualitätsverlust?<br />

Nußbaumer:<br />

Ja. Sie sprechen da einen wichtigen und richtigen<br />

Punkt an. Alle großen Baufirmen mussten vor<br />

zwölf o<strong>der</strong> fünfzehn Jahren aus Wettbewerbsgründen<br />

Personal entlassen, und zwar Fachpersonal, das<br />

in die Frühpensionierung geschickt worden ist. Die<br />

Firmen haben dann Werklohnunternehmer aus Osteuropa<br />

o<strong>der</strong> Südosteuropa engagiert; die aber waren<br />

verglichen mit den heimischen eigenen bisherigen<br />

Fachkräften von sehr unterschiedlicher Qualität.<br />

Wer keinen guten Werklohnunternehmer hatte,<br />

<strong>der</strong> hat zwangsläufig sehr viel Ausschuss produ-<br />

PODIUMSDISKUSSION SICHERHEIT<br />

22<br />

Der <strong>Prüfingenieur</strong> April 2009<br />

ziert, das muss man schon zugeben. Diese Entwicklung<br />

hat <strong>der</strong> deutschen Bauwirtschaft sehr geschadet.<br />

Halbach:<br />

Pragmatische Lösungen ohne Kontrolle, da<strong>für</strong><br />

plädiert Professor Nußbaumer. Welcher Meinung<br />

sind sie, Herr Professor Odoj?<br />

Odoj:<br />

Ich bin <strong>der</strong> Meinung, wir laufen Gefahr, dass<br />

wir überreguliert werden, dass wir zu viele Papiere<br />

produzieren, und dass es deshalb auch nicht besser<br />

werden wird. Ich komme heute als Qualitätskontrolleur<br />

in viele Labors, auch in chemische Labors.<br />

Das erste, was dort gezeigt wird, ist die Akkreditierungsurkunde:<br />

„Nach DIN ISO 9000 zertifiziert“.<br />

Solche Labors sind tatsächlich <strong>der</strong> Ansicht,<br />

nun müssten sie nichts mehr tun, weil sie ja „qualifiziert“<br />

seien. Und weil sie qualifiziert und zertifiziert<br />

seien, so meinen sie, komme die qualifizierte Arbeit,<br />

die richtige Analyse von ganz allein und von selbst.<br />

Dass die Arbeit, die Analyseergebnisse, nicht besser<br />

sein können als vorher, das ist klar, wird aber gerne<br />

übersehen.<br />

Man darf sich also auf solche Urkunden nicht<br />

verlassen. Wir sind vielmehr darauf angewiesen, Personal<br />

mit Gewissen und mit Fachwissen zu haben,<br />

wir sollten die Menschen ordentlich ausbilden und<br />

nicht jeden ungeeigneten Studierenden unter dem<br />

Druck einer scheinbaren moralischen Verpflichtung<br />

annehmen und bis oben durchschleppen.<br />

Halbach<br />

Als Problemlösung hat die BVPI erkannt, dass<br />

Verhaltenskodizes überaus wichtig seien, um sich <strong>der</strong><br />

Verantwortung bewusst zu werden. Eine Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Problemlösung könnten vielleicht aber auch härtere<br />

Strafen sein. Wäre das, Herr Professor Odoj, eine<br />

Möglichkeit?<br />

Odoj:<br />

Da will ich, bezogen auf den Straßenverkehr,<br />

aber auch zu unserem Thema passend, wie ich finde,<br />

nur einen Satz sagen: Höhere Strafgebühren führen<br />

nicht zum vorgeschriebenen Verhalten, son<strong>der</strong>n erhöhen<br />

nur die Gefahr, erwischt zu werden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!