Prüfingenieur 34 - Bundesvereinigung der Prüfingenieure für ...
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Wird die Ausdehnung eines Bauteils bei Erwärmung<br />
behin<strong>der</strong>t, so entstehen Druckspannungen.<br />
Bei Abkühlung bilden sich entsprechend Zugspannungen.<br />
Bleibt während dieser Phase <strong>der</strong> Temperaturän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Elastizitätsmodul des Bauteils unverän<strong>der</strong>t,<br />
wird nach Erwärmung und Abkühlung auf die<br />
Ausgangstemperatur wie<strong>der</strong> ein spannungsfreier Zustand<br />
erreicht. Bei einem viskoelastischen Material<br />
mit zeitlich verän<strong>der</strong>lichem Elastizitätsmodul, wie<br />
erhärtendem Beton, stellt sich dagegen nach Abschluss<br />
<strong>der</strong> Temperaturbeanspruchung ein an<strong>der</strong>er<br />
Spannungszustand ein. Die Entwicklung <strong>der</strong> Zwangspannungen<br />
infolge Erwärmung während <strong>der</strong> Hydratation<br />
und anschließen<strong>der</strong> Abkühlung wird in<br />
Abb. 11 deutlich.<br />
Dabei können fünf Stadien unterschieden werden<br />
[6]:<br />
I: Die Betontemperatur bleibt unverän<strong>der</strong>t, da sich<br />
die Hydratation in <strong>der</strong> Ruhephase befindet.<br />
II: Der Beton erwärmt sich infolge Hydratation. Da<br />
er noch vollkommen plastisch verformbar ist, entstehen<br />
keine Betonspannungen.<br />
III: Im Alter von etwa drei bis sechs Stunden bauen<br />
sich mit zunehmendem Temperaturanstieg und<br />
anwachsendem Elastizitätsmodul Druckspannungen<br />
auf, die jedoch noch zu einem erheblichen<br />
Teil relaxieren.<br />
IV: Nach Überschreiten des Temperaturmaximums<br />
werden die noch vorhandenen Druckspannungen<br />
rasch bis auf null abgebaut (2. Nullspannungstemperatur<br />
T 02). Das Relaxationsvermögen<br />
ist in diesem Alter noch groß, allerdings ist <strong>der</strong><br />
Elastizitätsmodul gegenüber dem Stadium III<br />
schon deutlich angewachsen. Daher ist zum Abbau<br />
<strong>der</strong> Spannung eine kleinere Temperaturdifferenz<br />
notwendig als zuvor zum Aufbau einer<br />
Spannung von <strong>der</strong>selben Größe bei geringerem<br />
E-Modul.<br />
V: Bei weiterer Abkühlung entstehen schließlich<br />
Zugspannungen. Auch diese Zugspannungen werden<br />
durch Relaxation teilweise abgebaut, allerdings<br />
wegen des fortgeschrittenen Alters deutlich<br />
langsamer und in einem geringeren Umfang. Erreichen<br />
die Zugspannungen dann die Zugfestigkeit<br />
des Betons, kommt es zur Rissbildung. Um<br />
eine rissauslösende Zugspannung zu vermeiden,<br />
können geeignete Maßnahmen ergriffen werden.<br />
Hierzu zählen unter an<strong>der</strong>en die Wahl eines Betons/Zements<br />
mit geringer Wärmeentwicklung,<br />
Nachbehandlung des Betons und im Fall <strong>der</strong> Bodenplatte<br />
die Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Reibung durch<br />
Unterlegen einer zweilagigen PE-Folie.<br />
Die Auswirkungen auf die Zwangspannungen<br />
während <strong>der</strong> Phasen I bis V werden in Abb. 11 am<br />
Beispiel einer Bodenplatte erläutert. Zum Zeitpunkt<br />
T max herrschen die größten Druckspannungen, da die<br />
MASSIVBAU<br />
45<br />
Der <strong>Prüfingenieur</strong> April 2009<br />
Plattenausdehnung infolge Temperaturanstiegs durch<br />
die Bodenreibung behin<strong>der</strong>t wird. Durch die Abkühlung<br />
wird zum Zeitpunkt T 02 <strong>der</strong> spannungsfreie Zustand<br />
erreicht. Danach treten zunehmend Zugspannungen<br />
auf, da die Plattenverkürzung wie<strong>der</strong>um durch<br />
Reibung behin<strong>der</strong>t wird. Die Zugfestigkeit des Betons<br />
wird zuerst in <strong>der</strong> Plattenmitte überschritten und führt<br />
dort zur Erstrissbildung. Bei ausreichen<strong>der</strong> Bewehrung<br />
zur Rissbreitenbeschränkung entstehen weitere<br />
Risse mit geringen Rissbreiten in kleinen Abständen.<br />
Die Zugspannung bleibt dabei teilweise erhalten.<br />
4.4 Zwang infolge Umgebungstemperatur<br />
Bei Bauwerken im Freien entstehen Temperaturän<strong>der</strong>ungen<br />
durch die täglichen und jahreszeitlichen<br />
Schwankungen <strong>der</strong> Umgebungstemperatur und<br />
<strong>der</strong> Sonneneinstrahlung. Beson<strong>der</strong>s große Temperatursprünge<br />
können infolge unperiodisch auftreten<strong>der</strong><br />
Wetterän<strong>der</strong>ung (Gewitterregen im Hochsommer)<br />
entstehen. Temperaturän<strong>der</strong>ungen können aber auch<br />
infolge an<strong>der</strong>er Ursachen auftreten, z. B. während <strong>der</strong><br />
Bauausführung (Aufbringen von bituminösen Heißmischbelägen)<br />
o<strong>der</strong> aus dem Betrieb des Bauwerks<br />
(Kühlhaus, Silo mit heißem Schüttgut).<br />
Die Temperaturverteilung wird von zahlreichen<br />
Parametern beeinflusst, wie z. B. Art <strong>der</strong> Baustoffe,<br />
Oberflächenbeschaffenheit, Querschnittsgeometrie.<br />
Eine realistische Abschätzung wirklichkeitsnaher<br />
Temperaturzustände im Bauteilinneren ist meistens<br />
nur mit großem Aufwand möglich, weil <strong>der</strong> Tagesgang<br />
<strong>der</strong> Lufttemperatur, die Konvektion und die<br />
Strahlungsbilanz da<strong>für</strong> sorgen, dass die Temperaturverteilung<br />
im Bauteil meist nichtlinear ist. Aus den<br />
Oberflächentemperaturen kann bei solchen instationären<br />
Temperaturzuständen nicht unmittelbar auf<br />
den Temperaturverlauf im Bauteilquerschnitt geschlossen<br />
werden. Die in den Normen angegebenen<br />
Grenztemperaturen stellen nur Anhaltswerte dar. Sofern<br />
weitergehende Temperaturbeanspruchungen vorliegen,<br />
sollten Auslegungstemperaturen, die dem<br />
Tragwerksentwurf zugrunde zu legen sind, mit dem<br />
Auftraggeber und dem Anlagenbetreiber abgestimmt<br />
werden.<br />
Am Beispiel einer dreigeschossigen Tiefgarage<br />
in Düsseldorf kann die Größe <strong>der</strong> Temperaturschwankungen<br />
aufgezeigt werden. Seit Sommer 1989 wurden<br />
über einen langen Zeitraum Temperaturmessungen<br />
vorgenommen [7]. Abb. 12 zeigt die bisher erreichten<br />
Grenzzustände. Da die Grundwassertemperatur<br />
im Jahresverlauf annähernd konstant ist, ergeben<br />
sich <strong>für</strong> die im Grundwasser gelagerte Bodenplatte<br />
sehr geringe Temperaturbeanspruchungen. Dagegen<br />
unterliegen die Zwischendecken in Tiefgaragen<br />
einer größeren Temperaturschwankung. Für die<br />
Zwangbeanspruchung infolge Temperatur in <strong>der</strong> Zwi-