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„DIE BEIDEN WAREN<br />
BEREIT ZU STERBEN –<br />
UNGLAUBLICH“<br />
Chad Reed, mehrfacher MX-Champ<br />
wirklich lief: War Lorenzo wirklich so schnell oder hielt sich<br />
Márquez zurück, um Rossi den Titel zu verweigern?<br />
Warum sich Rossi und Márquez überwarfen<br />
Top-Racer können sich Freundschaften im Fahrerlager eigentlich<br />
nicht leisten. Einige Insider datieren den Beginn der<br />
Feindschaft auf Márquez‘ Besuch bei Rossi auf dessen Dirt<br />
Track-Ranch nach dem GP in Misano 2<strong>01</strong>4. Márquez rückte<br />
mit seinem Repsol-Team an, das ihm bei seinem Dirt Bike<br />
helfen sollte, was Rossi extrem übel aufstieß. Dann kam das<br />
Rennen – ohne WM-Punkte, Preisgeld oder Bonus. Supercross-Held<br />
Chad Reed aber konnte nicht glauben, was er<br />
dann zu sehen bekam. „Die waren zweifellos bereit zu sterben,<br />
um die schnellste Runde rauszuhauen“, so der Ex-<br />
Crosser. „Das Level war unfassbar.“<br />
Der zweite Moment war der Große Preis von Argentinien<br />
2<strong>01</strong>5, bei dem ein auftrumpfender Rossi einen nachlassenden<br />
Márquez in den letzten Runden aufschnupfte. Die beiden<br />
hatten Kontakt, und der Spanier ging zu Boden.<br />
Der dritte heikle Moment kam in Assen, als Rossi in der<br />
letzten Schikane beim aggressiven Márquez-Manöver dagegenhielt.<br />
Wieder berührten sich die beiden. Rossi hüpfte<br />
durch das Kiesbett und gewann. „Valentino ist echt schlau,<br />
und er hat uns da etwas gezeigt“, sagte Márquez darauf.<br />
„Daraus müssen wir lernen.“ Anders ausgedrückt: Der noch<br />
amtierende Weltmeister wollte Rache.<br />
Hat Márquez Lorenzo beschützt?<br />
Die meisten gehen ja davon aus, dass Márquez in Valencia<br />
nie vorhatte, Lorenzo zu überholen, denn er wollte Rossi unbedingt<br />
die WM verbauen. Einige dagegen sind der Ansicht,<br />
dass er einfach nicht schnell genug war. Die begründen das<br />
mit dem Hinweis, dass Márquez für den zweiten Platz hinter<br />
Lorenzo sonst freiwillig 250 000 Euro Siegprämie in den<br />
Wind geschossen und, das ist das gewichtigste Argument,<br />
einen Gesichtsverlust erster Klasse hingenommen hätte.<br />
Tatsache ist: Hätte Márquez das Rennen gewonnen, hätten<br />
ihn Millionen Rossi-Fans in Frieden gelassen. Jetzt aber werden<br />
sie ihm das Leben auf Jahre hinaus zur Hölle machen<br />
und ihn ausbuhen, wo immer sie können.<br />
Vielleicht wäre alles ganz anders gelaufen, wenn das<br />
Finale nicht auf einem Mickey Mouse-Kurs stattgefunden<br />
hätte, wo es nahezu unmöglich ist, jemanden zu überholen,<br />
der einige schnellste Rennrunden hinlegt. Bei fünf der letzten<br />
sieben trockenen Valencia-Rennen gab es keinen einzigen<br />
Führungswechsel.<br />
Und vielleicht wäre es auch ganz anders gekommen,<br />
wenn Dani Pedrosa in den letzten Runden nicht mit solchem<br />
Speed angeflogen gekommen wäre. Pedrosa hätte damit Lorenzo<br />
überholen können. Hätte Pedrosa allerdings gewonnen,<br />
hätte sich Márquez einfach auf dem dritten Platz halten müssen<br />
– Lorenzo wäre immer noch Weltmeister gewesen, Rossi<br />
war über 20 Sekunden dahinter. Aber freiwillig Dritter werden?<br />
Bei einem Márquez-Sieg hätte Lorenzo der zweite Platz<br />
auch gereicht. Das sind schon eine Menge Konjunktive, nicht?<br />
Welche Rolle spielten die Motorräder?<br />
Die Honda RC213V war üblicherweise immer das beste Motorrad<br />
im MotoGP. Aber auch das beste Motorrad der Welt<br />
wird ganz schnell ein zweitklassiges Bike, wenn jemand anderes<br />
etwas besser macht. Yamaha hat das 2<strong>01</strong>5 getan, während<br />
die Honda schlechter wurde. Der 2<strong>01</strong>5er-Honda-Motor<br />
war zu aggressiv. Am Kurveneingang blockierte das Hinterrad<br />
und am Ausgang drehte es zu sehr durch. Vermutlich<br />
gab es Schwierigkeiten mit der Kurbelwellenmasse. Aufgrund<br />
der MotoGP-Regeln mit dem verplombten Motor konnte<br />
Honda das nicht mehr ändern. Márquez‘ jüngste Leistungen<br />
offenbaren das Ausmaß des Problems. 2<strong>01</strong>4 gewann er<br />
rekordmäßige 13 Rennen und kam nur ein Mal nicht ins Ziel.<br />
2<strong>01</strong>5 gewann er hingegen nur fünf Rennen und legte sich<br />
sechs Mal hin. “Letztes Jahr konnte ich später bremsen und<br />
das Bike mit einem Hinterrad-Slide oder slidendem Vorderrad<br />
stoppen“, erzählt der Spanier. „Dieses Jahr ging das nur<br />
mit dem Vorderrad. Das hat den Reifen überbeansprucht.<br />
Während der Rennen musste ich deshalb früher bremsen,<br />
denn immer mit dem Vorderrad zu arbeiten ist schwierig.“<br />
Cal Crutchlow hatte das gleiche Problem. „Die Honda ist<br />
schwierig zu fahren. Ich wünschte, ich hätte schon auf der<br />
<strong>01</strong><br />
02<br />
<strong>01</strong> Aus der Spaßveranstaltung auf Rossis<br />
Dirt Track-Farm in Tavullia wurde bitterer<br />
Ernst. Rossi gewann das Rennen<br />
02 Trotzdem spielen sie das Spiel der<br />
„Best Buddies“ für die Medien – Rossi<br />
kämpfte 2<strong>01</strong>4 im GP nicht um den Titel<br />
92 <strong>PS</strong> 1/2<strong>01</strong>6