SchlossMagazin für das Fuenfseenland – Dezember 2015
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14 | region | ZinngieSSerei Babette Schweizer<br />
Betritt man die mächtige alte Holztür der Zinngießerei<br />
„Babette Schweizer“ in Dießen am Ammersee, begibt<br />
man sich auf eine Reise in die Vergangenheit: Geschmackvolle,<br />
bis ins kleinste Detail ausgestattete Puppenhäuser<br />
aus Holz, Zinnfiguren aller Art und Weihnachtsschmuck<br />
sind hier ausgestellt. Ein Tannenbaum ziert den<br />
Café-Raum, in dem es hausgemachten Kuchen gibt. „Das<br />
Haus hat eine lange Geschichte“, erklärt Gunnar Schweizer<br />
bei einer Tasse Kaffee. Gebaut wurde <strong>das</strong> Haus an der Herrenstraße<br />
17 bereits im 15. Jahrhundert. Im Jahr 1796 kaufte<br />
es Adam Schweizer und gründete nach der Renovierung die<br />
Zinngießerei. Neben Zinngeschirr produzierten die Schweizers<br />
vor allem Devotionalien <strong>–</strong> Kreuze und Heiligenfiguren,<br />
die in ganz Europa an den Wallfahrtsorten vertrieben wurden.<br />
Heute führt Gunnar Schweizer, Jahrgang 1942, mit seiner<br />
Frau Karin die Zinngießerei; die beiden haben drei Kinder, die<br />
ebenfalls noch hier wohnen. Schweizer erzählt gerne von der<br />
Geschichte des Hauses, immer neue Anekdoten gibt der<br />
73-Jährige zum Besten. Zum Beispiel von dem „Hausmadel“<br />
Marie, einer jungen Frau mit 13 Geschwistern, die 1914 aus<br />
Niederbayern kam und bis zu ihrem Tod mit 80 Jahren im Hause<br />
Schweizer gewohnt und gearbeitet hat. Auch sein Freund,<br />
der Chinese Dr. Wang, ehemaliger Professor in Tübingen, hat<br />
hier vier Jahre lang im Haus gelebt. Schweizers Werkstatt befindet<br />
sich im Erdgeschoss, überall liegen Zinnreste, Werkzeuge<br />
und Formen. Die zwei Öfen, mit denen <strong>das</strong> Metall zum<br />
Schmelzen gebracht wird, verbreiten Wärme und einen angenehmen<br />
Holzgeruch. Stolz zeigt Schweizer eine Form aus<br />
Birnbaum von 1730, die er erst kürzlich wieder benutzt hat:<br />
„Das war gar nicht so einfach, wegen der vielen Wurmlöcher“,<br />
bemerkt er. Gegossen hat er ein Brustschild <strong>für</strong> den Erzengel<br />
Gabriel <strong>–</strong> ein Kostümteil <strong>für</strong> die Passionsspiele in Oberammergau.<br />
Weitere tausend Formen lagern überall in seiner<br />
Werkstatt. „Heute werden zur Herstellung von Zinnfiguren<br />
vorwiegend Schiefersteine als Formen verwendet“, so der<br />
Kunsthandwerker. Die letzte, die er von einem Graveur anfer-<br />
Kunstwerke aus Zinn<br />
Text und fotos Miriam Anton<br />
In der Kleinzinngießerei „Babette Schweizer“ in Dießen werden schon seit 1840 filigrane<br />
Weihnachtskugeln hergestellt. Ihr Inhaber Gunnar Schweizer ist nicht nur Zinngießer,<br />
sondern auch Geschichten-Erzähler.