physio-Journal I 1/2016
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TITELTHEMA<br />
Psycho-emotionale Ebene<br />
Auch die psycho-emotionale Ebene verläuft<br />
parallel zu den anderen Ebenen, weil sich<br />
Organismus und Psyche immer direkt gegenseitig<br />
beeinflussen. Schmerzerleben und<br />
-verarbeitung sind Lernprozesse. An diesen<br />
Lernprozessen ist vor allem das limbische<br />
System beteiligt. Die Lernprozesse verändern<br />
das gesamte Erleben und Leben des<br />
Patienten. Bei Personen mit starker Chronifizierung<br />
dreht sich ein Großteil des Lebens<br />
um das Thema Schmerz.<br />
Dieses Thema ist in der Theorie sehr komplex<br />
und umfasst in Kursen zum Ebenenkonzept<br />
nach Hockenholz (www.gemeso.de)<br />
viele Stunden in den Aufbaukursen.<br />
Aber auch diese Ebene lässt sich aus <strong>physio</strong>therapeutischer<br />
Perspektive beeinflussen.<br />
Durch Aufklärung, Entspannung und vor allem<br />
durch eine schmerzfreie Therapie lässt<br />
sich das Lernverhalten des Patienten in Bezug<br />
auf den Schmerz positiv beeinflussen.<br />
Untersuchungsplanung und Behandlung im 20-Minuten-Takt<br />
Den meisten Therapeuten bleibt ein Behandlungsrhythmus<br />
von 20 Minuten. Auch<br />
in dieser Zeittaktung lässt sich mit ein wenig<br />
Übung eine effektive Therapie nach dem<br />
Ebenenmodell problemlos gestalten.<br />
Fotolia © Von Schonertagen<br />
Behandlungsbeispiel<br />
Diagnose:<br />
• CRPS, Stadium 2, rechte Hand<br />
Lokaler Befund:<br />
• Schwellung der rechten Hand<br />
• Livide Verfärbung der Haut<br />
• Deutliche Bewegungseinschränkungen<br />
der Handwurzel- und Fingergelenke<br />
• Ruheschmerzen<br />
• Deutliche Schmerzverstärkung durch<br />
Berührung und Bewegung<br />
Aufgrund der Anamnese zu Beginn der ersten<br />
Therapieeinheit lassen sich die Bereiche<br />
planen, die in den folgenden Behandlungen<br />
untersucht und behandelt werden müssen.<br />
Bei vorangegangener Anamnese ergeben<br />
sich die folgenden hypothetischen Ansätze<br />
für die Untersuchung:<br />
1. Lokale Ebene<br />
• Manualtherapeutische Untersuchung<br />
von Unterarm und Hand<br />
2. Fasziale Ebene<br />
• Untersuchung der Faszienspannung<br />
mit Einfluss auf Unterarm und Hand<br />
3. Segmentale Ebene<br />
• Untersuchung der Wirbelsäulensegmente<br />
C 6–Th 1<br />
• Untersuchung des Plexus brachialis<br />
und der peripheren Nerven mit Wirkung<br />
auf Unterarm bzw. Hand bei<br />
Kompression<br />
4. Vegetative Ebene<br />
• Untersuchung des Ganglion cervicothoracicum<br />
(Wirbelsäulensegment Th 1<br />
und 1. Rippe; Perikaryen Th 3–Th 7)<br />
• Untersuchung eventuell des Ganglion<br />
cervicale medium (C 5–C 6) und ebenfalls<br />
der Perikaryen Th 3–Th 7<br />
5. Viszerale Ebene<br />
• Untersuchung der Organe des Ganglion<br />
cervicothoracicum (Th 3–Th 7) –<br />
Herz, Lunge, Schilddrüse, Speiseröhre,<br />
Luftröhre, …<br />
• Untersuchung der Organe des<br />
N. splanchnicus major (Th 5–Th 9) –<br />
Magen, Duodenum, Leber, Gallenblase,<br />
Pankreas, Milz, …<br />
• (R. cardiacus thoracicus, Rr. pulmonales<br />
thoracici)<br />
• … und Weitere<br />
Um alle Ebenen zu untersuchen, benötigt der<br />
Therapeut für den 20-Minuten-Rhythmus<br />
einige Erfahrung mit diesem System. Es können<br />
aber auch in der ersten Einheit zunächst<br />
die lokale und fasziale Ebenen untersucht<br />
werden. Dann lassen sich für diese beiden<br />
Bereiche bereits die Hypothesen überprüfen<br />
und die ersten Behandlungsmaßnahmen<br />
durchführen. In der zweiten Einheit können<br />
dann die verbleibenden Ebenen untersucht<br />
und hierbei eventuelle Hypothesen bestätigt<br />
werden. Danach kann anhand der bestätigten<br />
Hypothesen die Behandlung vollständig<br />
geplant und systematisch nach den einzelnen<br />
Ebenen vorgegangen werden.<br />
8 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>