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physio-Journal I 1/2016

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TITELTHEMA<br />

Text und Illustrationen: Florian Hockenholz; www.gemeso.de<br />

STRUKTURIERTE<br />

BEFUNDERHEBUNG<br />

BEI CHRONISCHEN<br />

SCHMERZPATIENTEN<br />

Das Konzept entstammt den Inhalten einer Weiterbildung der »www.gemeso.de«.<br />

Fotolia © photo 5000<br />

L Die Befunderhebung bei chronifizierten<br />

Schmerzpatienten stellt häufig für viele<br />

Therapeuten eine Herausforderung da. Neben<br />

einer in der Regel sehr langen Krankheitsgeschichte<br />

mit mehreren Diagnosen,<br />

wechselndem Krankheitsverlauf und vielen<br />

unterschiedlichen absolvierten Therapiemaßnahmen<br />

weisen Patienten meistens<br />

auch auf mehr als nur einen schmerzhaften<br />

Körperbereich hin. Zudem wechselt der<br />

Bereich, in dem die Patienten ihren Hauptschmerz<br />

angeben, oft von Behandlung zu<br />

Behandlung. Auch die emotionale Verfassung<br />

der Patienten kann die aktive Mitarbeit<br />

in der Therapie deutlich erschweren.<br />

Beim Beispiel des Fibromyalgie-Syndroms<br />

tritt häufig das Problem auf, dass es zwar<br />

einen lokalen Schmerz gibt, in der Untersuchung<br />

aber kein lokaler Schmerzauslöser<br />

festzustellen ist. Auch beim CRPS sind sehr<br />

deutlich feststellbare Symptome zu finden.<br />

Einzig über die lokalen Auslöser lässt sich die<br />

Gesamtsymptomatik meist ebenfalls nicht<br />

erklären. Bei vielen weiteren chronifizierten<br />

Schmerzpatienten stehen Schmerzpunkte<br />

und lokale Ursachen oft in keinem logischen<br />

Zusammenhang.<br />

Aufgrund dieser komplexen Merkmale besteht<br />

bei einer Untersuchung und Behandlung<br />

chronifizierter Schmerzpatienten das<br />

Risiko, dass der Therapeut den Überblick<br />

verliert. Es besteht dann die Gefahr, dass die<br />

Auswahl der Behandlungstechniken eher<br />

auf die Symptome zielt und die Suche bzw.<br />

Behandlung der ursächlichen Dysfunktionen<br />

in den Hintergrund gerät. Vom Moment des<br />

ersten Patientenkontakts an ist es daher für<br />

den gesamten Behandlungsverlauf unabdingbar,<br />

einer festen Struktur zu folgen.<br />

Einführung in das Ebenensystem der Schmerztherapie<br />

(nach dem Konzept von Florian Hockenholz)<br />

Das Ebenenmodell zeigt die einzelnen Ebenen,<br />

an denen wir uns in der Untersuchung<br />

und Behandlung orientieren. Je nach Ausbildung<br />

des Therapeuten kann das Modell<br />

beliebig erweitert werden. Für eine strukturierte<br />

Untersuchung und Behandlung eines<br />

Schmerzpatienten reichen diese Ebenen<br />

aber in den meisten Fällen aus, auch wenn<br />

im Einzellfall eine Erweiterung sinnvoll sein<br />

Lokale Ebene<br />

Die lokale Ebene beschreibt den schmerzhaften<br />

Bereich. Hierbei liegen Schmerzpunkt<br />

und schmerzverursachende Struktur<br />

häufig direkt übereinander. Meistens lässt<br />

sich schon in der Anamnese ein direktes<br />

Trauma feststellen. Wenige Tage nach dem<br />

Trauma ist aber selten nur noch diese eine<br />

Ebene betroffen. Wenn eine Ursache für<br />

die Schmerzsymptomatik ausschließlich<br />

in der lokalen Ebene liegt, muss diese für<br />

den Schmerz verantwortliche Struktur klar<br />

in der Funktionsuntersuchung differenziert<br />

werden können. Viele Schmerzsyndrome<br />

kann. Alle Ebenen müssen in die Untersuchung<br />

einbezogen werden, um anschließend<br />

die Faktoren nennen zu können, die<br />

den Schmerz auslösen. Wenn dies nicht zum<br />

Erfolg führt, können noch weitere Ebenen<br />

hinzugezogen werden.<br />

Die Untersuchung wird, wie im Schema<br />

dargestellt, von oben nach unten durchgeführt,<br />

bis die auslösenden Faktoren gefunden<br />

sind. Während bei akuten Prozessen<br />

die schmerzauslösende Struktur hauptsächlich<br />

auf der lokalen Ebene zu finden ist, findet<br />

sich bei Chronifizierungen das Problem<br />

meistens auf mehrere Ebenen verteilt. Die<br />

Gesamtsumme aller Dysfunktionen und<br />

Läsionen ist hier der »Verursacher« des<br />

Schmerzes. Das hier angegebene Schema<br />

zeigt für diesen Text nur die häufigsten Dysfunktionen<br />

und Läsionen an. Der Text dient<br />

daher lediglich als grobe Orientierung. Es<br />

gibt viele weitere Verknüpfungen, die hier<br />

nicht aufgeführt sind.<br />

erwecken den Eindruck, ihre Ursache in der<br />

lokalen Ebene zu haben. Häufig ist bei länger<br />

andauernden Schmerzsyndromen aber<br />

eine Verteilung der Ursachen auf mehrere<br />

Ebenen zu finden. Aus diesem Grund ist<br />

eine sorgfältige Untersuchung der lokalen<br />

Ebene sehr wichtig, um eine Verteilung der<br />

Ursachen auf mehrere Ebenen zu erkennen<br />

und auszuschließen. Bei einer rein lokalen<br />

Ursache hat dies auch eine rein lokale Behandlung<br />

zur Folge. Bei Ursachen auf mehr<br />

als einer Ebene muss weiter untersucht werden,<br />

damit sämtliche auslösenden Faktoren<br />

erkannt und behandelt werden können.<br />

4 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>

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