physio-Journal I 1/2016
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TITELTHEMA<br />
Text: Friederike Keifel<br />
WORKSHOP<br />
SCHMERZTHERAPIE<br />
16-jährige Patientin<br />
mit chronifizierten Schmerzen<br />
im Hüftbereich – Fallbeispiel<br />
Fotolia © Piotr Marcinski<br />
Vorgeschichte<br />
Als die Patientin 2 Jahre alt war, fiel den Eltern<br />
ein Nachziehen des rechten Beines auf.<br />
Nach einer Röntgenuntersuchung wurde ein<br />
Morbus Perthes an der rechten Hüfte diagnostiziert.<br />
Die Patientin wurde konservativ<br />
mit Physiotherapie und wenig Schmerzmittel<br />
behandelt.<br />
Bei Schulbeginn im Jahr 2004 hatte die<br />
Patientin ein fast normales Gangbild und<br />
konnte am Schulsport teilnehmen. Sie war<br />
in den darauffolgenden Jahren nie ganz<br />
schmerzfrei, konnte aber schwimmen und<br />
ins Fitnessstudio gehen und die Kampfsportart<br />
Judo ausüben. Während dieser Zeit hatte<br />
sie etwa einmal im Monat eine Woche lang<br />
verstärkt Schmerzen.<br />
Zu einer akuten Verschlechterung kam<br />
es 2008 nach einem Brand im Nachbarhaus.<br />
Die Patientin zog ihr rechtes Bein wieder<br />
nach, es traten Schmerzen in der rechten<br />
Hüfte und in der Leiste auf. Die Schmerzen<br />
hielten etwa eine Woche an. Der behandelnde<br />
Orthopäde führte die Beschwerden<br />
ausschließlich auf die Adipositas (nach WHO<br />
Stufe 1) der Patientin zurück. Aus dieser Unzufriedenheit<br />
heraus fand ein Arztwechsel<br />
statt – die Behandlung blieb weiter konservativ.<br />
2010 kam es zu einer erneuten Verschlechterung<br />
der Symptomatik: spürbarer<br />
Leistenschmerz, Schmerzen bei Innenrotation<br />
(IR) und Abduktion (ABD) der rechten<br />
Hüfte. Das Röntgenbild wies keine Veränderungen<br />
zum Vorbefund auf. Auch die Laboruntersuchung<br />
ergab keinen Hinweis auf ein<br />
entzündliches Geschehen. Der behandelnde<br />
Arzt stellte folgende Diagnose: V. a. Coxitis<br />
fugax (Hüftschnupfen) rechts, Z. n. Morbus<br />
Perthes.<br />
In den folgenden Jahren wurde die<br />
Patientin von ihren Klassenkammeraden<br />
gemobbt, woraufhin sie 2013 die Schule<br />
wechselte. Ab diesem Zeitpunkt kam es zu<br />
einer schleichenden Zunahme der Schmerzen<br />
im Bereich des rechten Hüftgelenks.<br />
Der Orthopäde überwies die Patientin 2014<br />
an eine Universitätsklinik. Nach 6 Monaten<br />
wurde eine Magnetresonanz-Arthrographie<br />
der rechten Hüfte durchgeführt. Die Untersuchung<br />
ergab einen Riss im Labrum, eine<br />
Bursitis zwischen Kapsel und M. iliopsoas<br />
sowie einen charakteristisch vergrößerten<br />
Hüftkopf nach ventral bei Z. n. Morbus<br />
Magnetresonanz (MR)-<br />
Arthrographie<br />
Ist eine valide Untersuchungsmethode<br />
für den<br />
Labrum-Kapsel-Komplex<br />
Sensitivität = 91 %<br />
Spezifität = 71 %<br />
(Schomacher et al. 2015)<br />
Perthes. Aufgrund dieses Befundes wurde<br />
eine OP-Indikation ausgesprochen. Der<br />
behandelnde Orthopäde verordnete bis<br />
zur Operation Physiotherapie mit Dehnung<br />
der Iliopsoassehne und Detonisierung der<br />
Psoasmuskulatur. Gleichzeitig wurde die<br />
Patientin 12 Tage mit NSAR (nichtsteroidalen<br />
Antirheumatika) behandelt.<br />
Im Januar 2015 erfolgte eine Hüftgelenkarthroskopie<br />
rechts:<br />
p Partielle Labrumresektion<br />
p Taillierung des Kopf-Schenkelhals-Übergangs<br />
ventrolateral<br />
p Weichteil-Release<br />
Diagnose:<br />
p Femoroacetabuläres Impingement (FAI)<br />
des rechten Hüftgelenks bei Cam-Deformität<br />
durch Morbus Perthes<br />
Hinweis Behandlung<br />
Obwohl für die konservative Vorgehensweise<br />
wenige Daten existieren,<br />
die die Wirksamkeit belegen, empfehlen<br />
Schomacher et al. (2015) zunächst<br />
die Durchführung einer konservativen<br />
Behandlung. Erst wenn diese erfolglos<br />
bleibt, sollte chirurgisch vorgegangen<br />
werden, da auch hierfür Langzeitergebnisse<br />
fehlen, die die entsprechende<br />
Effektivität bestätigen.<br />
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