physio-Journal I 1/2016
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VORGESTELLT<br />
INTERVIEWS | LEUTE<br />
BIRGITTA GIBSON<br />
UND<br />
NORBERT<br />
SCHÜRMANN<br />
»<br />
»<br />
Die Physiotherapie<br />
sorgt für eine<br />
Linderung der<br />
Schmerzen, wenn …<br />
Entscheidend für mich<br />
sind der zeitliche<br />
Zusammenhang und die<br />
Absprache zwischen<br />
Therapeut und Arzt.<br />
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Der Physiotherapeut hat die Möglichkeit, den Spannungs- und Aktivitätszustand des<br />
einzelnen Muskels zu testen und diese zu behandeln – immer mit Sicht auf das Ganze<br />
und das ist in diesem Falle der Rücken. Beschwerdesymtomatiken lassen sich bei Blockaden,<br />
»Kreuzschmerzen« und Muskelverhärtungen nie als lokal gesehenes Problem<br />
behandeln, sondern immer im Zusammenhang mit dem gesamten Rücken. Stabilitätsunterschiede<br />
resultieren häufig durch Imbalancen und einseitige Belastungen. Daher sind<br />
lokale Schmerzexazerbationen immer Warnhinweise auf Stabilitätsverluste des gesamten<br />
Rückens.<br />
l Wie kann nach Ihrer Meinung eine vorbildliche interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
von Ärzten, Psycho- und Physiotherapeuten aussehen?<br />
l Die Kontaktpflege untereinander ist dabei schon sehr wesentlich. Im Krankenhaus haben<br />
wir täglichen Kontakt zu den Physiotherapeuten. Zudem finden einmal in der Woche<br />
Teamsitzungen statt, sodass wir uns in ständigem Austausch bewegen. Das ist im<br />
ambulanten Bereich in den seltensten Fällen so möglich. Leider – muss man sagen.<br />
Dennoch kann jeder Arzt dem Therapeuten wichtige Hinweise auf der Verordnung mitgeben.<br />
Die Verordnung von 10-mal Krankengymnastik ist dabei kein wichtiger Hinweis<br />
und eine völlig unzureichende Information für den Behandler. Im einzelnen Fall bietet<br />
sich immer das Telefongespräch an, um den Sachverhalt zu klären. Auch dabei gilt: »Es<br />
gib keine doofen Fragen«. Fragen entstehen aus nicht eindeutiger Aussage der Verordnung.<br />
Tauschen Sie sich mit Ihren Ärzten aus! Fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas nicht<br />
klar ist.<br />
l Sie fordern, dass die Schmerztherapie- und diagnostik auch in die Approbationsordnung<br />
der Ärzte aufgenommen wird.<br />
Sehen Sie in der Ausbildung von Physiotherapeuten ebenfalls einen Verbesserungsbedarf?<br />
l Ich halte es für enorm wichtig, jungen Medizinern die Grundlagen der Schmerzdiagnostik<br />
und das Aufstellen von Arbeitshypothesen zu vermitteln, ohne (bis auf einige<br />
Ausnahmen) eine Schnittbilddiagnostik heranzuziehen. Dazu sind das Erlernen von Untersuchungstechniken,<br />
eine sichere Bewandtnis in der Anatomie und differenzialdiagnostisches<br />
Denken vonnöten.<br />
Sichere Kenntnisse in der Anatomie können für beide Berufsgruppen vorausgesetzt werden.<br />
Die Differentialdiagnose ist in der <strong>physio</strong>therapeutischen Ausbildung aber noch zu<br />
wenig repräsentiert und müsste daher im Unterricht mehr behandelt werden.<br />
Eine verbesserte Ausbildung würde aber auch nur dann Sinn machen, wenn sich in<br />
der Zusammenarbeit von Ärzten und Physiotherapeuten etwas Gravierendes ändert:<br />
Eine bessere Kommunikation zwischen Ärzten und Physiotherapeuten, eine größere Behandlungsfreiheit<br />
für die zuletzt genannte Berufsgruppe und das Aufbrechen veralteter<br />
verkrusteter Strukturen.<br />
Vielen Dank für die Interviews.<br />
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24 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>