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Kultur Von Tastenlöwen und Kehlkopfakrobaten Ereignisse im Konzerthaus zu Beginn des Jahres Der Pianist Martin Stadtfeld ist immer wieder gern gesehener Gast an der Brückstraße: Mitte Januar ließ er sich mit einem Soloabend vernehmen, an dessen erste Stelle im Programm er eine eigene Komposition gestellt hatte: ein Choralvorspiel über ein Bach‘sches Thema. Bach selbst hat viele Choralvorspiele komponiert, die Arbeit von Stadtfeld eifert dem nach, ohne ein bloßes Plagiat zu sein: Neben den vielen feinnervigen Passagen überzeugt vor allem die gewaltige, organisch angelegte dynamische Steigerung, oftmals vermeint der Hörer neben den barocken auch impressionistische Klänge zu vernehmen, dennoch hat der Hörer nicht den Eindruck, dass hier ein Stil- Mischmasch vorliegt, sondern alles fügt sich organisch ineinander. Martin Stadtfeld – Adrian Bedoy Und so gleitet auch Stadtfeld in seinem Vortrag nahtlos in Bachs „Ricercare a tre“ aus dem „Musikalischen Opfer“ über: Präzise wie ein Schweizer Uhrwerk und dennoch sehr lebendig präsentiert der Pianist dieses Werk, agil und perlend wie Champagner gelingen die Läufe, trotz teilweise sinfonischer Klangfülle sind die einzelnen musikalischen Linien klar erkennbar. SPRITZIG UND VIRTUOS Den Mittelsatz von Mozarts c-moll- Sonate für Klavier KV 457 legt Stadtfeld sehr lyrisch an, bewegt sich oftmals am Rande der Stille, scheint teilweise Atem zu schöpfen, wobei die gesamte Anlage des Satzes äußerst spannend ist, während das Finale sehr brillant gelingt. In die Frühzeit von Mozarts Schaffen führte Stadtfelds Interpretation des „Londoner Skizzenbuches“ KV Anhang 109b: Hier hat sich der junge Mozart, der das Skizzenbuch von seinem Vater im Alter von acht Jahren geschenkt bekam, mit kleinen, charaktervollen Stücken verewigt, denen Stadtfeld mit ungemeinem Einfühlungsvermögen den ihnen jeweils eigenen Charakter verlieh: mal überschäumend und übermütig, mal eher verträumt oder melancholisch. Mit einer äußerst spritzigen und „nebenbei“ sehr virtuosen Interpretation von Chopins Polonaise Nr. 6 op. 53 mit dem bezeichnenden Titel „Héroïque“ war das offizielle Programm beendet. Mark Padmore – Marco Borggreve SEHR AKADEMISCH Sehr viel weniger beeindruckend war der Auftritt von Tenor Mark Padmore wenige Tage später: Vor allem bei Beethovens Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ hatte der Hörer hin und wieder den Eindruck, dass der Sänger sich nicht traue zu singen, Padmore verlegte sich hier eher auf eine Art Sprechgesang, was durchaus daher rühren mochte, dass die beiden „Polymeter“ nach Texten von Jean Paul mit dem Titel „Im Höhengebirge“ wenig schmeichelhaft für die Stimme waren. Hans Zender komponiert hier oftmals entgegen dem Spraschduktus und der Sprachmelodie, oftmals ist der Text lautmalerisch vertont, auch und besonders, was den Klavierpart betrifft, den Till Fellner hier wie auch bei den übrigen Stücken zuverlässig, aber weitgehend unauffällig versah. Es handelte sich sogar um eine Uraufführung der beiden Werke – Werke, die die Welt nicht braucht, wenn man ehrlich ist. Nach der Pause konnte Padmore seine Leistung etwas steigern: Schumanns „Dichterliebe“ kam recht ambitioniert herüber, wobei auch hier oftmals die hohen Töne wenig in die gesamte Tessitura der Stimme eingebunden scheinen. Zumindest ging der Sänger in einigen Liedern, etwa „Die Rose, die Lilie, die Taube, die Sonne“ oder „Ich grolle nicht“ ein wenig aus sich heraus, brillant gelang Fellner die Begleitung bei „Das ist ein Flöten und Geigen“. Insgesamt hatte man allerdings eher den Eindruck, hier einer künstlerischen Reifeprüfung beizuwohnen, so akademisch kam das meiste herüber. n Text: Martina Lode-Gerke 120 Frühjahr <strong>2<strong>01</strong>6</strong> · top magazin DORTMUND
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