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LA KW 23

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Initiative „Lebenswertes Landeck“<br />

Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Christian Haring zum Thema Suizid im Stadtsaal<br />

In einem überaus spannenden Vortrag informierte Univ.-Prof.<br />

Dr. Christan Haring über das Thema Suizid. In Landeck ist die<br />

Suizidproblematik besonders aktuell – mit einem gezielten Maßnahmenpaket<br />

soll entgegengewirkt werden. Nicht verschweigen<br />

ist gefragt, sondern Offenheit und Enttabuisierung.<br />

Von Irmgard Pfurtscheller<br />

Dr. Haring ist Leiter der Abteilung<br />

Psychiatrie und Psychotherapie<br />

im Landeskrankenhaus Hall. Der<br />

Vortrag in Landeck bedeute für ihn<br />

etwas Besonderes, betonte Haring,<br />

der seine Jugend in Landeck verbrachte<br />

und auch hier maturierte.<br />

Zum Inhalt: Über das leidvolle<br />

Thema Sui zid zu reden sei überaus<br />

wichtig, denn nichts schade mehr als<br />

ein Tabu, so der Experte. Österreich<br />

liegt mit seiner Suizidrate im oberen<br />

Bereich. Die Zahlen sind erschreckend:<br />

In Österreich sterben 15 von<br />

100 000 Personen durch Suizid – ein<br />

vollbesetzter A320-311 Jet, der alle<br />

40 Tage abstürzt. Tirol liegt im österreichischen<br />

Durchschnitt, wobei in<br />

Landeck eine der höchsten Suizidraten<br />

verzeichnet wird. Im Vergleich<br />

dazu konnte im Straßenverkehr die<br />

Rate durch Maßnahmen wie Helme,<br />

Gurtenpflicht oder Airbags deutlich<br />

gesenkt werden. Beim Suizid brauche<br />

es vergleichbare Ini tiativen wie<br />

beim Straßenverkehr. Im städtischen<br />

Bereich ist eine Senkung der Rate<br />

ersichtlich, was an der besseren psychologischen<br />

Versorgung und auch<br />

der größeren Bereitschaft, Hilfe anzunehmen,<br />

liege. Im ländlichen Bereich<br />

ist die Hemmschwelle ungleich<br />

größer, sich Hilfe zu suchen. Die<br />

Angst, man könnte dabei gesehen<br />

werden, ist nach wie vor groß. Das<br />

Hilfesuchverhalten zu steigern ist für<br />

Christian Haring also ein wichtiger<br />

Schritt – und dazu brauche es wahrscheinlich<br />

noch viele solcher Vorträge,<br />

ist Haring überzeugt. Ein Tabu sei<br />

das, was am meisten belastet: „Wenn<br />

man es zur Sprache bringt, verliert es<br />

seine Bedrohlichkeit“, so Haring.<br />

ERKENNEN DER WARNZEI-<br />

CHEN. Mit schwierigen Lebenssituationen<br />

gehen Menschen unterschiedlich<br />

um. Ist keine Lösung<br />

in Sicht, entscheiden sich suizidale<br />

Personen für diesen, scheinbar letzten<br />

Ausweg. „Es sind Menschen wie<br />

du und ich. Sie haben Probleme, wir<br />

haben Probleme. Wichtig ist zu lernen,<br />

wie man damit umgeht“, erklärt<br />

Haring. Ein erster und wichtigster<br />

Schritt ist Hilfe zu suchen und sie<br />

anzunehmen. Bei seinen Gesprächen<br />

mit Jugendlichen gab es Aussagen<br />

wie: „Bevor i Hilfe suach, bring<br />

i mi um.“ „So darf’s nicht sein“,<br />

stellt Haring klar, denn kein Mensch<br />

will sterben, jeder will leben, nur<br />

weiß er nicht wie.“ Oft hängen Suizidgedanken<br />

auch mit krankhaften<br />

Veränderungen zusammen – tritt<br />

so eine neue Lebenssituation auf,<br />

sei es durch Krankheit oder durch<br />

Beziehungsprobleme, ist die Gefahr<br />

einer selbst herbeigeführten Beendigung<br />

des Lebens sehr groß. Um Risikofaktoren<br />

besser zu erkennen und<br />

darauf reagieren zu können, gibt es<br />

verschiedene Vorgehensweisen.<br />

Die Enttabuisierung des Themas Suizid ist Prof. Christian Haring ein großes Anliegen.<br />

RS-Foto: Pfurtscheller<br />

FRAGEN! ÜBERZEUGEN!<br />

VERMITTELN! Bei der indirekten<br />

Vorgehensweise versucht man durch<br />

behutsam gestellte Fragen den Ursachen<br />

des depressiven Verhaltens des<br />

Betroffenen auf die Spur zu kommen.<br />

Besonders bei Jugendlichen sei<br />

es oft schwierig zu unterscheiden,<br />

ob es sich um ein normales pubertäres<br />

Verhalten handelt oder nicht.<br />

Bei einem plötzlichen Rückzug aus<br />

dem sozialen Umfeld, Interesselosigkeit<br />

und indirekten Andeutungen<br />

auf ein baldiges „Wegsein“ solle man<br />

hellhörig werden. Hier hat das Zuhören<br />

große Bedeutung: sich Zeit nehmen,<br />

einen ruhigen Ort wählen und<br />

dem Betroffenen einfach als Mensch<br />

Raum zu geben. Die Vermittlung<br />

von Hilfsangeboten und vielleicht<br />

auch die Begleitung zum ersten Termin<br />

helfen. Mit den „Helferkarten“<br />

im Scheckkartenformat sind die im<br />

Notfall wichtigen Telefonnummern<br />

(Notruf 112, Telefonseelsorge 142<br />

und Rat auf Draht 147) immer zur<br />

Hand.<br />

FÖRDERPROJEKT MIT JU-<br />

GENDLICHEN FÜR EIN „LE-<br />

BENSWERTES <strong>LA</strong>NDECK“.<br />

Rund um den Jahreswechsel sind in<br />

Landeck zwei junge Männer durch<br />

Suizid aus dem Leben geschieden.<br />

Anlass genug für Bgm. Wolfgang<br />

Jörg und die Stadtgemeinde, etwas<br />

dagegen zu unternehmen. Im Jänner<br />

2016 wurde ein Konzept im Gemeinderat<br />

beschlossen, das zahlreiche Aktivitäten<br />

zu diesem Thema vorsieht.<br />

Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern<br />

unterschiedlicher Einrichtungen<br />

wurde gebildet, um Schwerpunkte<br />

zu setzen und Hilfsangebote weiter<br />

auszubauen. In Zusammenarbeit mit<br />

Mag. Regina Seibl (Selbsthilfegruppe<br />

für Hinterbliebene nach Suizid) wird<br />

ab Juni auch eine Selbsthilfegruppe<br />

bei „pro mente“ Tirol in Landeck<br />

ins Leben gerufen. Dem Vortrag<br />

von Prof. Haring sind ausführliche<br />

Gespräche mit Jugendlichen vorausgegangen.<br />

Weitere Vorträge sind im<br />

Juni für Medienvertreter und Schulen<br />

ge plant. Die Stadtgemeinde<br />

Landeck hat dafür sofort ein Budget<br />

bereitgestellt. Es sollen damit<br />

Maßnahmen gesetzt, Informationen<br />

bereitgestellt und das Bewusstsein<br />

für das Thema Suizid geschärft werden.<br />

„Wenn damit eine Offenheit<br />

geschaffen wird, mit diesem Thema<br />

umzugehen, haben wir Großes erreicht“,<br />

ist Haring optimistisch.<br />

Arbeitsmarktservice<br />

Landeck<br />

INNSTRASSE 12 · 6500 <strong>LA</strong>NDECK · TEL. 05442 62616 201 · FAX 05442 62616-190<br />

AMS Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr, Freitag von 8 bis 13 Uhr<br />

Informationsvormittag für Wiedereinsteiger/innen im AMS Landeck am 22.6.2016<br />

Am Donnerstag, dem 22. Juni 2016, von 9 bis 11 Uhr, findet im BIZ des AMS Landeck eine Informationsveranstaltung<br />

zum Thema „Der berufliche Wiedereinstieg nach Karenz“ statt.<br />

Experten der Tiroler Gebietskrankenkasse Landeck sowie der Arbeiterkammer Landeck informieren<br />

kompakt und stehen für Fragen gerne zur Verfügung.<br />

Ein „Selbstcheck“ für InteressentInnen zum beruflichen Wiedereinstieg:<br />

Zeitfaktor – Vereinbarkeit – Rückkehr – Vollzeit oder Teilzeit – Kinderbetreuung - Qualifikation<br />

PARTNER DER MENSCHEN<br />

PARTNER DER WIRTSCHAFT<br />

RUNDSCHAU Seite 18 8./9. Juni 2016

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