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Initiative „Lebenswertes Landeck“<br />
Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Christian Haring zum Thema Suizid im Stadtsaal<br />
In einem überaus spannenden Vortrag informierte Univ.-Prof.<br />
Dr. Christan Haring über das Thema Suizid. In Landeck ist die<br />
Suizidproblematik besonders aktuell – mit einem gezielten Maßnahmenpaket<br />
soll entgegengewirkt werden. Nicht verschweigen<br />
ist gefragt, sondern Offenheit und Enttabuisierung.<br />
Von Irmgard Pfurtscheller<br />
Dr. Haring ist Leiter der Abteilung<br />
Psychiatrie und Psychotherapie<br />
im Landeskrankenhaus Hall. Der<br />
Vortrag in Landeck bedeute für ihn<br />
etwas Besonderes, betonte Haring,<br />
der seine Jugend in Landeck verbrachte<br />
und auch hier maturierte.<br />
Zum Inhalt: Über das leidvolle<br />
Thema Sui zid zu reden sei überaus<br />
wichtig, denn nichts schade mehr als<br />
ein Tabu, so der Experte. Österreich<br />
liegt mit seiner Suizidrate im oberen<br />
Bereich. Die Zahlen sind erschreckend:<br />
In Österreich sterben 15 von<br />
100 000 Personen durch Suizid – ein<br />
vollbesetzter A320-311 Jet, der alle<br />
40 Tage abstürzt. Tirol liegt im österreichischen<br />
Durchschnitt, wobei in<br />
Landeck eine der höchsten Suizidraten<br />
verzeichnet wird. Im Vergleich<br />
dazu konnte im Straßenverkehr die<br />
Rate durch Maßnahmen wie Helme,<br />
Gurtenpflicht oder Airbags deutlich<br />
gesenkt werden. Beim Suizid brauche<br />
es vergleichbare Ini tiativen wie<br />
beim Straßenverkehr. Im städtischen<br />
Bereich ist eine Senkung der Rate<br />
ersichtlich, was an der besseren psychologischen<br />
Versorgung und auch<br />
der größeren Bereitschaft, Hilfe anzunehmen,<br />
liege. Im ländlichen Bereich<br />
ist die Hemmschwelle ungleich<br />
größer, sich Hilfe zu suchen. Die<br />
Angst, man könnte dabei gesehen<br />
werden, ist nach wie vor groß. Das<br />
Hilfesuchverhalten zu steigern ist für<br />
Christian Haring also ein wichtiger<br />
Schritt – und dazu brauche es wahrscheinlich<br />
noch viele solcher Vorträge,<br />
ist Haring überzeugt. Ein Tabu sei<br />
das, was am meisten belastet: „Wenn<br />
man es zur Sprache bringt, verliert es<br />
seine Bedrohlichkeit“, so Haring.<br />
ERKENNEN DER WARNZEI-<br />
CHEN. Mit schwierigen Lebenssituationen<br />
gehen Menschen unterschiedlich<br />
um. Ist keine Lösung<br />
in Sicht, entscheiden sich suizidale<br />
Personen für diesen, scheinbar letzten<br />
Ausweg. „Es sind Menschen wie<br />
du und ich. Sie haben Probleme, wir<br />
haben Probleme. Wichtig ist zu lernen,<br />
wie man damit umgeht“, erklärt<br />
Haring. Ein erster und wichtigster<br />
Schritt ist Hilfe zu suchen und sie<br />
anzunehmen. Bei seinen Gesprächen<br />
mit Jugendlichen gab es Aussagen<br />
wie: „Bevor i Hilfe suach, bring<br />
i mi um.“ „So darf’s nicht sein“,<br />
stellt Haring klar, denn kein Mensch<br />
will sterben, jeder will leben, nur<br />
weiß er nicht wie.“ Oft hängen Suizidgedanken<br />
auch mit krankhaften<br />
Veränderungen zusammen – tritt<br />
so eine neue Lebenssituation auf,<br />
sei es durch Krankheit oder durch<br />
Beziehungsprobleme, ist die Gefahr<br />
einer selbst herbeigeführten Beendigung<br />
des Lebens sehr groß. Um Risikofaktoren<br />
besser zu erkennen und<br />
darauf reagieren zu können, gibt es<br />
verschiedene Vorgehensweisen.<br />
Die Enttabuisierung des Themas Suizid ist Prof. Christian Haring ein großes Anliegen.<br />
RS-Foto: Pfurtscheller<br />
FRAGEN! ÜBERZEUGEN!<br />
VERMITTELN! Bei der indirekten<br />
Vorgehensweise versucht man durch<br />
behutsam gestellte Fragen den Ursachen<br />
des depressiven Verhaltens des<br />
Betroffenen auf die Spur zu kommen.<br />
Besonders bei Jugendlichen sei<br />
es oft schwierig zu unterscheiden,<br />
ob es sich um ein normales pubertäres<br />
Verhalten handelt oder nicht.<br />
Bei einem plötzlichen Rückzug aus<br />
dem sozialen Umfeld, Interesselosigkeit<br />
und indirekten Andeutungen<br />
auf ein baldiges „Wegsein“ solle man<br />
hellhörig werden. Hier hat das Zuhören<br />
große Bedeutung: sich Zeit nehmen,<br />
einen ruhigen Ort wählen und<br />
dem Betroffenen einfach als Mensch<br />
Raum zu geben. Die Vermittlung<br />
von Hilfsangeboten und vielleicht<br />
auch die Begleitung zum ersten Termin<br />
helfen. Mit den „Helferkarten“<br />
im Scheckkartenformat sind die im<br />
Notfall wichtigen Telefonnummern<br />
(Notruf 112, Telefonseelsorge 142<br />
und Rat auf Draht 147) immer zur<br />
Hand.<br />
FÖRDERPROJEKT MIT JU-<br />
GENDLICHEN FÜR EIN „LE-<br />
BENSWERTES <strong>LA</strong>NDECK“.<br />
Rund um den Jahreswechsel sind in<br />
Landeck zwei junge Männer durch<br />
Suizid aus dem Leben geschieden.<br />
Anlass genug für Bgm. Wolfgang<br />
Jörg und die Stadtgemeinde, etwas<br />
dagegen zu unternehmen. Im Jänner<br />
2016 wurde ein Konzept im Gemeinderat<br />
beschlossen, das zahlreiche Aktivitäten<br />
zu diesem Thema vorsieht.<br />
Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern<br />
unterschiedlicher Einrichtungen<br />
wurde gebildet, um Schwerpunkte<br />
zu setzen und Hilfsangebote weiter<br />
auszubauen. In Zusammenarbeit mit<br />
Mag. Regina Seibl (Selbsthilfegruppe<br />
für Hinterbliebene nach Suizid) wird<br />
ab Juni auch eine Selbsthilfegruppe<br />
bei „pro mente“ Tirol in Landeck<br />
ins Leben gerufen. Dem Vortrag<br />
von Prof. Haring sind ausführliche<br />
Gespräche mit Jugendlichen vorausgegangen.<br />
Weitere Vorträge sind im<br />
Juni für Medienvertreter und Schulen<br />
ge plant. Die Stadtgemeinde<br />
Landeck hat dafür sofort ein Budget<br />
bereitgestellt. Es sollen damit<br />
Maßnahmen gesetzt, Informationen<br />
bereitgestellt und das Bewusstsein<br />
für das Thema Suizid geschärft werden.<br />
„Wenn damit eine Offenheit<br />
geschaffen wird, mit diesem Thema<br />
umzugehen, haben wir Großes erreicht“,<br />
ist Haring optimistisch.<br />
Arbeitsmarktservice<br />
Landeck<br />
INNSTRASSE 12 · 6500 <strong>LA</strong>NDECK · TEL. 05442 62616 201 · FAX 05442 62616-190<br />
AMS Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr, Freitag von 8 bis 13 Uhr<br />
Informationsvormittag für Wiedereinsteiger/innen im AMS Landeck am 22.6.2016<br />
Am Donnerstag, dem 22. Juni 2016, von 9 bis 11 Uhr, findet im BIZ des AMS Landeck eine Informationsveranstaltung<br />
zum Thema „Der berufliche Wiedereinstieg nach Karenz“ statt.<br />
Experten der Tiroler Gebietskrankenkasse Landeck sowie der Arbeiterkammer Landeck informieren<br />
kompakt und stehen für Fragen gerne zur Verfügung.<br />
Ein „Selbstcheck“ für InteressentInnen zum beruflichen Wiedereinstieg:<br />
Zeitfaktor – Vereinbarkeit – Rückkehr – Vollzeit oder Teilzeit – Kinderbetreuung - Qualifikation<br />
PARTNER DER MENSCHEN<br />
PARTNER DER WIRTSCHAFT<br />
RUNDSCHAU Seite 18 8./9. Juni 2016