Gsungen&Gspielt 2/2015
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RÜCKSICHT<br />
„WER GERN SPIELT UND SINGT,<br />
NIMMT SEI ZEUG UND KIMMT!“<br />
Unter diesem Motto war der Dorfwirt in Wiesing ein Vierteljahrhundert<br />
lang Treffpunkt für Volksmusikbegeisterte<br />
jeden Alters. Auch wenn die legendären Sänger- und Musikantenstammtische<br />
nun leider Geschichte sind: die Abende<br />
bleiben unvergesslich.<br />
Text: Yvonne Kathrein | Fotos: Anni Reremoser<br />
Das hier ist das Dorfwirtstrio beim<br />
„ ersten Hoagascht im Jahr 1990.“<br />
Anni Reremoser zeigt auf ein Foto, auf<br />
dem drei Musikanten mit Klarinette,<br />
Geige und Gitarre zu sehen sind. Leider<br />
wird das Gesicht der Gitarristin von einem<br />
davor sitzenden Zuhörer verdeckt.<br />
Es ist nämlich Anni selbst, die bei diesem<br />
Trio die Gitarre gezupft hat. „Das<br />
hier war die erste Einladung.“ Ein mit<br />
Kalligraphiefeder handbeschriebenes,<br />
gelbes Blatt, zu A5 gefaltet. In der Mitte<br />
eine Zeichnung mit Musikanten, auf der<br />
Hinterseite eine kleine Liste jener Gruppen,<br />
die damals dabei waren. „Anfangs<br />
hab ich die Gruppen vorab ausgesucht<br />
und sie auf die Einladung geschrieben.<br />
Später kamen sie dann von selbst. Alle<br />
Freunde der echten Volksmusik konnten<br />
kommen, singen und musizieren.“<br />
Eine organisatorische Meisterleistung,<br />
nicht nur, weil Anni jede Einladung als<br />
Brief verschickte und die Adressen immer<br />
persönlich von Hand hinaufschrieb,<br />
sondern auch, weil man ja nie wissen<br />
konnte, wie viele und welche Gruppen<br />
kommen würden! Sie blättert weiter.<br />
„Hier der Loigner Sepp. Der hat sich das<br />
Ziechspieln selber beigebracht. Er war<br />
bei einem der ersten Hoagaschte schon<br />
dabei. Da, der Sparchner Dreigsang,<br />
der Wildschönauer Dreigesang, die<br />
Salcheggers – extra aus Salzburg gekommen,<br />
der Andi und die Karin. Die<br />
Huangartler aus dem Oberland, der<br />
Kofler Franz aus Südtirol mit Uschi<br />
und Wolfgang Neumüller, der Lukasser<br />
Zwoa gsang aus Osttirol, die Eisenkellermusig,<br />
Karin und Adi Laganda, Klaus<br />
Karl mit verschiedenen Besetzungen …<br />
Und da der Hois, Auhofbauer aus Jenbach.<br />
Der hat die meisten Hoagaschte<br />
und Stammtische moderiert.“ Freude<br />
und Wehmut klingen gleichermaßen in<br />
ihren Erzählungen mit, wenn die Wirtin<br />
des Dorfwirts in Wiesing mit dem Fotoalbum<br />
in der Hand in Erinnerungen<br />
schwelgt und die letzten 25 Jahre Revue<br />
passieren lässt.<br />
Die Wirtsleute Otto und Anni Reremoser mit Hois Egerbacher (Mitte).<br />
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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 02 | JUNI <strong>2015</strong>