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Gsungen&Gspielt 2/2015

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INT´RESSANTERWEIS<br />

„LEHRA, TUASCH MIT<br />

INS SINGEN?“<br />

Auch wenn man das Singen nicht unbedingt in die Wiege<br />

gelegt bekommt: mit der Beschäftigung kommt die Freude.<br />

Text und Foto: Walter Pichler<br />

Lehra, tuasch mit ins singen?“ Das<br />

„ fragte mich also der Bauer am Auerhof<br />

in Großvolderberg, als ich im Alter<br />

von 20 Jahren dorthin an die einklassige<br />

Volksschule versetzt wurde. Geboren<br />

und aufgewachsen in Innsbruck, hatte<br />

ich zwar mein erstes Dienstjahr in<br />

Hopfgarten im Brixental, also fern der<br />

Stadt, „gelehrt“ und ein bisschen dörfliche<br />

Kultur kennen gelernt, aber was<br />

mich am Volderberg empfing, war eine<br />

andere Welt. Ich war dort als Lehrer in<br />

einer rein bäuerlichen Umgebung der<br />

einzige Nicht-Bauer und erlebte als<br />

„Stadtler“, was das Dorf ausmacht und<br />

welche Herausforderung es an die Schule<br />

und den Lehrer stellt/e. Abgesehen<br />

vom Eingebunden-Werden in alle Vereine<br />

wurde es zu meiner Aufgabe, nicht<br />

nur im Rahmen meines Lehrerseins mit<br />

den Schulkindern zu singen, sondern<br />

das auch mit den Erwachsenen zur Gestaltung<br />

des kirchlichen und dörflichen<br />

Lebens zu tun.<br />

Voraussetzungen oder besser gesagt<br />

Vorbildung hatte ich dazu kaum. Meine<br />

Eltern waren wohl musikalisch. Mein<br />

Vater quälte seiner schwer vernachlässigten<br />

Geige zu Weihnachten ein kratziges<br />

„Stille Nacht“ und zur Draufgabe<br />

noch ein paar Operettenmelodien ab.<br />

Meine Mutter sang „Kann denn Liebe<br />

Sünde sein“ und Ähnliches für Besatzungssoldaten<br />

und Familienfreunde.<br />

Nicht gerade das, was man als „Musik<br />

und Singen in die Wiege gelegt“ bezeichnen<br />

würde.<br />

Zwiespältige Anfänge …<br />

Doch scheinbar genügte es, dass ich<br />

mir selber im Hauptschulalter ein paar<br />

Griffe auf der Gitarre angeeignet und<br />

mit großer Freude „Seemann, lass das<br />

Träumen“ und „Brauner Bär und weiße<br />

Taube“ mit meinen Freunden in den<br />

Innauen gesungen hatte.<br />

An den Musikunterricht im<br />

Pflichtschulalter kann ich<br />

mich nicht erinnern. Dann,<br />

an der LBA, der Lehrerbildungsanstalt,<br />

hatte der Musikunterricht<br />

einen höheren<br />

Stellenwert und dort erlernte<br />

ich auch Grundkenntnisse<br />

– und nicht mehr – auf dem<br />

Klavier. Mit Schaudern erinnere<br />

ich mich an eine Musikstunde,<br />

die das zweistimmige<br />

alpenländische Singen zum<br />

Inhalt hatte. Ferne dieser Tradition<br />

aufgewachsen, endete<br />

die Aufforderung „zuawizusingen“<br />

kläglich.<br />

… und das Hinein wachsen<br />

Und dann wuchs ich als junger Lehrer<br />

und Familienvater hinein in die musikalische<br />

Volkskultur, besuchte Chorleiterkurse<br />

am Grillhof, wurde Sänger und<br />

Chorleiter und erlebte, wie die Musik<br />

allgemein und das Singen im Besonderen<br />

mein Leben bereicherten.<br />

An meiner einklassigen Schule, erste bis<br />

neunte Schulstufe in einer Klasse, war<br />

mehrstimmiges Singen wunderbar möglich.<br />

Meine Kinder konnten ihre Freude<br />

am Singen im Dorf und bei Bezirks-,<br />

Landes- und Bundesjugendsingen einbringen.<br />

Auch in der eigenen Familie<br />

wurden Singen, Musizieren und Tanzen<br />

zur großen Bereicherung und für drei<br />

unserer Kinder sogar zum Beruf.<br />

Viele Jahre kam der Kinderchor Großvolderberg<br />

zur großen Freude der<br />

Mädchen und Buben zu Auftritten, Erlebnissen<br />

und Freundschaften in ganz<br />

Österreich, nach Südtirol und darüber<br />

hinaus bis nach Belgien, nach Venedig<br />

und über Initiative und Einladung der<br />

Internationalen Vereinigung von Musikerziehern<br />

und Prof. Josef Sulz zu einer<br />

Konzertreise nach Kalifornien und Oregon.<br />

Ich danke und verdanke es einem<br />

Der Lehrer Walter mit seinen Kindern beim<br />

Bundesjugendsingen 1989 in Graz.<br />

glücklichen Geschick, das mich zur<br />

Musik und zum Singen geführt hat, dass<br />

ich diese Einladung angenommen habe<br />

und mich Freunde im Tiroler Volksmusikverein<br />

wie Florian Pedarnig, Peter<br />

Moser, Josef Sulz und viele mehr dabei<br />

begleitet haben.<br />

Nun bin ich seit 50 Jahren am Volderberg<br />

und hoffe, noch eine gute Weile<br />

singen zu dürfen. Noch viele andere<br />

Inhalte und Menschen haben mein Leben<br />

bereichert, doch weil diese Ausgabe<br />

von „G´sungen und G´spielt“ ganz besonders<br />

dem Singen gewidmet ist, habe<br />

ich versucht, sogar mein „Lob dem Gesang“<br />

im Leben zu beschreiben.<br />

G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 02 | JUNI <strong>2015</strong> 5

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