Gsungen&Gspielt 2/2015
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RÜCKSICHT<br />
Ganz treue Hoagascht-Musikanten: die Mutterer Zirbeler.<br />
nun nach 25 Jahren mit Fug und Recht<br />
behaupten kann – für die Tiroler Wirtshauskultur<br />
und vor allem die Tiroler<br />
Volksmusik! Es gibt kaum eine Gruppe,<br />
die nicht bei einem der Musikantenhoagaschte<br />
bzw. -stammtische einmal dabei<br />
war oder für die zumindest der Name<br />
des Gasthauses untrennbar mit den neun<br />
Mal im Jahr dort stattgefundenen volksmusikalischen<br />
Ereignissen verbunden<br />
wäre. Und es ist auch nicht verwunderlich,<br />
dass sich der Stammtisch im<br />
Laufe der Jahre zu einem echten Anziehungspunkt<br />
entwickelt hat. Da wurden<br />
Stückln und Strophen abgehört, Fingersätze<br />
abgeschaut, Artikulationen, Harmonien,<br />
Tempi und Zwischenstimmen<br />
bewusst oder unbewusst für sich übernommen<br />
und nicht selten ist es vorgekommen,<br />
dass man durch spontanes<br />
gemeinsames Singen oder Musizieren<br />
spät nachts den Dorfwirt mit neuen Musikfreunden<br />
verlassen hat. Manchmal<br />
war man aber einfach auch nur stolz,<br />
Vorbilder live und hautnah singen oder<br />
spielen gehört zu haben: Man sieht Katrin<br />
Aschaber auf dem Foto die Freude<br />
förmlich an, die sie beim gemeinsamen<br />
Plausch mit dem mittlerweile leider verstorbenen<br />
Toni Moser hat,<br />
einem der ganz großen<br />
Harfenpioniere Tirols.<br />
Und welches Erlebnis<br />
muss es gerade für junge<br />
Ziechspieler gewesen<br />
sein, einen Franz Posch<br />
live vor sich spielen zu<br />
hören! Wie viel Inspiration<br />
und Motivation man<br />
nach so einer Begegnung<br />
mit nach Hause nahm!<br />
Treue Gruppen<br />
Viele Gruppen scheinen<br />
im Laufe der Jahre durch<br />
ihr häufiges Aufspielen<br />
und Singen beim Dorfwirt<br />
selbst integrativer<br />
Bestandteil der Stammtische geworden<br />
zu sein, wie man dem Fotoalbum entnehmen<br />
kann: die Mutterer Zirbeler,<br />
Brigitte und Hermann Hofer, der Bader<br />
Zwoagsang, der Troppmair Dreigsang,<br />
die Leiblfinger Volksmusikanten, die<br />
Raffe lemusig Stecher, die Wackersberger<br />
Zithermusig, Fuchs und Hås, die<br />
Schlitterer Sänger, Manuel Kuthan und<br />
überhaupt die Kerschbam Zithermusig<br />
… Es ist unmöglich, alle aufzuzählen.<br />
Unzählige Male sind manche auf den<br />
Fotos verewigt. Gekonnt und am häufigsten<br />
durch den Abend geführt von<br />
Hois Egerbacher, aber zuweilen auch<br />
von Joch Weißbacher, Hubert Kobler,<br />
Waltraud Kiechl, Nikolaus Köll, Sepp<br />
Landmann und vielen anderen, begleitet<br />
von gutem Gesang und guter Musik war<br />
es außerdem immer ein kulinarischer<br />
Genuss, der einen da aus Ottos Küche<br />
überraschte, ganz zu schweigen von den<br />
vielen liebevollen Details, mit denen<br />
Anni es verstand, dem Gast zu sagen:<br />
Du bist willkommen. Egal, ob es der je<br />
nach Jahreszeit mit Blättern, Blumen<br />
oder Zweigen dekorierte Saal, die brennenden<br />
Teelichter auf der Stiege oder<br />
diverser Damenbedarf auf der Toilette<br />
war: es war alles mit Liebe gemacht.<br />
Das bemerkten die Besucher, und das<br />
bekamen die Wirtsleute auch zurück:<br />
„Es entstanden im Laufe der Jahre richtige<br />
Freundschaften mit vielen der Musikanten<br />
und Sänger. Manche kamen sogar<br />
auch außerhalb der Stammtische zu<br />
uns, um mit Freunden zusammenzusitzen<br />
und einen Nachmittagsplausch bei<br />
Kaffee und Kuchen mit ungezwungenem<br />
Musizieren zu verbinden, wie etwa<br />
Heinz und Elfi Stecher“, erinnert sich<br />
Anni. „Manche verlegten gar einige ihrer<br />
Proben hierher, so etwa die Stoabichl<br />
Tanzlmusig aus dem Tiroler Unterland,<br />
die Ofenbankmusig aus dem Oberland,<br />
die Altmühldorfer Musikanten rund um<br />
Wolfgang und Ursula Neumüller aus<br />
Bayern oder die Lichtenstern Soatnmusi<br />
aus Südtirol, Bayern und Oberösterreich.“<br />
Partnerbörse<br />
Etwas abseits der volksmusikalischen<br />
Ereignisse sollen sich, wie Anni augenzwinkernd<br />
bemerkt, aber auch Vorkommnisse<br />
der etwas anderen Art abgespielt<br />
haben: Der eine oder andere soll<br />
dort seine spätere Frau kennengelernt<br />
haben, indem er etwa nichtsahnend mit<br />
den Vomper Sängern mitgekommen<br />
war, um ihrem Gesang zu lauschen,<br />
stattdessen aber viel mehr Augen (und<br />
wohl auch ein bisschen Ohren) für<br />
den Achentaler Viergesang aus dem<br />
Chiemgau hatte. Durch einen kleinen<br />
Trick – der Beseelte wollte es sich nicht<br />
nehmen lassen, der Angebeteten zum<br />
Schluss den Kontrabass ins Auto zu<br />
tragen – konnte der Herr in Erfahrung<br />
bringen, dass es keinen Mann gebe, der<br />
das Instrument regelmäßig für sie transportierte.<br />
Ein wichtiger Anfang war gemacht,<br />
der schließlich im Liebesglück<br />
enden sollte. Ob es ähnliche Motive gab<br />
oder einfach Spielfreude und jugendliche<br />
Aufgeweckheit daran Schuld waren,<br />
dass so manch junger Ziechspieler –<br />
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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 02 | JUNI <strong>2015</strong>