Gsungen&Gspielt 2/2015
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RÜCKSICHT<br />
noch ohne Führerschein – einfach nicht<br />
mit dem Vater nach Navis nach Hause<br />
fahren, sondern lieber noch ein bisschen<br />
weiterspielen wollte? Schließlich war es<br />
ja erst halb drei in der Früh. Da wartete<br />
der Vater eben noch „ein bisschen“.<br />
Navis könnte hier im Übrigen auch ausgetauscht<br />
werden. Gegen Brandenberg<br />
zum Beispiel …<br />
Man sieht ihnen die weite Anreise nicht an: der Lukasser Zwoagsang aus Osttirol.<br />
Schrammeln und ein Vierklee<br />
Auf die Frage, ob es einen Musikantenstammtisch<br />
gegeben habe, der Anni<br />
besonders in Erinnerung geblieben sei,<br />
meint sie: „Jeder war besonders und ich<br />
könnte keinen Stammtisch herausheben.<br />
Jedes Mal hab ich mich gleich auf den<br />
Freitagabend gefreut, an dem wieder ein<br />
Stammtisch stattfand. Da hatte ich quasi<br />
‚frei‘. Ich habe alle Veranstaltungen<br />
sehr genossen. Wobei …“. Sie kommt<br />
ins Grübeln. „Einmal, da schien alles im<br />
Vorfeld schiefzulaufen.“ Keine einzige<br />
Gruppe hatte ihr Kommen angekündigt,<br />
was ungewöhnlich war. „Da bin ich<br />
schon ein bisschen nervös geworden und<br />
hab mir gedacht, heut sitzen wir allein<br />
mit den Zuhörern da.“ Ein paar Stunden<br />
vorher dann aber der Anruf der Gruppe<br />
„Vierklee“. Man wolle kommen, allerdings<br />
sei das Repertoire noch nicht so<br />
groß, ob das ein Problem sei. Natürlich<br />
nicht … Und dann noch ein Anruf von<br />
der „Lindauer Schrammel“ aus Fieberbrunn.<br />
„Da war ich dann wirklich<br />
gespannt, wie das werden sollte. Eine<br />
junge Geigenmusig mit kleinem Repertoire<br />
und eine Schrammel-Musik aus<br />
Fieberbrunn!“ Es sollte tatsächlich einer<br />
der unvergesslichsten und wunderbarsten<br />
Abende werden. Die „Schram mel“-<br />
Musik stellte sich als Fünf-Mann-Partie<br />
heraus, die mit den alten Instrumenten<br />
ihrer Väter ebenso alte Stückln zum<br />
Besten gab, aber kein einziges Schrammel-Stück.<br />
Kein Wunder. Es war mit der<br />
Bezeichnung Schrammel ja früher im<br />
Pillerseetal einfach ganz allgemein eine<br />
Tanzkapelle gemeint! Und die Gruppe<br />
„Vierklee“? Jede der vier jungen Mädels<br />
hatte alle Instrumente, die nur irgendwie<br />
verfügbar und spielbar waren,<br />
ausgepackt, um ihr Spielgut zu erweitern<br />
und sich durch den Abend zu retten.<br />
„Das war wirklich ein unvergesslicher,<br />
lustiger und schöner Abend mit diesen<br />
beiden Gruppen – und zwar bei vollem<br />
Haus!“<br />
Unvergesslich wird wohl auch der allerletzte<br />
Musikantenstammtisch bleiben,<br />
der heuer am 20. Feber stattfand.<br />
Gekonnt moderiert von Joch Weißbacher<br />
haben der Harte Kern, der Afelder<br />
Dreigesang, die Lichtenstern Soatnmusi,<br />
Klaus Karl mit dem Ottensheimer<br />
Dreig‘sang, die Achentaler Sänger, die<br />
Quartl-Ziachmusig und die Kathreinmusig<br />
den Dorfwirt ein letztes Mal zum<br />
Klingen gebracht. Und diesmal hätten<br />
die Wirtsleute den Saal wohl drei Mal<br />
mit Musikanten und Sängern füllen können,<br />
so groß war der Andrang. Mit der<br />
Pensionierung von Otto und Anni Reremoser<br />
geht eine Ära zu Ende – zum großen<br />
Bedauern all jener, die hier wunderbare<br />
Stunden verbracht haben, sei es als<br />
Zualoser, Musikanten, Sänger, Tänzer<br />
oder einfach als Genießer kulinarischer<br />
Köstlichkeiten. Auch wenn nun der<br />
letzte Ton verklungen ist: das, was hier<br />
ermöglicht wurde, war Volkskultur in<br />
Reinkultur. Das musikalische Geschehen<br />
in Tirol, aber auch darüber hinaus,<br />
ist in und mit dem Dorfwirt ein ganzes<br />
Stück weitergewachsen!<br />
Damals bei einem der ersten Auftritte, heute weitum bekannt:<br />
die Gruppe Vierklee aus der Wildschönau<br />
Danke Anni und Otto!<br />
G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 02 | JUNI <strong>2015</strong> 17