Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Es ist wie in jedem Jahr. Wenn das letzte Juniwochenende<br />
näher rückt, werden viele harte Kerle – und zwischenzeitlich<br />
auch etliche Damen – unruhig. Liebhaber des<br />
klassischen Motorrad-Geländesports haben sich diesen Termin<br />
in ihrem Kalender schon lange rot angestrichen.<br />
Denn an diesem Wochenende findet traditionell die <strong>Classic</strong>-<br />
Geländefahrt „Rund um die MZ-Stadt Zschopau“ statt, eine<br />
klassische Ausfahrt mit Wettbewerbscharakter für historische<br />
Geländesportmotorräder der Baujahre von 1955 bis 1990. Eine<br />
Veranstaltung, die mittlerweile Kultstatus hat. Und das mit Recht,<br />
denn der MSC MZ Zschopau pflegt die Wurzeln dieses Sports<br />
wie kaum ein anderer Verein in Deutschland. Immerhin ist<br />
Zschopau die Wiege der Marken DKW und MZ. Da wurden<br />
schon vor dem Krieg Rennmotorräder entwickelt und gebaut.<br />
Ende der 1950er-Jahre wurde bei MZ dann der Grundstein für<br />
die große Geländesporttradition gelegt, mit dem Höhepunkt in<br />
den Jahren von 1963 bis 1969. Da gewannen die MZ-Fahrer als<br />
Nationalmannschaft der DDR insgesamt sechsmal den Hauptwettbewerb<br />
der jährlich ausgetragenen Internationalen Sechstagefahrt<br />
(ISDT), die Trophy.<br />
In Erinnerung an diese erfolgreichen Fahrer wurde am Tag<br />
vor der 16. <strong>Classic</strong>-Veranstaltung im Schlosshof Wildeck ein<br />
Gedenkstein für Werner Salevski, Peter Uhlig und Hans Weber<br />
feierlich enthüllt. Ein Gedenkstein, der nun seinen festen Platz in<br />
der Mitte Zschopaus hat, direkt im Eingangsbereich zum Motorradmuseum.<br />
Die drei Sportler waren Mitglieder der erfolgreichen<br />
Sixdays-Trophy-Siegermannschaften, die durch Unfälle<br />
früh aus dem Leben schieden.<br />
Die limitierten Startplätze für den sächsischen Geländesportklassiker<br />
waren auch in diesem Jahr wieder begehrt und rasch<br />
vergeben. Glücklich schätzen durften sich daher all jene, die zu<br />
den 230 Startberechtigten gehörten. Dazu zählten Teilnehmer<br />
aus elf Nationen, die sogar aus Norwegen, Schweden, Großbritannien<br />
und Russland anreisten. Der Parkplatz vor dem<br />
Gebäude des ehemaligen MZ-Motorradwerks, auf dessen Dach<br />
noch immer die roten MZ-Kultbuchstaben in die Landschaft<br />
strahlen, verwandelte sich schon am Freitag innerhalb von Stunden<br />
zu einer bunten Zeltstadt, die als Fahrerlager diente.<br />
Obwohl in den Hallen des mittlerweile zum Multizentrum<br />
Zschopau (MZZ) umgebauten Fabrikgebäudes schon lange keine<br />
Motorräder mehr produziert werden, ist MZ in Zschopau noch<br />
immer lebendig. Das beweist die Enduro-Klassikszene beim heimischen<br />
Zschopau-Event nachhaltig. Überall wurden alte MZund<br />
auch die Suhler Simson-Maschinen aus den teilweise ebenfalls<br />
historischen Renntransportern gerollt. Tatsächlich stellten<br />
die ehemaligen DDR-Motorräder nach KTM das zweitgrößte Maschinenkontingent<br />
im gesamten Starterfeld, knapp vor den Produkten<br />
der ebenfalls nicht mehr existenten schwäbischen Kultmarke<br />
Maico. Darunter waren auch einige ganz besondere Raritäten<br />
zu sehen, wie etwa die MZ 250 K von 1977 (siehe unten).<br />
EIN GANZ BESONDERS SELTENES EXEMPLAR: MZ 250 K VON 1977<br />
„Kurz“-Motor ohne Kickstarterwelle,<br />
Kickstarter direkt auf der Kurbelwelle<br />
Komplett restaurierte Werks-MZ von 1977, einst gefahren von Frank Schubert<br />
Zu den ganz besonderen Raritäten beim<br />
diesjährigen <strong>Classic</strong>-Enduro in Zschopau<br />
gehörte dieses von der Firma Trophy-Sport wunderschön<br />
neu aufgebaute 1977er-Trophymodell<br />
mit einem 250er-K-Motor. So ein Motorrad fuhr<br />
Werksfahrer Frank Schubert bei den Europameisterschaftsläufen<br />
und bei den Sixdays. Das „K“ in<br />
der Bezeichnung bedeutet dabei „kurz“. Für die<br />
Werksrenner hatte man nämlich auf die Kupplungswelle<br />
verzichtet und das Gehäuse verkürzt.<br />
Die Wirkung des nach vorne zu tretenden Kickstarters<br />
wurde direkt auf die Kurbelwelle übertragen,<br />
sodass es möglich war, bei eingelegtem<br />
Gang und mit gezogener Kupplung den Motor<br />
anzutreten. Eine fortschrittliche Technik, die<br />
zum Beispiel Maico erst ein Jahr später mit der<br />
1978er-Motorengeneration einführte. Außerdem<br />
weist das Fahrgestell eine ungewöhnlich schräge<br />
Anstellung der hinteren Stoßdämpfer mit einer<br />
bananenförmig gebogenen Schwinge auf. Mehr<br />
als zwei oder drei dieser ehemaligen Werksmotorräder<br />
dürften heute nicht mehr existieren.<br />
Modern: auffallend schräg gestellte<br />
Federbeine mit gebogener Schwinge<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>10</strong>/<strong>2016</strong> 27