Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SZENE I<br />
Vergessene Motorradhersteller<br />
Lloyd aus Nürnberg<br />
Der Name Lloyd ist vor allem durch die Bremer Autofirma bekannt. Dass es in<br />
den 1920er-Jahren auch eine Motorradfirma aus Nürnberg mit diesem Namen gab,<br />
wissen heute dagegen nur noch sehr wenige. Was wir hiermit ändern wollen.<br />
Text: Thomas Reinwald; Fotos: Archiv Reinwald<br />
Hecht & Co. hieß ein Nürnberger<br />
Kleinbetrieb, der ab Januar 1923<br />
den deutschen Motorradmarkt<br />
mit seinen Zweirädern bereicherte – angeboten<br />
unter dem Markennamen Lloyd.<br />
Firmengründer von Lloyd waren die<br />
Kaufleute August Hecht und Josef Schlug,<br />
für die technische Realisierung der Motorräder<br />
zeichnete dagegen ein gewisser<br />
Georg Gassmann verantwortlich. Im Gegensatz<br />
zu vielen Zweiradherstellern jener<br />
Jahre gab man sich bei Lloyd nie mit<br />
kleinen Motoren ab. Die Modellpalette<br />
startete mit einer 350er, einer Hubraumklasse,<br />
die damals durchaus schon zur Kategorie<br />
der großen Motorräder zählte. Als<br />
Antrieb der 350er wählten die beiden Geschäftsführer<br />
den seitengesteuerten Viertaktmotor<br />
von JAP, mit einer Höchstleistung<br />
von sieben PS. Mit diesem Antrieb<br />
repräsentierte das Motorrad durchaus<br />
den technisch aktuellen Stand der ersten<br />
Hälfte der 1920er-Jahre. Up to date war<br />
aber nicht nur der Motor, sondern auch<br />
das Fahrwerk, eine einfache Rohrrahmenkonstruktion<br />
mit Pendelgabel, Kettenantrieb<br />
und ungebremstem Vorderrad.<br />
Als Firmenlogo zierte beidseitig der<br />
Schriftzug Lloyd mit einem durchzogenen<br />
Pfeil den Stecktank. Von Anfang an war<br />
das Zweiradgeschäft von Lloyd auf Expansion<br />
ausgerichtet. Stolz verwiesen die<br />
Nürnberger darauf, dass sie mit dem Motorradhaus<br />
Gedü einen namhaften Händler<br />
für den Großraum Berlin und Brandenburg<br />
gewinnen konnten. Weshalb den<br />
Lloyd-Lenkern schon bald nach der Firmengründung<br />
der Sinn nach großvolumigeren<br />
Motorrädern stand. Sie beschlossen,<br />
ihr Modellprogramm noch 1923 mit einer<br />
Maschine für die 500er-Hubraumkategorie<br />
zu erweitern. Die Inhaber August<br />
Hecht und Josef Morhard – Letzterer war<br />
zwischenzeitlich für den ausgeschiedenen<br />
Josef Schlug als Kommanditist eingetreten<br />
– klopften bei BMW in München an<br />
und interessierten sich für den Boxermotor<br />
M II B 15. Die Münchner lieferten ihren<br />
Boxermotor bereits an Victoria für deren<br />
KR I, außerdem stand mit der Präsentation<br />
der R 32 im gleichen Jahr auch noch<br />
das Debüt von BMW als weiterer Motorradanbieter<br />
an. Dennoch sahen die verantwortlichen<br />
Münchner Herren in Lloyd<br />
offenbar keinen ernsthaften Konkurrenten.<br />
Denn die beiden Firmen einigten sich<br />
auf den Verkauf der BMW-Motoren an<br />
Lloyd. Zumindest ein Exemplar des längsliegenden<br />
Boxers wurde auch tatsächlich<br />
in die fränkische Metropole geliefert.<br />
90 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>10</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de