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Tassilo, Ausgabe Januar/Februar 2017 - Das Magazin rund um Weilheim und die Seen

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gewisse Sättigung ein“, hat er<br />

beobachtet, wenngleich Zuschauer<br />

<strong>die</strong> Zeitspanne oft doppelt so<br />

lang einschätzten. Abhängig vom<br />

Budget dauern Hellmuths Feuerwerke<br />

zwischen fünf <strong>und</strong> eben jenen<br />

13 Minuten. Er feuert bei Geburtstagen<br />

<strong>und</strong> Hochzeiten, beim<br />

Volksfest in <strong>Weilheim</strong>, zündet das<br />

Seefeuerwerk in Herrsching am<br />

Ammersee, am Tegernsee, beim<br />

Schrobenhausener Volksfest. Zwischen<br />

20 <strong>und</strong> 25 Mal pro Jahr ist er<br />

im Einsatz zwischen Boden- <strong>und</strong><br />

Chiemsee, Mittenwald <strong>und</strong> Ingolstadt,<br />

weiterempfohlen durch<br />

M<strong>und</strong>propaganda. Los geht’s im<br />

April, danach ist er fast jedes Wochenende<br />

unterwegs.<br />

Und er ersinnt jedes Mal eine neue<br />

Choreographie, entsprechend dem<br />

Charakter seiner Auftraggeber.<br />

„Man muss den Typ Mensch einschätzen,<br />

für den man das Feuerwerk<br />

macht, <strong>und</strong> es soll eine<br />

Geschichte sein, <strong>die</strong> sich aufbaut —<br />

Einleitung, Hauptteil, Innehalten,<br />

Finale.“ Preislich beginnt das Vergnügen<br />

bei 1 000 Euro, „nach oben<br />

sind keine Grenzen gesetzt“, in der<br />

Hochzeitssaison würden zwischen<br />

1 800 <strong>und</strong> 3 000 Euro ausgegeben,<br />

erklärt Hellmuth. Es sei <strong>die</strong> Investition<br />

in eine bleibende Erinnerung,<br />

Hochzeitsgäste erinnerten<br />

sich länger ans Feuerwerk als daran,<br />

was es zu essen gab. Und: „Ein<br />

Feuerwerk ist wie ein Boxkampf“,<br />

zieht er den Vergleich. Fernsehzuschauer<br />

gingen zufriedener ins<br />

Bett nach einem Ko-Schlag, als<br />

wenn „Klitschko in zwölf R<strong>und</strong>en<br />

nach Punkten gewinnt“. Auf den<br />

Knalleffekt kommt es an.<br />

Drei verschiedene<br />

Feuerwerk-Arten<br />

Generell gebe es drei Arten von<br />

Feuerwerk: <strong>Das</strong> Barockfeuerwerk<br />

mit Dreh- <strong>und</strong> Sprüheffekten,<br />

angelehnt an das, was einst im<br />

Schlosspark von Versailles abgebrannt<br />

wurde; das Höhenfeuerwerk<br />

mit Kugelbomben, Raketen<br />

<strong>und</strong> Bombetten, das „ein Bouquet<br />

an den Himmel malt“; <strong>und</strong> das<br />

Musik-Synchron-Feuerwerk, das<br />

heute per Computer gezündet<br />

wird, damit der Lichtblitz, bildlich<br />

gesprochen, verzögert vor dem<br />

Paukenschlag über den Himmel<br />

zuckt. Hier geht es <strong>um</strong> Zehntelsek<strong>und</strong>en.<br />

„Die Schussfolge <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Verzögerung sind der Pinsel, mit<br />

dem man ein Feuerwerk malt“,<br />

vergleicht Hellmuth.<br />

Schulungsfeuerwerk<br />

als Gegengeschäft<br />

Sein Handwerk, das er nebenberuflich<br />

ausübt, hat er vor 15<br />

Jahren bei „H<strong>um</strong>mig Effects“ in<br />

Peißenberg erlernt (siehe Bericht<br />

Seite 4). „Aus Jux <strong>und</strong> Dollerei“,<br />

erinnert er sich. Und als Gegengeschäft,<br />

weil er mit einem H<strong>um</strong>mig-Sohn<br />

in <strong>die</strong>selbe Klasse ging,<br />

dem er später für ein halbes Jahr<br />

Unterkunft gewährte. Ob er, statt<br />

Miete <strong>und</strong> Nebenkosten, einmal<br />

mit auf ein Schulungsfeuerwerk<br />

kommen könne, habe er damals<br />

gefragt. Er konnte, <strong>und</strong> aus einem<br />

wurden 26, wonach Ingo H<strong>um</strong>mig,<br />

der Firmenchef, ihn darauf hingewiesen<br />

habe, dass er <strong>die</strong> erforderliche<br />

Feuerwerkszahl für den Pyrotechniker-Schein<br />

erreicht habe,<br />

den er dann „begeistert abgelegt<br />

<strong>und</strong> bestanden“ habe.<br />

Als er ihn vom staatlichen Prüfer<br />

überreicht bekam <strong>und</strong> gefragt<br />

wurde, wie denn seine Firma<br />

heiße — weil Großfeuerwerker<br />

kleingewerblich tätig sein müssen<br />

— habe er sich an eine englische<br />

Bibel erinnert, <strong>die</strong> er in<br />

London gelesen hatte. Konkret an<br />

<strong>die</strong> Episode, in der Moses vor der<br />

Feuersäule steht, der „Pillar of<br />

fire“. Der Name war gef<strong>und</strong>en, <strong>die</strong><br />

Firma gegründet, sie hat aber einen<br />

besonderen Ruhetag: „An Silvester<br />

lasse ich allen anderen den<br />

Vortritt, in der Nacht, in der jeder<br />

darf, muss ich nicht mitmischen“,<br />

sagt Martin Hellmuth. Gelegenheiten<br />

hat er sonst genug. ts<br />

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