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<strong>ECHO</strong>: Mit mittlerweile 53 Produktionsstandorten<br />
auf allen Kontinenten ist die<br />
Agrana ein echter Global Player. Vor allem<br />
in der jüngeren Vergangenheit wurde die<br />
Geschäftsbasis stark erweitert. Gibt es weitere<br />
Expansionspläne? Wie sehen diese aus?<br />
Marihart: Wir bemühen uns derzeit um<br />
eine Akquisition in Serbien im Zuckerbereich.<br />
Da geht es um eine zusätzliche Menge<br />
von 300.000 Tonnen. Diese Akquisition<br />
wäre ein sehr großer Schritt für uns. Es gibt<br />
natürlich auch im Fruchtbereich durchaus<br />
Möglichkeiten. Nachdem wir in diesem Bereich<br />
Weltmarktführer sind, werden immer<br />
wieder Angebote herangetragen. Allerdings<br />
haben wir in der Fruchtzubereitung in den<br />
vergangenen zehn Jahren die Entwicklung<br />
nur durch Eigenexpansion, also durch die<br />
Errichtung von neuen Produktionsstätten,<br />
vorangetrieben. Diesbezüglich gibt es auch<br />
weitere Überlegungen wie etwa für China.<br />
<strong>ECHO</strong>: Mit einem Weltmarktanteil von<br />
30 Prozent bei Fruchtzubereitungen ist die<br />
Agrana Weltmarktführer in diesem Segment.<br />
Wie erreicht man diese Position und<br />
wie kann man sie gegenüber dem starken<br />
internationalen Wettbewerb halten?<br />
Marihart: Wir sind mit der Übernahme von<br />
Steirerobst in dieses Segment eingestiegen.<br />
Dann ergab sich für uns der große Schritt mit<br />
der französischen Fruchtzubereitungsfirma<br />
Atys aus der Pernod-Ricard-Gruppe, die diesen<br />
Teil abgeben wollte. Wir haben das Unternehmen<br />
dann in drei Etappen übernommen<br />
und damit einen sehr großen Sprung nach<br />
vorne gemacht. Mit der Übernahme sind wir<br />
mit einem Schlag weltweit präsent gewesen,<br />
von Australien bis USA. Anschließend wurde<br />
das Unternehmen weiterentwickelt mit Standorten<br />
in China, USA, Russland und einigen<br />
mehr. Wir waren damit aber auch mit einem<br />
Schlag ein transkontinentaler Konzern mit<br />
Managementteams aus vielen verschiedenen<br />
Ländern. Da brauchte es natürlich einen Lernund<br />
Entwicklungsprozess, angefangen bei<br />
einfachen Dingen, wie der Berücksichtigung<br />
der Zeitdifferenzen bei Telefonaten oder Videokonferenzen.<br />
Das alles hat unsere Unternehmens-<br />
und Managementkultur nachhaltig<br />
beeinflusst und verändert.<br />
<strong>ECHO</strong>: Die Agrana hat Anfang des Jahres<br />
den „Ökonomischen Fußabdruck“ des Unternehmens<br />
ermitteln lassen. Was ist darunter<br />
zu verstehen?<br />
Marihart: Wir sind immer wieder damit<br />
konfrontiert, dass Industriebetriebe nur als<br />
Produktionsstätten gesehen werden, die<br />
Ressourcen verbrauchen oder die Umwelt<br />
belasten. Da gilt es vonseiten der produzierenden<br />
Industrie klarzustellen, es sind nicht<br />
nur die Arbeitsplätze oder die Umsätze, die<br />
erzielt werden. Es gibt Lieferanten und einen<br />
Handel und das führt zu einer entsprechenden<br />
Wertschöpfungskette, die weit über<br />
„Nur wenn Unternehmer<br />
bereit sind, Risiko<br />
einzugehen, dann wird<br />
expandiert, und nur so<br />
können neue Arbeitsplätze<br />
entstehen.“<br />
jene des eigentlichen Unternehmens hinausgeht.<br />
Bei uns ist das eine sehr umfangreiche<br />
Wertschöpfungskette, weil wir sehr rohstoffintensiv<br />
prozieren und damit die ganze<br />
dahinterstehende Landwirtschaft in diese<br />
Wertschöpfung eingerechnet werden muss.<br />
Das ergibt in unserem Fall eine Unternehmenswertschöpfung<br />
von 500 Miollionen-<br />
Euro. Aber wenn man die dahinterstehende<br />
Wertschöpfung miteinbezieht, kommt eine<br />
weitere Milliarde Euro dazu. Bei den Arbeitsplätzen<br />
ist dieser Hebel noch viel deutlicher:<br />
Zu den 9000 Mitarbeitern, die bei Agrana<br />
beschäftigt sind, kommen weitere 30.000<br />
dazu, die etwa in der Landwirtschaft oder im<br />
Handel beschäftigt sind.<br />
<strong>ECHO</strong>: Österreichs Wirtschaft steht im<br />
EU-Vergleich zwar noch immer gut da, hat<br />
aber schon bessere Zeiten gesehen. Wie<br />
kann das Ruder herumgerissen werden, um<br />
wieder auf Erfolgskurs zu kommen?<br />
Marihart: Das ist nicht ganz einfach zu<br />
beantworten. Es ist wichtig, dass man einen<br />
unternehmerischen Geist schafft. Nur wenn<br />
Unternehmer bereit sind, Risiko einzugehen,<br />
dann wird expandiert, und nur so können<br />
neue Arbeitsplätze entstehen. Diese Entrepreneurkultur<br />
aufzubauen, ist allerdings eine<br />
langfristige Aufgabe, damit muss man schon<br />
in der Schule beginnen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wird es Unternehmern in Österreich<br />
schwer gemacht oder ist das eine Frage<br />
der Mentalität?<br />
Marihart: Wir sind ein kleines Land, damit<br />
fängt es mal an. Ein österreichisches Unternehmen<br />
muss, zum Beispiel im Vergleich<br />
zu Deutschland, viel früher in den Export<br />
gehen. Ein deutsches Unternehmen kann<br />
schon im lokalen Markt wesentlich größere<br />
Umsätze erzielen. Da gibt es strukturelle<br />
Unterschiede, ich würde das nicht unbedingt<br />
der Politik zuschreiben.