17.01.2017 Aufrufe

ECHO Top1000 Niederösterreich 2016

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

top 1000 | Lehre<br />

„Zu viele junge Menschen<br />

drängen auf die Unis“<br />

Für die Präsidentin der NÖ Wirtschaftskammer, KommR Sonja Zwazl, ist<br />

die Lehre ein Ausweg aus bildungspolitischen Sackgassen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Österreich hat mit der<br />

dualen Ausbildung ein weltweit<br />

einzigartiges Facharbeiter-<br />

Ausbildungssystem. Dennoch<br />

kämpft die Wirtschaft mit Facharbeitermangel,<br />

lernschwachen<br />

Lehrlingen und dem schlechten<br />

Ruf der Lehre.<br />

Zwazl: Unsere Lehre genießt<br />

international höchstes Ansehen.<br />

Viele Länder beneiden uns<br />

um unser Ausbildungssystem.<br />

Bei Eltern und Lehrern ist die<br />

Lehre aber noch immer mit<br />

einem schlechten Image behaftet,<br />

obwohl es gerade vor dem<br />

Hintergrund der aktuellen Arbeitsmarktlage<br />

viele gute Gründe<br />

gibt, die für eine Lehre und<br />

gegen ein Studium sprechen.<br />

Leider drängen noch immer viel<br />

zu viele junge Menschen auf die<br />

Unis, obwohl sie als Fachkräfte in<br />

unserer Wirtschaft hochbegehrt<br />

sind.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie lässt sich dieser<br />

Knoten lösen? Die Wirtschaftskammer<br />

investiert nicht unbeträchtliche<br />

Energien in die Unterstützung<br />

der Lehre.<br />

Zwazl: Wir müssen überall ansetzen:<br />

Nicht nur bei der Berufsund<br />

Lehrstellenberatung. So<br />

vergeben wir mit dem Landesschulrat<br />

ein Berufsorientierungs-<br />

Gütesiegel für Schulen und haben<br />

mit dem Sozialpartner auf<br />

der Pädagogischen Hochschule<br />

in Baden einen eigenen Masterlehrgang<br />

für Berufsorientierung<br />

etabliert. Und mit dem Land<br />

haben wir den NÖ Begabungskompass<br />

ins Leben gerufen:<br />

Hier erfahren Jugendliche im<br />

Alter von 13 und 14 Jahren, was<br />

ihre besonderen Talente sind, für<br />

welche Berufs- und Ausbildungswege<br />

sie sich eignen. In unserem<br />

Bildungssystem wird ja noch immer<br />

viel zu oft darauf geschaut,<br />

was jemand nicht kann. Wir aber<br />

wollen die jeweiligen Stärken<br />

aufzeigen. Nicht nur für die Jugendlichen,<br />

sondern ebenso für<br />

ihre Eltern. Am Schluss findet ein<br />

gemeinsames Beratungsgespräch<br />

mit einem speziell geschulten<br />

Psychologen statt. Der NÖ Begabungskompass<br />

wird kostenlos<br />

für alle Jugendlichen der 7. Schulstufe<br />

– an AHS ebenso wie an<br />

den Mittelschulen – angeboten.<br />

Heuer sind das über 11.000 niederösterreichische<br />

Schülerinnen<br />

und Schüler. Wichtig ist uns auch<br />

der Kontakt mit den Schulen,<br />

dass Wirtschaftstreibende in den<br />

Dialog mit den Schülerinnen<br />

und Schülern treten und praxisnah<br />

über das Geschehen in ihren<br />

Betrieben informieren.<br />

<strong>ECHO</strong>: Würde mehr Lehre mit<br />

und nach Matura der Wirtschaft<br />

gut tun?<br />

Zwazl: Selbstverständlich ist<br />

Lehre mit Matura eine gute<br />

Sache, ebenso die Lehre nach<br />

der Matura. Die Matura wird ja<br />

immer mehr zur bildungspolitischen<br />

Sackgasse. Zusammen<br />

mit einer Lehrausbildung eröffnen<br />

sich aber mit einem Schlag<br />

ausgezeichnete Berufsperspektiven.<br />

det: Einzelhandel, Bürokauffrau,<br />

Friseurin. Der Anteil der Lehrlingsmädchen<br />

in den Berufsgruppen<br />

Maschinen, Fahrzeug, Metall liegt<br />

bei niedrigen 6,4 Prozent.*<br />

35 Prozent der Selbstständigen<br />

in Österreich verfügen über<br />

einen Lehrabschluss als höchste<br />

abgeschlossene Ausbildung. Die<br />

Lehre ist somit die mit großem<br />

Abstand wichtigste Qualifikation<br />

von selbstständig Erwerbstätigen in<br />

Österreich und offensichtlich auch<br />

ein gutes Sprungbrett zur Gründung<br />

(oder Übernahme) eines eigenen<br />

Unternehmens.*<br />

Facharbeitermangel?<br />

Eine Frage der Planung.<br />

Pollmann als international agierendes<br />

Familienunternehmen<br />

im Automotive-Segment bildet<br />

derzeit 35 Lehrlinge in sieben<br />

Lehrberufen aus. Geschäftsführer<br />

DI (FH) Herbert Auer, CEO der<br />

Poll mann Gruppe, betont den<br />

Stellenwert der Lehrlingsausbildung:<br />

„Wir bilden unsere MitarbeiterInnen<br />

zu einem erheblichen<br />

Teil selbst aus. Daraus schöpfen<br />

wir. Der Facharbeitermangel ist<br />

Nadja Hahn wollte unbedingt in die<br />

KFZ-Lehre – ein nach wie vor seltener<br />

Berufsweg für ein Mädchen.<br />

„Bei der aktuellen Arbeitsmarktlage<br />

gibt es viele gute Gründe, die für<br />

eine Lehre und gegen ein Studium<br />

sprechen.“ Sonja Zwazl, WKNÖ-Präsidentin KommR<br />

natürlich ein heißes Thema in den<br />

Medien, doch letztendlich ist es<br />

eine Frage der Planung, dass ich<br />

die richtigen MitarbeiterInnen<br />

zum richtigen Zeitpunkt verfügbar<br />

habe. Wenn man Spezialisten<br />

sucht, muss man die Zeit für deren<br />

Ausbildung einplanen oder den<br />

Aktionsradius erweitern. Ich muss<br />

wissen, welchen Personalbedarf<br />

ich basierend auf der langfristigen<br />

Unternehmensplanung habe.<br />

Wenn ich heute draufkomme,<br />

dass ich morgen zehn Leute mit<br />

Pollmann bildet derzeit 35 Lehrlinge aus – die besten werden ins Auslang<br />

geschickt.<br />

Fotos: Pollmann, Nisa Maier<br />

40 <strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!