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ECHO Top1000 Niederösterreich 2016

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zur person<br />

Vesna wurde 1935 in Wien unter dem<br />

Namen Elfriede Sekirnjak geboren und<br />

diplomierte 1957 an der Akademie für Angewandte<br />

Kunst in Wien. Es folgten berufliche<br />

Erfahrungen als Designerin bei Vossen in<br />

Gütersloh, Marigi in Rom, Gallerie La Fayette<br />

in Paris und bei der Nordiska Companie in<br />

Stockholm. 1961 absolvierte sie die Akademie<br />

Wien in der Meisterklasse Gobelinweberei.<br />

1970 wurde die Werkstätte Vesna Design im<br />

Federlhof der Wiener Innenstadt eröffnet und<br />

es entstand eine Werkstatt für Handdruck und<br />

Handweberei sowie Schmuck. Zahlreiche<br />

internationale Modeschauen festigten Vesnas<br />

Ruf als Österreichs führende Textildesignerin.<br />

Ab 1974 unterrichtete Vesna Ornamentik und<br />

Handdruck an der Akademie der bildenden<br />

Künste in Wien. Nachdem das Wiener Atelier<br />

aus Platzgründen aufgegeben werden musste,<br />

übersiedelte die gesamte Werkstätte 1987 ins<br />

Schloss Primmersdorf in <strong>Niederösterreich</strong>, wo<br />

die Künstlerin noch heute lebt und arbeitet.<br />

tile Kunst vollständig an den Rand gedrängt?<br />

Gelingt es, die kreativen Kräfte für eine Zusammenarbeit<br />

mit der Industrie zu nutzen? Oder<br />

findet sie ihren eigenen Weg?<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie könnte dieser eigene Weg aussehen?<br />

Vesna: Denkbar wäre etwa ein Nebeneinander<br />

von Tradition und Moderne, wie es in Japan<br />

praktiziert wird. Dort haben sowohl industriell<br />

gefertigte Massenware wie auch hochwertiges<br />

Handwerk ihren Stellenwert.<br />

<strong>ECHO</strong>: Die japanische Gesellschaft ist bekanntlich<br />

sehr traditionsbewusst. Wenig überraschend<br />

also, dass auch traditionelles Handwerk<br />

dort nach wie vor seinen Wert hat. Aber<br />

wie könnte das konkret für unsere Verhältnisse<br />

aussehen?<br />

Vesna: Ein Ausweg für Österreichs Textilwirtschaft<br />

könnte in der Produktion von handwerklich<br />

gestalteten Qualitätsprodukten liegen. Ein<br />

Weg zurück zum Unikat, exklusiv und individuell.<br />

Stoffe wie Loden oder Leinen aus österreichischer<br />

Produktion stehen noch immer für<br />

Qualität und sind weltweit gefragt.<br />

<strong>ECHO</strong>: Dieser Appell klingt gut und ist auch<br />

nachvollziehbar. Aber welche konkreten Schritte<br />

müssten denn Ihrer Meinung nach gesetzt<br />

werden, um wieder Leben in die Textilindustrie<br />

zu bringen?<br />

Vesna: Zum einen durch die Produktion<br />

von hochwertigen Qualitätsprodukten, die<br />

nicht nur künstlerischen und handwerklichen<br />

Ansprüchen gerecht werden, sondern auch<br />

ökologischen und nachhaltigen Aspekten<br />

Rechnung tragen. Was die Wirtschaftspolitik<br />

betrifft, müsste es steuerliche Erleichterungen<br />

für Investitionen in Kunsthandwerksbetriebe<br />

geben, aber auch eine generelle Förderung von<br />

Kleinunternehmen, vor allem in den Grenzregionen<br />

<strong>Niederösterreich</strong>s. Auch im Bildungssektor<br />

gibt es Änderungsbedarf in Richtung<br />

„Heute glauben Künstler,<br />

dass sie sich durch die<br />

Technisierung das Erlernen<br />

des Handwerks<br />

ersparen können.“<br />

kreativer und traditionsorientierter Ausbildung<br />

in den Schulen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Früher bildeten Handwerk und Kunst<br />

auch in der Ausbildung eine stärkere Einheit.<br />

Wann und wie kam es zu dieser Trennung von<br />

Handwerk und Kunst?<br />

Vesna: Das ist die tragische Frage. Die Wiener<br />

Werkstätte waren die Letzten, die sich bemüht<br />

haben, dass der Künstler a priori als Handwerker<br />

gesehen wird, der nur in seltenen Fällen<br />

er aus seinem Handwerk heraus auch Kunst<br />

gebiert. Das beruhte auf der Annahme, dass<br />

jeder Künstler zuerst einmal Handwerker sein<br />

muss und aus dem Handwerk heraus kann er<br />

sich künstlerisch entwickeln. Ohne Handwerk<br />

kann er nie Kunst machen. Das war das Credo<br />

dieser Ära.<br />

<strong>ECHO</strong>: Das klingt so, als wäre die Kreativität,<br />

das Schöpferische, nachrangig?<br />

Vesna: Nein, es wurde allerdings als unumgänglich<br />

angesehen, dass ein Künstler das<br />

Handwerk perfekt beherrscht. Ein Musiker<br />

kann nicht am Klavier komponieren, wenn er<br />

Klavierspielen nicht beherrscht!<br />

<strong>ECHO</strong>: Solides Handwerk ist also aus Ihrer<br />

Sicht eine Grundbedingung für künstlerische<br />

Arbeit?<br />

Vesna: Es ist logisch, dass jemand, der künstlerisch<br />

produktiv ist, die Grundbegriffe beherrschen<br />

muss. Aber der Bruch mit dieser Tradition<br />

erfolgte eigentlich durch die Technik. Heute<br />

glauben Künstler, dass sie sich durch die Technisierung<br />

das Erlernen des Handwerks ersparen<br />

können. Nehmen wir zum Beispiel Architekten,<br />

die heute perspektivisches Zeichnen nicht mehr<br />

beherrschen müssen, weil der Computer für sie<br />

die korrekte Darstellung erledigt. Oder um ein<br />

Beispiel aus meinem Bereich zu nehmen: Das<br />

Vergrößern oder Verkleinern von Mustern kann<br />

heute genauso von Computern erledigt werden.<br />

Diese Dinge mussten früher mit einer gewissen<br />

Hingabe und Ausdauer erlernt werden, heute<br />

wird es einfach von der Technik erledigt.

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