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Die richtige Wahl ergibt sich jedoch<br />
ganz von allein. Auf einem Bullring<br />
wie Martinsville beginnt man mit<br />
600 Pfund. Auf einem<br />
Superspeedway verwendet man<br />
steinharte Federn. Vom Piloten<br />
während der Fahrt einstellbare<br />
Federbeine sind aus<br />
Sicherheitsgründen verboten.<br />
Bleibt noch die Frage. Warum sind<br />
diese NASCAR-Wagen so verdammt<br />
schnell ? Diese Frage ist<br />
wirklich berechtigt, denn obwohl<br />
die meisten Teams regelmäßig<br />
Windkanalversuche machen, verbietet<br />
ihnen NASCAR die<br />
Verwendung von Materialien wie<br />
Kohlefaser. Die Stahlrahmen sind<br />
einiges schwerer als ein GP-<br />
Monocoque, aber niemals so verwindungssteif.<br />
Die Motoren sind<br />
ebenfalls von der Konzeption her<br />
30 Jahre alt und technisch ausgereizt.<br />
Aber die NASCAR-Fahrzeuge<br />
sind Spezialisten. Sie sind zum<br />
Linksverkehr im Oval geboren.<br />
Die jahrzehntelange technische<br />
Inzucht der Amerikaner hat gesunde<br />
Kinder hervorgebracht. Durch<br />
die kleinen Spoiler ergo wenig<br />
Abtrieb sind die Stockcars auf den<br />
Geraden mehr als 380 km/h<br />
schnell in den Kurven werden sie<br />
von einer ausgeklügelten<br />
Gewichtsverteilung, von besonderen<br />
Reifen und nicht zuletzt von<br />
wagemutigen Piloten auf Kurs<br />
gehalten.<br />
Ein interessanter Vergleichskampf<br />
fand einmal in Daytona statt. Ein<br />
"Porsche 962" trat gegen einen<br />
"Chevy Monte Carlo SS" an. Der<br />
Porsche leistete 700 PS, die 900<br />
Kilo Gewicht bewegen mußten. Der<br />
Chevy leistete 650 PS, die mit<br />
1.587 Kilo fertig werden mußten.<br />
Dennoch erreichte der Porsche auf<br />
der Geraden nur 363 km/h Spitze,<br />
während der Chevy mit eindrucksvollen<br />
384 km/h gemessen wurde.<br />
Des Rätsels Lösung:<br />
Das Stockcar katapultierte sich<br />
dank idealer Gewichtsverteilung<br />
schneller aus den Steilkurven und<br />
muß weniger Anpreßdruck überwinden.<br />
Die Aerodynamik war lange Jahre<br />
ein Buch mit sieben Siegeln für die<br />
NASCAR-Teams. Ein Windkanal ist<br />
für die Spitzenteams so wichtig<br />
geworden wie der Motorenprüfstand,<br />
denn ein paar einfache<br />
Retuschen am Auto können die<br />
Windschlüpfrigkeit so verbessern,<br />
als habe man einen zehn PS stärkeren<br />
Motor eingebaut.<br />
Vor allem auf den Rennstrecken<br />
von über einer Meile Länge kommt<br />
die Aerodynamik erst richtig zum<br />
tragen. In Charlotte beispielsweise<br />
kann ein Pilot Heckspoilerveränderungen<br />
von wenigen Grad<br />
sofort spüren.<br />
1.500 Dollar kostet eine Stunde im<br />
Windkanal. Der Ford Thunderbird,<br />
mit dem Bill Elliott 1987<br />
Vizemeister wurde, ist das<br />
Ergebnis unzähliger Stunden in<br />
diesem Windkanal. Windgeschwindigkeiten<br />
von bis zu 200 Meilen pro<br />
Stunde werden von gewaltigen<br />
Ventilatoren simuliert. Die<br />
Testsensoren im Boden, die den<br />
Abtrieb messen, sind so empfindlich,<br />
daß sie bereits reagieren,<br />
wenn man eine Geldmünze auf den<br />
Kofferraum eines Wagens legt.<br />
Auch der Windkanal ist für eine<br />
Anekdote gut. A.J. Foyt jammerte<br />
vor ein paar Jahren über lästige<br />
Verwirbelungen in seinem Auto.<br />
Dick Hutcherson hat ihn mitsamt<br />
seines Fahrzeugs in den Windkanal<br />
eingeladen. Nach acht Stunden<br />
harter Arbeit fand Dick, das das<br />
Problem gelöst sei. Doch A.J. war<br />
immer noch nicht überzeugt. Also<br />
setzte Hutcherson einen Freiwilligen<br />
in den Oldsmobile und ließ<br />
den gewaltigen Lockhead-<br />
Ventilator nochmals auf Vollast<br />
bringen - circa 320 km/h. Dann hat<br />
sich Hutchersons Mitarbeiter im<br />
Cockpit in aller Ruhe eine Zigarette<br />
angezündet. Die Flamme des<br />
Zündhölzchens hat nicht mal richtig<br />
geflackert. A.J. war vollends<br />
zufrieden !<br />
Mancher Technikexperte wird über<br />
die simple Bauweise von NASCAR-<br />
Wagen ein wenig herablassend<br />
lächeln, aber es ist sicher, daß ein<br />
F1-Wagen auf jedem Superspeedway<br />
zerbrachen würde.<br />
Früher oder später. Lächeln tun<br />
auch die Buchhalter, aber nicht aus<br />
Hohn sondern aus purer Freude.<br />
NASCAR ist nämlich ein verhältnismäßig<br />
günstiger Motorsport.<br />
Die einzelnen Kosten gliedern sich<br />
ungefähr so auf: Ein fertiges Auto<br />
kommt auf höchstens 90.000<br />
Dollar. Ein Motor steht mit 30.000<br />
zu Buche. Ein Satz Reifen mit rund<br />
650 Dollar und ein Chassis belastet<br />
unser Budget mit mindestens<br />
7.000 Dollar. Ein Motorenprüfstand<br />
(unerlässlich, wenn unsere<br />
Triebwerke die gewünschte Kraft<br />
entfalten sollen) kostet 20.000<br />
Dollar. Und was die Personalkosten<br />
betrifft. Ein gutes Team besteht<br />
aus ungefähr 16 Festangestellten.<br />
Wenn wir auf den Rennstrecken<br />
einen ordentlichen Eindruck hinterlassen<br />
und optimal arbeiten möchten,<br />
müssen wir weitere 225.000<br />
Dollar für einen der ehrfurchtgebietenden<br />
Trucks hinblättern, mit<br />
denen alle Teams bei den Rennen<br />
aufkreuzen. 125.000 Dollar kostet<br />
der Auflieger, der eine rollende<br />
Werkstatt ist und weitere 100.000<br />
Dollar kostet die kraftvolle<br />
Zugmaschine.<br />
"Das sind Einfamilienhäuser,<br />
getarnt als Renntransporter!", hat<br />
einer die mächtigen Trucks, deren<br />
kunstvolle Bemalung allein einen<br />
Besuch im Fahrerlager wert ist,<br />
ganz trefflich beschrieben.<br />
Immer wieder spannend..<br />
Die Geschichten zur<br />
Faszination Nascar<br />
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