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Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre

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100<br />

Eduard Zwierlein<br />

ge, wahrheitsfähige und freie Wesen verlieren. So entsteht für<br />

Spaemann die Alternative, daß wir uns entwe<strong>der</strong> selbst als <strong>Person</strong>en<br />

ernst nehmen und glauben, daß wir in <strong>der</strong> Welt tatsächlich<br />

freie und wahrheitsfähige Wesen sind, was die Gottesidee<br />

impliziert, o<strong>der</strong> aber wir streichen mit <strong>der</strong> Idee Gottes auch<br />

zugleich die Idee des Menschen durch, die wir von uns haben.<br />

Daß die Vernunft wahrheitsfähig ist und wir <strong>Person</strong>en sind, ist<br />

also ohne eine Art von natürlicher Theologie nicht zu haben.<br />

Dies ist zwar kein strikter Beweis, aber läuft doch auf ein Argument<br />

hinaus, das die Vernünftigkeit des Gottglaubens zeigen<br />

soll. Ohne Gott gibt es we<strong>der</strong> Wahrheit noch Sinn. Der Zwang<br />

zum sinnhaften Denken strukturiert die Wirklichkeit, die wir als<br />

sinnvoll aufgebaut denken. Wenn Nietzsche fürchtet, Gott nicht<br />

los werden zu können, weil wir noch an die Grammatik glauben<br />

17, so reflektiert er diesen Zwang. Offensichtlich können wir<br />

nicht umhin, an die Grammatik zu glauben. Und auch Nietzsche<br />

konnte nur schreiben, was er schrieb, weil er das, was er sagen<br />

wollte, <strong>der</strong> Grammatik anvertraute. Zuletzt in dieser Unvermeidlichkeit,<br />

doch sonst eher offen und wahrnehmbar liegt das<br />

Gerücht von Gott überall, wo Menschen sind, in wie deformierter<br />

Gestalt auch immer, gleichsam in <strong>der</strong> Luft. Es ist das Selbstverständliche.<br />

Auch hier liegt die Beweislast zwingen<strong>der</strong> Argumente<br />

auf den Schultern <strong>der</strong>er, die dieses Gerücht und seinen<br />

Realitätsanspruch bestreiten wollen. Ein solches zwingendes<br />

Argument jedoch findet sich nirgends.<br />

V. Kritische Anmerkungen<br />

Zwei Aspekte scheinen mir in den Argumentationen Robert<br />

Spaemanns bedenkenswert:<br />

1. Betrachten wir zunächst kurz den Versuch Spaemanns,<br />

<strong>Person</strong>sein als Disposition zu verstehen. Nicht je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Klavier<br />

spielen kann, spielt tatsächlich Klavier, denn vielleicht hat er<br />

kein Klavier, o<strong>der</strong> es bietet sich ihm keine Gelegenheit. Fähigkeiten<br />

sind Dispositionseigenschaften, die einem Subjekt auch dann<br />

zugeschrieben werden können, wenn es sie nicht aktualisiert.<br />

Allerdings reicht die bloße Anlage zum Zusprechen <strong>der</strong> Fähigkeit<br />

nicht aus. Wenn auch je<strong>der</strong> Klavier spielen könnte, verfügt<br />

_______________<br />

17 Vgl. F. Nietzsche, Götzendämmerung, in: <strong>der</strong>s., Sämtliche Werke. Kritische<br />

Studienausgabe, ed. G. Colli/ M. Montinari, Bd. 6, München 1988, 78.

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