Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Thomas Buchheim<br />
Erkannt, aber nicht aufbewahrt<br />
Die <strong>Person</strong>, die Erfassung des Wahren<br />
und Robert Spaemanns Gottesbeweis<br />
aus dem futurum exactum<br />
„In irgendeinem abgelegenen Winkel des in zahllosen<br />
Sonnensystemen flimmernd ausgegossenen<br />
Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge<br />
Tiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste<br />
und verlogenste Minute <strong>der</strong> ‚Weltgeschichte’:<br />
aber doch nur eine Minute. Nach wenigen Atemzügen<br />
<strong>der</strong> Natur erstarrte das Gestirn, und die klugen<br />
Tiere mußten sterben.“ 1<br />
Robert Spaemanns Gedanke ist, daß die Minute des Erkennens,<br />
von <strong>der</strong> Nietzsche so höhnisch und herablassend spricht, wenn<br />
es wirklich Erkennen ist, doch nicht nur eine Minute, son<strong>der</strong>n<br />
eine Ewigkeit umspannt. Denn nach seiner These ist Erkennen<br />
nur möglich, wenn es, einmal gewonnen, einen Inhalt besitzt,<br />
<strong>der</strong> absolut und für immer festhält, was <strong>der</strong> Fall ist. Wenn es<br />
heute wirklich so ist, daß wir etwas erkennen, dann wird auf<br />
immer wahr sein, was wir erkannt haben. Ist es aber auf immer<br />
wahr, dann auch noch zu <strong>der</strong> Zeit, wenn unser Gestirn erkaltet<br />
ist und wir klugen Tiere ausgestorben. Was aber soll es dann<br />
noch heißen – so fragt Spaemann – daß dies Erkannte wahr, und<br />
es so gewesen und nicht vielmehr nicht gewesen ist? Wo und<br />
wie ist dann noch festgehalten und aufbewahrt, daß ein Unterschied<br />
bestand zwischen dem Sein o<strong>der</strong> Nichtsein des Erkannten?<br />
Es müßte dann entwe<strong>der</strong> nicht mehr wahr sein, daß es so<br />
und nicht an<strong>der</strong>s gewesen ist, wie unsere heutige Erkenntnis es<br />
feststellt; o<strong>der</strong> es muß auch dann noch aufbewahrt sein, was <strong>der</strong><br />
Fall gewesen ist und nur deshalb Inhalt unserer Erkenntnis sein<br />
konnte. Jedoch, daß es irgendwann nicht mehr wahr sein wird<br />
(= erster Ast <strong>der</strong> Alternative), können wir nicht denken, wenn<br />
wir heute etwas wirklich zu erkennen behaupten. Also müssen<br />
_______________<br />
1 F. Nietzsche, Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn, in:<br />
<strong>der</strong>s., Werke, ed. K. Schlechta, Bd. 3, München 1954, 309.