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Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre

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68<br />

Holger Zaborowski<br />

Wenn man nun weiter über dieses Verhältnis nachdenkt,<br />

zeigt sich, warum es sich um ein instabiles „Gleichgewicht“<br />

handelt: Das bloße Denken wird zunächst einmal nie an eine<br />

Grenze und damit auf einen Ruhepunkt stoßen: Je<strong>der</strong> immer<br />

auch notwendige Ausgriff auf etwas, das als „Sein“ die Gegenstände<br />

des bloßen Denkens – d.h. den Bereich <strong>der</strong> bloßen Seinsmeinung<br />

– transzendiert, kann selbst noch einmal als ein bloßer<br />

Gedanke gedeutet werden, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um dann nur als sinnvoll<br />

und nicht-tautologisch erscheint, wenn er unter <strong>der</strong> Voraussetzung<br />

eines ihm transzendenten Seins steht, dessen Annahme<br />

wie<strong>der</strong>um als ein bloßer Gedanke verstanden werden kann. Wir<br />

scheinen uns hier im Unendlichen zu verlieren.<br />

Spaemann verweist darauf, daß Hegel diese Dialektik bzw.<br />

diesen Prozeß zu einem Konstruktionsprinzip <strong>der</strong> Phänomenologie<br />

des Geistes gemacht habe. 30 Was den Erfolg des Hegelschen<br />

Projektes betrifft, scheint Spaemann allerdings kritisch zu sein.<br />

Er hält zwar die Frage offen, ob „die Einholung dieser Präsenz<br />

durch den Gedanken und damit die Aufhebung <strong>der</strong> Differenz<br />

von Seinsmeinung und Sein möglich ist und von Hegel geleistet<br />

wird“, scheint sich aber <strong>der</strong> Kritik Schellings anzuschließen, daß<br />

Hegels Philosophie <strong>der</strong> Dialektik von Seinsgedanke und Seinswirklichkeit<br />

auch nicht entgehe, daß – in an<strong>der</strong>en Worten – auch<br />

bei Hegel ein letztlich instabiles Verhältnis von Reflektion und<br />

Transzendenz vorliege. Das bloße Denken, diejenige Philosophie,<br />

die Schelling eine „negative Philosophie“ genannt hat,<br />

scheint an eine unüberwindbare Grenze zu stoßen.<br />

Das bedeutet nun nicht, daß damit jede Philosophie an ihre<br />

Grenze stoßen würde. Denn ähnlich wie Schelling nimmt Spaemann<br />

an, daß es ein philosophisches Denken gibt, in dem ein<br />

Gleichgewicht zwischen Reflektion und Transzendenz gefunden<br />

werden kann. Schelling hat in diesem Zusammenhang von einer<br />

positiven o<strong>der</strong> geschichtlichen Philosophie gesprochen, <strong>der</strong>en<br />

Ausgangspunkt in <strong>der</strong> nicht transzendental ableitbaren Tat <strong>der</strong><br />

göttlichen Freiheit liegt. 31 Spaemann scheint mutatis mutandis<br />

_______________<br />

30 Vgl. hierzu ebd., 102f.<br />

31 Vgl. hierzu zum Beispiel F. W. J. Schelling, System <strong>der</strong> Weltalter. Münchener<br />

Vorlesung 1828/27 in einer Nachschrift von Ernst von Lausaulx, ed.<br />

Siegbert Peetz, Frankfurt/M. ²1998, 22ff. Zur Ambivalenz <strong>der</strong> Schellingschen<br />

Spätphilosophie vgl. auch H. Zaborowski, Geschichte, Freiheit,<br />

Schöpfung und die Herrlichkeit Gottes. Das ‚System <strong>der</strong> Freiheit’ und die<br />

Ambivalenz <strong>der</strong> Philosophie Schellings, in: <strong>der</strong>s./ A. Denker (eds.), System -<br />

Freiheit – Geschichte. Schellings Einleitung in die Philosophie (1830) im<br />

Kontext seines Werkes (= Schellingiana, 16), Stuttgart 2004, 26-47.

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