Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Robert Spaemann / Hanns-Gregor Nissing<br />
Gelingen und Mißlingen, dem Guten und dem Schlechten. Das<br />
bedeutet: es gibt eine fundamentale Ähnlichkeit zwischen uns<br />
und allem, was lebt. Natur ist nicht nur Objekt unserer Herrschaft,<br />
son<strong>der</strong>n „Mitsein“. Und es scheint mir für die Zukunft<br />
unserer Gattung entscheidend zu sein, daß diese Einsicht wie<strong>der</strong>gewonnen<br />
wird.<br />
Die an<strong>der</strong>e zentrale Einsicht ist das Ende des Denkens. Es ist<br />
die Einsicht: Gott ist. Es gibt das an<strong>der</strong>e Ende des Denkens: die<br />
materialistische Annahme, Denken sei nur ein materieller Prozeß,<br />
und wir seien nicht, für was wir uns halten: wahrheitsfähige,<br />
freie Wesen. Dieses Ende ist Zusammenbruch. Das an<strong>der</strong>e<br />
Ende bedeutet die Gründung des Denkens in unvordenklichem<br />
Licht. Nur diese Gründung rechtfertigt – das hat Nietzsche gesehen<br />
– das Vertrauen in unsere Vernunft. Glaube und Vernunft<br />
sind so wenig Gegensätze, daß vielmehr Vernunft selbst auf<br />
einem Glauben beruht. Descartes hat uns belehrt, daß wir auch<br />
am Evidentesten zweifeln können. Aber sogar <strong>der</strong> Zweifel setzt<br />
Gott voraus. Denn er setzt voraus, daß es einen Wahrheitsraum<br />
gibt, <strong>der</strong> nicht identisch ist mit dem Raum unseres Bewußtseins.<br />
Diesen Raum aber gibt es nur, wenn es Gott gibt. Es muß ja zu<br />
denken geben, daß es heute vor allem die Christgläubigen sind,<br />
die die Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Vernunft verteidigen.<br />
Ich kann nur hoffen, daß ich die beiden Einsichten bei dem<br />
einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Leser o<strong>der</strong> Hörer beför<strong>der</strong>t habe. Vor allem<br />
aber hoffe ich, daß die eventuelle Schwäche meiner Argumente<br />
niemandem Anlaß zum Mißtrauen in die Sache selbst gegeben<br />
haben. Denn die Sache selbst ist wichtiger als die Philosophie.