Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Gezeugt, nicht gemacht 97<br />
schungen in sich bergen. Erst werden Menschen in <strong>der</strong> Sprache<br />
entpersönlicht, diskriminiert und stigmatisiert, dann werden sie<br />
beseitigt. Die Sprache bereitet die blutige Tat vor. Dem Akt <strong>der</strong><br />
sprachlichen Vernichtung folgt die physische. Erst wird die<br />
symbolische Auslöschung vollzogen, dann die wirkliche.<br />
So mündet also die Verteidigung Spaemanns von <strong>Person</strong>,<br />
Subjektivität und Selbstsein als Träger <strong>der</strong> Menschenwürde<br />
schließlich in einen Gedanken von David Wiggins 12, daß <strong>Person</strong>en<br />
alle die Wesen sind, die einer Spezies zugehören, <strong>der</strong>en<br />
normale erwachsene Exemplare die Eigenschaften zeigen, die<br />
typischerweise als Prädikate von <strong>Person</strong>alität aufgefaßt werden.<br />
Falls es überhaupt ein Interesse daran gibt, sich als <strong>Person</strong> zu<br />
verstehen, dann sollten wir uns in diesem Sinne als <strong>Person</strong>en<br />
verstehen und wechselseitig anerkennen und freilassen. Ein<br />
solches <strong>Person</strong>sein, das alle Akte und Eigenschaften fundiert, ist<br />
jedem von Menschen gezeugten Wesen per se zuzusprechen als<br />
die Substanz seines Wesens. Ein solches <strong>Person</strong>sein steht als<br />
Eingriffsgrenze auch allem wissenschaftlichen Interesse entgegen.<br />
Würde ist entsprechend ein Wesensmerkmal, keine Eigenschaft.<br />
Sie konstituiert sich nicht erst durch irgendwelche<br />
Merkmale, Termine o<strong>der</strong> inhaltliche Bedingungen, was ja so viel<br />
hieße, wie <strong>der</strong> Definitionsmacht an<strong>der</strong>er ausgeliefert zu sein und<br />
das zu verlieren, was jenseits dieser Definitionsmacht liegt.<br />
4. Die metaphysisch-theologischen Prämissen <strong>der</strong> Argumentation<br />
Robert Spaemann weist immer wie<strong>der</strong> auf eine Dialektik <strong>der</strong><br />
Aufklärung hin, die dabei sei, ihre Freiheits- und Emanzipationsgeschichte<br />
im naturwüchsigen Schicksal wissenschaftlichtechnischen<br />
Machens zu verspielen. Emanzipation schlüge dann<br />
um in Entfremdung. Dieses Resultat entspräche Nietzsches Gedanken,<br />
daß sich die Aufklärung selbst abschaffen würde, wenn<br />
sie ihr Werk getan hat. 13 Die Aufklärung kann offensichtlich nur<br />
dann vermeiden, sich selbst zu beseitigen, wenn sie sich daran<br />
erinnert, daß sie auf Voraussetzungen ruht, die sie erst möglich<br />
gemacht haben, die ihr vorausliegen und nicht von ihr selbst<br />
produziert werden. Gibt sie diese preis, gibt sie sich selbst preis.<br />
Wir leben, mit Novalis gesprochen, „von <strong>der</strong> Frucht besserer<br />
_______________<br />
12 Vgl. D. Wiggins, Sameness and Substance Renewed, Cambridge 2001.<br />
13 Vgl. F. Nietzsche, Menschliches Allzumenschliches II, in: <strong>der</strong>s., Sämtliche<br />
Werke. Kritische Studienausgabe, ed. G. Colli/ M. Montinari, Bd. 2, München<br />
21988, 654.