Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Gezeugt, nicht gemacht 95<br />
Rationalität statt mit Intentionalität zu erwachsen. <strong>Person</strong>en<br />
zeichnen sich durch Intentionalität aus, ohne rational sein zu<br />
müssen. Wie soll man sich weiterhin grundlegende Erfahrungen<br />
wie die <strong>der</strong> Liebe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Freundschaft ohne <strong>Person</strong>en o<strong>der</strong><br />
ohne kontinuierliche Subjekte denken können? Vielleicht ist in<br />
all diesen Positionen viel zu sehr auf die Perspektive <strong>der</strong> ersten<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> dritten <strong>Person</strong> geschaut, die Ich-Du-Beziehung aber, in<br />
<strong>der</strong> wir die eigentlichen personalen Erfahrungen machen, zu<br />
wenig gewürdigt. Schließlich: Das Argument des Schlafs o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Narkose gilt auch hier wie im obigen Fall.<br />
Wie aber ist die Alternative zu diesen philosophischen Strömungen<br />
zu denken? Wie erläutert Spaemann, wer Träger von<br />
Menschenwürde und Menschenrechten ist? Wer ist „jemand“?<br />
Menschen sind „jemand“. Und sie sind es immer. Von „unbewußt“<br />
zu „bewußt“ gibt es einen gleitenden Übergang, aber<br />
nicht von „etwas“ zu „jemand“. Was soll das heißen? Wie ist das<br />
zu verstehen? Kants Textstelle aus <strong>der</strong> Metaphysik <strong>der</strong> Sitten hat<br />
den Begriff <strong>der</strong> Zeugung in Verbindung mit dem <strong>der</strong> <strong>Person</strong><br />
bereits so ins Spiel gebracht, daß das Argument gegen eine inhaltliche<br />
Definitionsherrschaft plausibel wird. Demnach würde<br />
Menschenwürde nicht durch an<strong>der</strong>e verliehen. Niemand wäre<br />
von <strong>der</strong> Gnade eines an<strong>der</strong>en abhängig; je<strong>der</strong> wäre geborenes,<br />
nicht kooptiertes Mitglied in <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> Menschenwürdesubjekte.<br />
Denn wer Träger von Menschenwürde wäre, wäre klar:<br />
Was immer von Menschen gezeugt ist, ist ein „jemand“. Aber<br />
noch einmal, was spricht dafür? Nun, man könnte sagen: Was<br />
spricht dagegen? Liegt das onus probandi nicht bei denen, die das<br />
Selbstverständliche in Frage stellen? Doch kann man noch ein<br />
Stück weiter verdeutlichen, was gemeint ist.<br />
Das individuelle <strong>Person</strong>sein, das wir von Natur aus sind,<br />
liegt als Disposition vor. Es zeigt sich ja gewöhnlich bei normalen<br />
Erwachsenen in Rationalität, Selbstbewußtsein, Sittlichkeit,<br />
in Vernunft und Freiheit. Aber, ob es sich zeigt, liegt nicht in<br />
unserer Hand. Es kann sich zeigen, aber es muß es nicht. Die<br />
Merkmale des Sich-Zeigens sind nicht konstitutiv für die Menschenwürde.<br />
Können als Disposition läßt sich illustrieren an <strong>der</strong><br />
Fähigkeit, Klavier spielen zu können, auch wenn (aktual) kein<br />
Klavier da ist, an dem ich dieses Können für an<strong>der</strong>e manifest<br />
einlösen könnte. Hier zeigt sich, daß <strong>Person</strong>alität in einem zerbrechlichen<br />
Gefäß lebendig existiert. Wir haben Subjektivität<br />
und Sinn nur in den irdenen Gefäßen des Leibes, <strong>der</strong> Zeit, <strong>der</strong><br />
Geschichte und dem Schicksal ausgeliefert. Die Welt des Zeugens<br />
ist nicht die des Machens. Sie ist durch Anerkennung, Un-