Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Der Künstler, die Unperson 109<br />
lichkeit seines Autors aufgehendes Werk dar – Mozarts Musik<br />
hingegen kennt Momente, die we<strong>der</strong> mit seiner eigenen, noch<br />
mit einer an<strong>der</strong>en menschlichen Persönlichkeit in Deckung zu<br />
bringen sind. Dies Beispiel erklärt nichts, läßt aber ahnen, wo die<br />
Regionen des grundsätzlich Nichtmitteilbaren beginnen.<br />
Die Konsequenz, die Homer aus seiner Überzeugung zog,<br />
nur Sprachrohr <strong>der</strong> Musen zu sein, zeigt, wie ernst es ihm damit<br />
war. Es geht um das Schicksal eines Dichters und Sängers seiner<br />
eigenen Erzählung. Die schlimmen Freier in <strong>der</strong> Odyssee haben<br />
eben nicht einfach nur gepraßt und getrunken, als anspruchsvolle<br />
Aristokraten haben sie sich beim Mahl auch von einem Künstler<br />
unterhalten lassen. Odysseus, <strong>der</strong> Rächer, sieht diesen Sänger<br />
als Mitschuldigen. Er hat den Freiern bei ihrem Frevel die Zeit<br />
nicht lang werden lassen, und er hat mit seinen Auftritten die<br />
Inbesitznahme des Königspalastes auf triumphierende Weise<br />
deutlich gemacht – man denke nur an die Konzertreisen deutscher<br />
Musiker ins während des Zweiten Weltkriegs okkupierte<br />
Ausland. Nun will Odysseus ihn zusammen mit den Freiern<br />
töten. Aber Athene verbietet ihm das: Der Sänger ist ein Bote <strong>der</strong><br />
Götter, sein Gesang ist unwillkürlich und muß erschallen, wann<br />
immer die Götter ihm diesen Gesang eingeben. Der Sänger ist<br />
nicht nur unschuldig, er ist schuldunfähig, <strong>der</strong> Verantwortung<br />
enthoben, er gleicht einem Kind, das etwas nachplappert o<strong>der</strong><br />
einem Geisteskranken, <strong>der</strong> sich seinem Wahn überläßt. War es<br />
diese Überzeugung, die <strong>der</strong> Gestalt des Künstlers in so vielen<br />
kunstliebenden Jahrhun<strong>der</strong>ten immer auch ein wenig Verachtung<br />
einbrachte?<br />
II. Die Akademie –<br />
die Schönheit <strong>der</strong> Unpersönlichkeit<br />
Es wird Zeit, daß die französische Akademie, die École des Beaux-<br />
Arts des 18. und 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts, wie<strong>der</strong> ins Zentrum unserer<br />
Betrachtung rückt. Lange genug war sie Objekt des Gespötts<br />
und <strong>der</strong> Mißbilligung. Die Künstler und Kunstschriftsteller <strong>der</strong><br />
Kunstrevolution des frühen 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts etablierten erfolgreich<br />
das Bild einer ihrem Wesen nach zutiefst kunstfeindlichen<br />
<strong>Institut</strong>ion, die Originalität und Individualität <strong>der</strong> Künstler unterdrückte.<br />
Und verhielt es sich etwa zu den Zeiten ihrer höchsten<br />
Fruchtbarkeit und ihres legendären Glanzes nicht tatsächlich<br />
so? Es lohnt sich, den Prozeß zu rekapitulieren, den ein<br />
junger Künstler zu durchlaufen hatte, wenn er sich um den legendären<br />
Prix de Rome bewarb.