Grundvollzüge der Person - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Holger Zaborowski<br />
Wenn die Philosophie unser Selbstverständnis retten will,<br />
sieht sie sich also verwiesen auf Gott o<strong>der</strong> das Absolute, aber<br />
nicht auf den bloßen Gedanken des Absoluten, wie Hegel annahm,<br />
son<strong>der</strong>n auf die Weise, in <strong>der</strong>, wie Spaemann schreibt,<br />
das Absolute „immer schon präsent und als präsent gewußt ist“,<br />
nämlich in <strong>der</strong> Weise <strong>der</strong> Religion. 35 Die Philosophie bleibt also,<br />
will sie das Verhältnis von Reflektion und Transzendenz in einer<br />
Weise stabilisieren, die Selbstsein in seiner Wirklichkeit bewahrt<br />
und die nicht noch einmal selbst als bloßer Gedanke eingeholt<br />
werden kann, auf die Anerkennung des Absoluten als immer<br />
schon präsent und damit auf Religion angewiesen. Denn, so<br />
Spaemann, „in <strong>der</strong> Religion und nur in <strong>der</strong> Religion“ gebe sich<br />
die Subjektivität „Wirklichkeit, Substanzialität, ohne sich als Subjektivität<br />
durchstreichen zu müssen“ 36. Nur wenn man davon<br />
ausgehe, daß ein selbst als personal gedachter Gott die Subjektivität<br />
des Menschen „gemeint“ habe, so Spaemann zusammenfassend,<br />
lasse sich die naturalistische Auflösung <strong>der</strong> Subjektivität<br />
vermeiden und gleichzeitig ein Gleichgewicht in <strong>der</strong> Dialektik<br />
von Transzendenz und Reflektion finden. 37<br />
Diese Sicht von Wirklichkeit ist nun in keiner Weise theoretisch<br />
zwingend, son<strong>der</strong>n beruht auf <strong>der</strong> freien Anerkennung <strong>der</strong><br />
Wirklichkeit des an<strong>der</strong>en und seiner selbst: „Den An<strong>der</strong>en für<br />
ein wirkliches Selbst und nicht für eine Simulation zu halten,<br />
enthält ein Moment <strong>der</strong> Freiheit.“ 38 Es handelt sich somit um<br />
einen Freiheitsakt, <strong>der</strong> es – in einem unaufhebbaren Zirkel –<br />
gleichzeitig erlaubt, Freiheit – als „Haben“ unserer Natur – allererst<br />
zu verstehen. 39 Denn es sei, so Spaemann weiter, nur die<br />
Religion, die „Natur im ganzen nicht als ein unhintergehbares<br />
Letztes, son<strong>der</strong>n als ein [scil. in Freiheit, H.Z.] ‚Gehabtes’ versteht,<br />
als Schöpfung, aus <strong>der</strong>en teleologischen Strukturen für<br />
den Menschen <strong>der</strong> Wille des Schöpfers ablesbar ist“ 40. Damit<br />
zeigt sich, daß Religion nicht nur selbst ein Freiheitsgeschehen<br />
ist, son<strong>der</strong>n aufgrund <strong>der</strong> Präsenz Gottes als des Schöpfers in<br />
<strong>der</strong> Religion allererst wirkliche Freiheitsgeschehen ermög-<br />
_______________<br />
35 Ebd., 103. Für Spaemann gibt es also nicht – wie für Habermas – eine<br />
mögliche Position zwischen Naturalismus und Religion, son<strong>der</strong>n nur die<br />
Entscheidung zwischen Naturalismus und Religion.<br />
36 Ebd., 103.<br />
37 Vgl. ebd., 103f.<br />
38 Ebd., 87.<br />
39 Vgl. hierzu auch ebd., 107.<br />
40 Ebd., 105.