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SOCIETY 371 / 2017

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RUSSLAND<br />

LÄNDERPORTRÄT<br />

Seit einigen Jahrzehnten (seit der „Perestroika“)<br />

ist die freie Ausübung von<br />

Religion in Russland möglich. Daher ist<br />

der Vielvölkerstaat ein Land mit vielen<br />

Konfessionen – es gibt die russisch-orthodoxe<br />

Kirche, den Katholizismus und<br />

Protestantismus, den Islam, das Judentum, den<br />

Buddhismus und viele andere. Eine große Rolle<br />

spielt auch der Atheismus. Laut Umfragen glauben<br />

fast 30 Prozent der Einwohner nicht an Gott bzw.<br />

sehen sich als konfessionslos an.<br />

•<br />

Feste/Traditionen<br />

Russland ist stark von Traditionen und Festen geprägt.<br />

Auch der Alltag der modernen Gesellschaft<br />

ist noch von Bräuchen durchzogen: So wird einer<br />

Person nie die Hand über eine Türschwelle gegeben,<br />

da diese Geste Unglück bringen soll.<br />

Gefeiert wird in Russland sehr gern und zu<br />

jedem sich bietenden Anlass. Zu einem der wichtigsten<br />

Feste gehört „die endlos lange Silvesternacht“.<br />

Da zu Sowjetzeiten die Geburt Christi<br />

nicht gefeiert werden durfte, wurde das Neujahr<br />

zum stärker frequentierten Fest. Auf den Tisch<br />

kommen traditionelle Gerichte wie der Salat<br />

„Olivier“ und die Speise „Hering im Pelzmantel“.<br />

Bevor das neue Jahr empfangen wird, muss das<br />

alte noch „begleitet“ werden. Dafür wird die erste<br />

Flasche Sekt getrunken. Kurz vor Mitternacht<br />

hält der russische Präsident seine traditionelle<br />

Neujahrsansprache, die live im Fernsehen übertragen<br />

wird. Danach kommt die berühmte Uhr<br />

am Spasskaja-Kremlturm ins Bild. Zu diesem<br />

Zeitpunkt wird der Empfangssekt geöffnet und<br />

während der zwölf Schläge bis Mitternacht muss<br />

dieser auf die gesamten Gläser aufgeteilt sein,<br />

damit zu Neujahrsbeginn zur russischen Hymne<br />

angestoßen werden kann. Die traditionellen russischen<br />

Bräuche finden sich jedoch am stärksten<br />

im Masleniza-Fest wieder. Der Begriff „Masleniza“<br />

wird meist als „Butterwoche“ übersetzt. Das Fest<br />

hat viel mit Karneval und Fasching gemein und<br />

wird sieben Wochen vor Ostern gefeiert. Es war<br />

stets ein freudiges Fest, bei dem sich die russische<br />

Seele richtig austobte. Obwohl die Grundstruktur<br />

erhalten blieb, wird es heute etwas verhaltener<br />

gefeiert. Es dauert eine Woche, und jeder Tag hat<br />

dabei seine eigenen Traditionen und Bezeichnungen.<br />

Der letzte Tag des Festes heißt „Sonntag der<br />

Verzeihung“, an dem jeder seine Verwandten und<br />

Bekannten um Verzeihung bittet, um von den<br />

begangenen Sünden gereinigt zu werden. Zur<br />

Verabschiedung des Festes wird eine Strohpuppe,<br />

welche den Winter verkörpert, verbrannt.<br />

•<br />

Literatur und Musik<br />

Vor der Gründung der „Kulturhauptstadt“ St.<br />

Petersburg stand die geistliche Literatur im Vordergrund.<br />

Im Laufe des 18. Jahrhunderts fand<br />

die weltliche russische Literatur immer mehr Anerkennung<br />

und hatte im Jahrhundert darauf ihren<br />

Höhepunkt. Nach Abschaffung von jeglichen<br />

Zensuren und Restriktionen entwickelte sich die<br />

russische Literatur zu Beginn des 21. Jahrhunderts<br />

bunt und teilweise expressiv. Die moderne russische<br />

Literatursprache wurde besonders durch<br />

Alexander Puschkins Gedichte, Erzählungen und<br />

Dramen geprägt. Er gilt in Russland als „Heiliger“<br />

und wird dementsprechend verehrt. Im Alter von<br />

37 Jahren starb er bei einem Duell, das aus Eifersucht<br />

geführt wurde. Er war schon bei seinem Tod<br />

ein Mythos und ist es bis heute geblieben.<br />

Russland ist ebenfalls ein Land der Musik.<br />

Bei Festen ist es üblich, dass viel gesungen wird.<br />

Dabei wird oft auf Volkslieder, bei der jüngeren<br />

Generation aber auch auf Rock zurückgegriffen.<br />

Meist verbindet man die russische Musik mit<br />

Ballett und Opern. Tschaikowskis „Nussknacker“<br />

und „Schwanensee“ sowie prachtvolle Opern- und<br />

Ballettaufführungen im Bolschoi-Theater gehören<br />

zur klassischen Musikkultur. Doch auch die<br />

Rockmusik ist sehr beliebt. Die Zeiten, in denen<br />

die Künstler des Rock still und heimlich auftreten<br />

mussten, sind längst vorbei und mittlerweile gehört<br />

auch diese Musikrichtung zu den Klassikern.<br />

•<br />

Russlands Küche<br />

Die russische Küche ist sehr fleischhaltig, denn<br />

nach allgemeiner Meinung gehören zu einer richtigen<br />

Mahlzeit Fleisch und Fisch, was auch immer<br />

gerne auf das harte Klima und den langen saisonalen<br />

Mangel an Gemüse zurückgeführt wird.<br />

Das Nationalgetränk der Russen ist – nicht wie<br />

oft angenommen wird – Wodka, sondern Tee. Der<br />

schwarze Tee scheint der ständige Begleiter des<br />

russischen Alltags zu sein. Zu Tisch in größerer<br />

Runde wird in der Regel ein kleines Kännchen mit<br />

stark konzentriertem Teesud serviert, der dann<br />

nach Wunsch mit mehr oder weniger kochend<br />

heißem Wasser gestreckt wird. Meist wird der Tee<br />

mit viel Zucker und ohne Milch getrunken. Der<br />

Samowar, ein ursprünglich mit glühender Kohle,<br />

später dann elektrisch beheizter Teekocher, ist bis<br />

heute ein nationales Symbol, findet aber nur noch<br />

bei den wenigsten Gebrauch.<br />

Bis heute gelten Suppen in Russland als vollwertige<br />

Speisen und nicht als Appetitanreger vor<br />

dem Hauptgang. Entsprechend sind die Portionen<br />

auch größer. Eine große Portion „Soljanka“, eines<br />

der beliebtesten Gerichte der russischen Küche,<br />

die von ihrem sauer-salzig-scharfem Geschmack<br />

gezeichnet ist und traditionell im Steinguttopf<br />

serviert wird, macht sehr gut alleine satt. Sie<br />

enthält mehrere Fleischsorten und wichtiger Bestandteil<br />

sind Salzgurken oder Salzpilze. Für die<br />

Zubereitung werden Zwiebeln abgebraten und<br />

mit Gewürzgurken und Tomatenpaste vermischt.<br />

Danach wird die Fleischbrühe mit den Zwiebeln,<br />

den Gewürzgurken, klein geschnittenen<br />

Fleischwürfeln, Gewürzgurkenflüssigkeit, Pfefferkörnern<br />

und einem Lorbeerblatt gekocht. Serviert<br />

wird die Suppe mit einem Stück Zitrone, frischen<br />

Kräutern und saurer Sahne.<br />

FACTS IN<br />

BRIEF<br />

Ländername: Russische<br />

Föderation<br />

Einwohner: 142,9 Mio.<br />

Fläche: 17.075.400 km 2<br />

Lage: Nordosten von Eurasien<br />

Geografie: Küstenlänge:<br />

37.653 km , geprägt von Berglandschaften,<br />

Seen und Flüssen.<br />

Das Gebirge Ural erstreckt<br />

sich durch den Westen und<br />

bildet einen Teil der asiatischeuropäischen<br />

Grenze<br />

Klima: 4 Klimazonen: arktische<br />

Zone, subarktische Zone,<br />

gemäßigte Zone, subtropische<br />

Zone<br />

Bevölkerung: letzte Zählung<br />

2010: 142.856.536 Einw. – 80%<br />

Russen, 4%Tataren, 2% Ukrainer,<br />

außerdem: Baschkiren,<br />

Tschuwaschen, Tschetschenen,<br />

Armenier, Mordwinen, Weißrussen,<br />

Deutsche u.a.<br />

Sprachen: Russisch, Minderheitensprachen:<br />

Tatarisch,<br />

Deutsch, Ukrainisch, Tschuwaschisch,<br />

Baschkirisch, u.a.<br />

Religion: 70% Orthodoxe, 14%<br />

Muslime, 1,4% Protestanten,<br />

0,6 % Katholiken, 0,5% Juden,<br />

Minderheiten von Buddhisten<br />

u.a., Anhänger indigener<br />

Religionen<br />

Nationalfeiertag: 12. Juni<br />

(Unabhängigkeitstag)<br />

Währung: 1 Rubel (Rbl) = 100<br />

Kopeken<br />

Staatsform: Präsidialrepublik<br />

– Verfassung von 1993<br />

Staatsoberhaupt und<br />

Regierung: Staatspräsident:<br />

Wladimir Putin (seit 2012)<br />

und Regierungschef Dmitri<br />

Medwedew (seit 2012)<br />

Mitglied in internationalen<br />

Organisationen: UNO, OSZE,<br />

SCO, BSEC, EurAsWG, OVKS<br />

AUS DER<br />

GESCHICHTE<br />

1450 – 1505: Gründung des<br />

russischen Einheitsstaates<br />

durch Iwan III.<br />

1547: Krönung Iwan IV. zum<br />

Zaren von Russland<br />

1703: Gründung von St.<br />

Petersburg<br />

1729 – 1796: Regentschaft<br />

Katharina die Große<br />

1812: Napoleon überfällt<br />

Russland<br />

1917: demokratische/sozialistische<br />

Revolution<br />

1924 – 1953: Stalin-Diktatur<br />

1941: Ausbruch des „Großen<br />

Vaterländischen Krieges“<br />

1945: Sieg der UdSSR über<br />

den Hitlerfaschismus<br />

1986 – 1991: Michail Gorbatschow<br />

leitet demokratische<br />

Freiheiten ein<br />

1991 – 1999: Jelzin führt<br />

Marktwirtschaft und Präsidialdemokratie<br />

ein<br />

1999 – 2012: Regierung Putin<br />

und Medwedew<br />

<strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2017</strong> | 39

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