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SOCIETY 371 / 2017

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IRAN<br />

HOMESTORY<br />

Residenz der Islamischen<br />

Republik Iran in Wien – die<br />

ehemalige „Villa Blaimschein“<br />

Die „Villa Blaimschein“ –<br />

Geburtsort der 2. Republik<br />

Die Residenz der Islamischen Republik Iran in Wien – eine<br />

repräsentative Villa an der Wiener Lainzer Straße.<br />

1875 vom Architekten Wilhelm<br />

Stiassny entworfen, wurde das<br />

einstöckige Gebäude vom Hietzinger<br />

Stadtbaumeister Josef<br />

Wenz erbaut. Hietzing gehörte<br />

zu dieser Zeit noch nicht zu Wien, aber<br />

die Nähe zu Schloss Schönbrunn zog das<br />

noble Bürgertum an. Vis-à-vis zur „Villa<br />

Blaimschein“ stand am Hang die komfortable<br />

Villa des kaiserlichen Leibarztes<br />

Dr. Josef Malfatti, Edler von Montereggio<br />

(1775-1859) und seiner Nachfahren. Ein<br />

Ort, der aufgrund seiner rauschenden<br />

Gartenfeste in den Zeitungen Erwähnung<br />

fand. Seit 27. Oktober 1883 zuckelte die<br />

Dampftramway auf ihrem Weg nach Mödling<br />

vorbei, in etwa dort, wo lange Zeit die<br />

Linie 60 ihre Haltestelle hatte. Noch kam<br />

der Lainzerbach aus dem „Promenadeweg“<br />

geflossen, querte Höhe Gloriettegasse<br />

die Lainzer Straße und strebte Richtung<br />

Wiental, bis er 1896 eingedeckt wurde.<br />

Im Jahr 1900 erwarb Carl Blaimschein<br />

das Gebäude. Mit ihm tritt auch der, in<br />

der Literatur bekannte, Namensgeber<br />

für dieses Haus – „Villa Blaimschein“ –<br />

auf den Plan. Carl Blaimschein, 1853 in<br />

Oberösterreich geboren, ist ein Beispiel<br />

für den Aufstieg eines kleinen Detailkaufmannes<br />

zum Großindustriellen in der<br />

Fett- und Ziegelindustrie. 1911 starb Carl<br />

Blaimscheins Frau Berta 46-jährig, auch<br />

sein Sohn Paul starb mit nur 21 Jahren.<br />

Der 58-jährige Carl Blaimschein heiratete<br />

nochmals: Maria Magdalena Bittner. Aus<br />

dieser Ehe entsprang der Sohn Dr. Carl<br />

Blaimschein. Carl Blaimschein Senior<br />

starb am 21. Mai 1933 und wurde am Hietzinger<br />

Friedhof begraben. Maria Magdalena<br />

Blaimschein führte das Unternehmen<br />

weiter, aber wirtschaftliche Schwierigkeiten<br />

veranlassten die Witwe, das Unternehmen<br />

am 11. November 1937 an die Nussdorfer<br />

Brauerei-Familie Bachofen-Echt zu<br />

verkaufen. 1964 übernahm die Familie<br />

Unilever das Margarine-Geschäft. Die Literatur<br />

erwähnte immer wieder die Enteignung<br />

des Hauses nach dem Anschluss<br />

1938. Ein Blick in Lehmanns Adressbuch<br />

zeigt jedoch, dass Maria Magdalena Blaimschein<br />

in der Lainzerstraße 28, wie die offizielle<br />

Adresse hieß, weiterhin gemeldet<br />

war, ab 1942 allerdings als Irma Kretschmer<br />

– sie hat mittlerweile den Apotheker<br />

Josef Kretschmer geheiratet. Die Namensänderung<br />

durch Heirat und die Tatsache,<br />

dass mit Henning von Thadden ein hoher<br />

Wehrmachtsoffizier ab 1940 an dieser Adresse<br />

gemeldet war, ließ wohl eine Enteignung<br />

vermuten. Am 29. März überschritt<br />

Fotos: <strong>SOCIETY</strong>/Pobaschnig, richard schmögner<br />

60 | <strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2017</strong>

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