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SOCIETY 371 / 2017

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IRAN<br />

INTERVIEW<br />

Besuche von Bürgermeister Häupl sowie der Landeshauptleute<br />

Haslauer und Pühringer nennen.<br />

Die größte Herausforderung betraf den Konsularbereich,<br />

insbesondere Migrationsfragen. Im<br />

Iran leben mehr als drei Millionen Afghanen, von<br />

denen viele nach Europa migrieren wollen.<br />

Haben Sie, seit Ihrem Antritt im September<br />

2013, wesentliche Veränderungen in der iranischen<br />

Gesellschaft beobachtet?<br />

Gesellschaftliche Veränderungen kann man<br />

nur über einen langen Zeitraum beobachten. Im<br />

Kulturbereich konnten wir mehr Projekte als vorher<br />

umsetzen. Viele iranische Kulturschaffende<br />

besuchten Österreich. Ein vom österreichischen<br />

Kulturforum initiiertes „Artist-in-residence“-<br />

Programm ist ein großer Erfolg. Die meisten österreichischen<br />

Künstler, die im Rahmen dieses<br />

Programms einen Monat im Iran verbringen,<br />

möchten wiederkommen. Sie können in dieser<br />

Zeit viele künstlerische Kontakte und Freundschaften<br />

knüpfen. Die jungen Iranerinnen und<br />

Iraner sind sehr an ausländischer Kultur interessiert.<br />

Durch das Wegfallen eines Großteils der<br />

Sanktionen gegen den Iran ergaben sich neue<br />

Geschäftschancen für westliche Unternehmen<br />

– in welchen ökonomischen Bereichen wurden<br />

Unternehmer aus Österreich aktiv?<br />

Der Iran ist ein sehr großes Land mit 80 Millionen<br />

Einwohnern, von denen viele sehr gut ausgebildet<br />

sind. Insbesondere nach Aufhebung der<br />

Sanktionen gibt es einen großen Aufholbedarf.<br />

Der Iran braucht zur Erneuerung seiner Industrie<br />

einen modernen Anlagen- und Maschinenpark<br />

sowie technisches Know-how. Österreich ist<br />

seit den 1950er-Jahren mit dem iranischen Markt<br />

vertraut. Seine Maschinen und Exportprodukte<br />

werden im Iran geschätzt. Die österreichische<br />

Exportwirtschaft ist vor allem in den Bereichen<br />

Pharmazeutika, Autoproduktion, Petrochemie,<br />

Bergbau, Landwirtschaft, Umwelt, Wasser und<br />

kommunale Infrastruktur aktiv.<br />

Das Förderprogramm „Impulse Iran Austria“,<br />

das dieses Frühjahr ausgeschrieben wurde, hat<br />

sich die bilaterale Wissenschaftskooperation<br />

zum Ziel gesetzt. Anhand dieses Programms<br />

sollen strategische Partnerschaften im Hochschul-<br />

und Forschungswesen ausgebaut werden.<br />

Welche Projekte der iranisch-österreichischen<br />

Zusammenarbeit gab es bis dato im wissenschaftlichen<br />

Bereich? Welche Chancen sehen<br />

Sie in dieser neuen Kooperation?<br />

Die Beziehungen zwischen Österreich und<br />

dem Iran gehen 500 Jahre zurück bis in die Safawiden<br />

Dynastie. Besonders seit Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts hat es eine starke österreichische<br />

wissenschaftliche Präsenz im Iran gegeben. Ich<br />

möchte in diesem Zusammenhang den bekannten<br />

Arzt Dr. Jakob Eduard Pollak, der die westliche<br />

Medizin im Iran bekannt machte, aber auch<br />

»Österreich ist<br />

seit den 1950er<br />

Jahren mit<br />

dem iranischen<br />

Markt vertraut.<br />

«<br />

Friedrich<br />

Stift<br />

CURRICULUM<br />

VITAE<br />

Dr. Friedrich Stift, M.A.<br />

wurde am 30. Mai 1961<br />

geboren, und ist seit<br />

September 2013 Österreichischer<br />

Botschafter in<br />

der Islamischen Republik<br />

Iran. Zuletzt war Stift<br />

ab 2009 als Leiter der<br />

Abteilung für den Mittleren<br />

und Nahen Osten und seit<br />

2012 auch als stellvertretender<br />

Politischer Direktor<br />

im Außenministerium<br />

tätig. Botschafter Stift trat<br />

nach einem Studium der<br />

Rechtswissenschaften in<br />

Wien und einem Postgraduate-Studium<br />

an der Johns<br />

Hopkins Universität in<br />

Bologna und Washington<br />

1989 ins Außenministerium<br />

ein. Neben Posten in<br />

Washington (1992-1995)<br />

und Riad (1995-1999) war<br />

er im Außenministerium in<br />

der Presseabteilung und im<br />

Büro des Generalsekretärs<br />

tätig. Von 2002 bis 2004<br />

war er stellvertretender<br />

Missionschef an der Österreichischen<br />

Botschaft<br />

Peking und von 2004 bis<br />

2008 Österreichischer<br />

Botschafter im Königreich<br />

Saudi Arabien.<br />

Ingenieure, Botaniker und Kartographen nennen.<br />

Iranische Studenten haben insbesondere seit<br />

den 1950er Jahren in Österreich studiert, und<br />

sich im Anschluss an ihr Studium auch oft dort<br />

niedergelassen. In den letzten Jahren hat sich die<br />

Zusammenarbeit zwischen unseren Universitäten<br />

intensiviert. Mit dem „Impulse Iran Austria“<br />

- Programm sollen nun gemeinsame Curricula,<br />

Trainings- und Fortbildungsmaßnahmen für<br />

Wissenschaftler/innen, gemeinsame Forschungsund<br />

Mobilitätsprojekte zwischen Universitäten,<br />

Hochschulen und Forschungseinrichtungen unterstützt<br />

werden, was zu einer weiteren Vertiefung<br />

unseres wissenschaftlichen Austausches<br />

führen wird.<br />

Wie viele österreichische Staatsbürger leben<br />

im Iran? Gibt es ein bestehendes Community<br />

Netzwerk?<br />

Im Iran leben ca. 430 österreichische Staatsangehörige,<br />

von denen der Großteil iranische Wurzeln<br />

hat. Es gibt regelmäßige Auslandsösterreichertreffen<br />

in Teheran.<br />

Was gefällt Ihnen an der iranischen Kultur<br />

am besten?<br />

Der Iran ist ein Land mit einer alten Kultur<br />

und Zivilisation. Ich bin sehr vom Kunsthandwerk<br />

fasziniert. Die Iraner haben ein sehr hohes<br />

Niveau an Kunstfertigkeit insbesondere in den<br />

Bereichen Metallarbeiten, Emailmalerei, Keramik<br />

und Textilien (Seidengewebe und Teppiche).<br />

Mit großem Interesse habe ich auch das iranische<br />

Filmschaffen verfolgt und die iranische Liebe zu<br />

Poesie, Musik und Theater bewundert.<br />

Die Iraner haben auch einen großen Einfluss<br />

auf die Gartengestaltung ausgeübt. Einige besonders<br />

schöne Gärten sind erhalten geblieben.<br />

Beeindruckt war ich vor allem davon, wie man<br />

es schafft, mitten in der Wüste blühende Gärten<br />

anzulegen. Das Wort Paradies kommt ursprünglich<br />

aus dem Persischen und bezog sich auf von<br />

Mauern geschützte Ziergärten königlicher Residenzen.<br />

In welchem Land werden Sie nun zukünftig<br />

als Österreichischer Botschafter tätig sein? Mit<br />

welchen Erwartungen treten Sie diese neue berufliche<br />

Tätigkeit an?<br />

Ich werde ab Mitte Juli <strong>2017</strong> in China sein. Ich<br />

war schon einmal an der österreichischen Botschaft<br />

in Peking tätig und werde daher in ein mir<br />

vertrautes Land zurückkehren. China hat sich<br />

seit 2004, dem Jahr, als ich Peking verließ, wirtschaftlich<br />

rasant weiterentwickelt. Es ist zum<br />

Wachstumsmotor der Weltwirtschaft geworden.<br />

Für Österreich sind die Beziehungen zu China, einem<br />

ständigen Mitglied des Sicherheitsrates der<br />

Vereinten Nationen und eines der bevölkerungsreichsten<br />

Länder der Erde, von großer Wichtigkeit.<br />

Ich freue mich auf diese erneute Zusammenarbeit.<br />

•<br />

<strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2017</strong> | 63

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