LÄUFT. März/April 2019

» Bei einem lauffreudigen Hund haben
selbst gut trainierte Sportler nach dem
ersten Mal ordentlich Muskelkater «
↦ dass man Canicross wirklich genießen
kann. „Wenn das Tier einen kennt
und einem vertraut, dann macht es
für beide Seiten einfach mehr Spaß“,
sagt er. Zwar könne man durchaus
auch mit einem fremden Hund laufen,
so wie ich es getan habe, doch mit
dem eigenen Hund ist das Tempo
noch einmal höher und die Gefahr
geringer, dass es auf der Strecke zu
einem Missverständnis kommt.
OHNE KOMMANDOS GEHT
NICHTS
Ohnehin müssen beide Seiten vor dem
Rennen erst einmal die wichtigsten
Kommandos lernen. Sie stammen aus
dem Schlittenhundesport und sind
weltweit identisch. Zum ABC des
„Musherlateins“ – benannt nach dem
Fachausdruck für einen Schlittenhundeführer
– zählen „Gee“ für Rechts
und „Haw“ für Links, außerdem
„Easy“ für Langsamer und „Ahead“
für Weiter geradeaus.
Dabei sind es längst nicht nur Huskys
als die typischen Schlittenhunde, die
für Canicross geeignet sind. Als die
Kenianer unter den Hunden gelten
vor allem Skandinavische Hounds,
manchmal auch als Europäische
Schlittenhunde bekannt – ein extrem
lauffreudiges Exemplar und ein echtes
Muskelpaket. „Laufen kann man aber
grundsätzlich mit jedem Hund“, sagt
Alexander Herrmann, selbst mit einem
Mops oder einem Pinscher. Das einzige
Problem sei, dass es für die kleineren
Rassen nicht allzu viele Geschirre gibt,
die ihnen passen. Zwar seien neun von
zehn Hunden in Deutschland heutzutage
darauf gedrillt, eben nicht anderen
Hunden hinterherzujagen und ihrem
Herrchen oder Frauchen nicht von
der Seite zu weichen. „Aber wenn sie
erst einmal begriffen haben, dass sie
beim Canicross genau das sollen, dann
gewöhnen sich die meisten Hunde sehr
schnell daran.“ Wenn der Hund allerdings
partout keine Lust darauf habe,
sollte man ihn nicht dazu zwingen:
„Das Tier muss es selbst auch wollen“,
so Herrmann.
Nicht alle Hunde akzeptieren allerdings
das Geschirr auf ihrem Rücken,
auch wenn dieses so konzipiert ist,
dass sich die Tiere beim Ziehen nicht
verletzen. Knapp 70 Euro kostet ein
gutes Modell, es gibt sie aber auch
schon günstiger. Zur Ausrüstung
zählen ferner ein spezieller Gurt, den
sich der Läufer umschnallt und an dem
auch der Paniksnap befestigt ist, sowie
eine sogenannte Leine, die den Zug des
Hundes etwas abschwächt. Herrmann
empfiehlt eine möglichst kurze Leine,
die dafür auf der gesamten Länge
dämpft, damit diese bei niedrigerem
Tempo nicht etwa auf dem Boden
schleift und sie womöglich an einer
Wurzel hängenbleibt. Insgesamt belaufen
sich die Kosten für das Equipment
auf 100 bis 200 Euro. Wer noch keine
Trailschuhe besitzt, sollte sich zusätzlich
welche anschaffen, damit die Füße
auch bei hohen Geschwindigkeiten im
unebenen Gelände einen sicheren Halt
finden.
MUSKELN WERDEN ANDERS
BEANSPRUCHT ALS BEIM LAU-
FEN OHNE HUND
Doch nicht nur die Hunde müssen
sich beim Canicross umstellen –
gleiches gilt auch für den Läufer.
Besonders die größeren Schritte,
gepaart mit längeren Flugphasen,
beanspruchen die Muskulatur stark.
Weil man zudem weniger beschleunigen
als vielmehr den Zug des Hundes
abbremsen muss, werden ganz andere
Muskeln beansprucht als beim normalen
Laufen. „Bei einem lauffreudigen
Hund haben selbst gut trainierte
Sportler nach dem ersten Mal ordentlich
Muskelkater“, sagt Alexander
Herrmann. Mir reichte schon die
kurze Schnupperrunde mit Masou,
um am nächsten Morgen mit schweren
Beinen aus dem Bett zu steigen.
Trotzdem machen sogar schon Kinder
diesen Sport. So ist Josephine, die
Tochter von Alexander Herrmann, in
die Fußstapfen ihres Vaters getreten
und längst zur begeisterten Canicrosserin
geworden. Bereits dreimal war
sie mit ihrer Sibirian-Husky-Hündin
Amy deutsche Meisterin in der Kinderklasse
der Zehn- bis 14-Jährigen
über zweimal 3,2 Kilometer. Auch die
erst acht Jahre alte Helena Heiduk
ist mit großer Freude bei der Sache,
seit sie mit ihrem Hund Lipton gleich
bei ihrem ersten Start Zweite wurde.
„Canicross macht mir richtig Spaß“,
meint das Mädchen.
RUND 1500 CANICROSSER
IN DEUTSCHLAND
So wie sie denken immer mehr Menschen
in Deutschland. Canicross ist im
Kommen – inzwischen gibt es bundesweit
über 1500 aktive Sportler, die im
Verband Deutscher Schlittenhundesportvereine
(VDSV) organisiert sind.
Auffällig viele Frauen sind darunter,
was Sophie Heiduk, die Mutter
von Helena, allerdings nicht weiter
wundert. „Frauen sind gegenüber dem
Hund durchsetzungsfähiger. Das ist
wie mit den Kindern.“
Noch populärer ist die Sportart allerdings
in Tschechien, den Niederlanden
und vor allem in Belgien, wo es laut
Alexander Herrmann „in jedem noch
so kleinen Kaff“ einen Zughundesportler
gibt. Doch auch in Deutschland
nimmt die Zahl der Sportler weiter
zu, genau wie das Wettkampfangebot.
Canicross-Wettbewerbe werden
hierzulande meist über die Sprintdistanz
ausgetragen, mit Streckenlängen
zwischen fünf und sieben Kilometern;
seltener sind Mittel- und Langdistanz-
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