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Gutachten von Prof. Dr. Astrid Lorenz, Prof. Dr - Landtag ...

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<strong>Astrid</strong> <strong>Lorenz</strong> – Andreas Anter – Werner Reutter - 20 -<br />

Vergleich zu den anderen Wahlen 1990 wesentlich schlechter abgeschnitten hatte,<br />

dennoch bis auf Sachsen überall zur Koalitionspartnerin in den Regierungen.<br />

Der Systemkonflikt war außerdem der strukturelle Grund dafür, dass die Landesregie-<br />

rungen im Osten Deutschlands nicht immer – wie ansonsten üblich und favorisiert –<br />

minimale Gewinnkoalitionen waren, d.h. Koalitionen, die gerade so wenige Partner mit<br />

gerade so viele Mandatsanteilen umfassten, dass sie über eine möglichst knappe, aber<br />

eindeutige absolute Mehrheit verfügten. 71 Eine solche Koalition hätte in mehreren Län-<br />

dern mit den Bürgerbewegungen eingegangen werden können, die jedoch häufig eine<br />

Koalition mit ehemaligen Systemträgern ablehnten. So war Günter Nooke, Mitbegrün-<br />

der und Vorstandsmitglied im DA (und heute CDU-Mitglied), aus Protest aus der Partei<br />

ausgetreten, als im Frühjahr 1990 diese mit der CDU in der „Allianz für Deutschland“<br />

koalierte, weil „auch die Block-CDU zu DDR-Zeiten an Unterdrückung und Bespitze-<br />

lung beteiligt gewesen [war]“ und ihre Mitglieder auch Bürgerrechtler „zum Teil ausge-<br />

horcht“ hätten. 72<br />

Letztlich wählten CDU und SPD zumeist die in der alten Bundesrepublik praktizierte<br />

Koalition mit der FDP, in Brandenburg ergänzt durch die Bürgerbewegungen („Ampel-<br />

koalition“). Nur in Sachsen regierte eine Partei, die CDU, mit deutlichem Vorsprung<br />

allein.<br />

Diese strukturellen Besonderheiten der ostdeutschen Landesparlamente sind insofern<br />

relevant, als mit der Zahl der für die Entscheidungsfindung notwendigen Partner und<br />

der Entfernung der Mehrheitsverhältnisse <strong>von</strong> einer knappen Mehrheit nach oben und<br />

nach unten üblicherweise der Kompromissbedarf zu- und die Verlässlichkeit der Unter-<br />

stützung/Geschlossenheit innerhalb der Fraktionen abnimmt. 73<br />

Als weitere Option für die so wichtige Phase der Neugründung einer Demokratie wäre<br />

die Bildung einer Großen Koalition denkbar gewesen, wie sie <strong>von</strong> der CDU unter Lo-<br />

thar de Maizière zuletzt in der DDR gebildet worden war. So hätte man gleich für alle<br />

Schlüsselentscheidungen einschließlich Verfassungsgebung eine gleichbleibende Koa-<br />

lition bilden können. Diese Option wurde jedoch nirgends genutzt.<br />

Vergleicht man die Kräftekonstellation in Brandenburg in der ersten Legislaturperiode<br />

mit den anderen Ländern, so ergab sich hier der größte strukturelle Bedarf eines Inte-<br />

ressenausgleichs. In Sachsen konnte die CDU politische Entscheidungen bequem al-<br />

71 Für einen Überblick über Koalitionstheorien siehe Schniewind 2008: 117 ff.<br />

72 Nooke 2010: 20.<br />

73 Laver/Schofield 1990: 150ff.

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