Ausgezeichnet! Seiten 94 – 103 Artist in Residence 2009/2010: Susanna Yoko Henkel Musikpreis der Stadt Duisburg 2009: Alfred Brendel In Verbindung mit der Köhler-Osbahr-Stiftung Meisterkurs 2009/2010: Vadim Gluzman In Verbindung mit der Folkwang Hochschule Foto: Hafenspaziergänge, Vinchekanal Ausgezeichnet!
Artist in Residence 2009/2010: Susanna Yoko Henkel Violine Das Projekt „Artist in Residence“ wird gefördert von An ein Leben ohne Geige kann sie sich gar nicht mehr erinnern. Bereits seit ihrem zweiten Lebensjahr erhielt Susanna Yoko Henkel Violinunterricht bei ihrer Mutter. Mit 12 Jahren wurde die deutschjapanische Geigerin an der Musikhochschule Freiburg aufgenommen; später wechselte sie zur großen Violinpädagogin Ana Chumachenco nach München. Susanna Yoko Henkel gewann bereits in ihrer Studienzeit bedeutenden Preise bei internationalen Wettbewerben und zählt heute zu den führenden Geigerinnen der jüngeren Generation. Als „Artist in Residence“ der <strong>Duisburger</strong> <strong>Philharmoniker</strong> ist sie in der Spielzeit 2009 / 2010 auf vielfältige Weise im Einsatz. Foto: Dalio Despot „Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich auf der Bühne stehe.“ Interview mit Susanna Yoko Henkel, „Artist in Residence“ der <strong>Duisburger</strong> <strong>Philharmoniker</strong> Frau Henkel, als „Artist in Residence“ werden Sie gemeinsam mit den <strong>Duisburger</strong> <strong>Philharmoniker</strong>n das Violinkonzert von Peter Tschaikowsky spielen, eines der brillantesten, aber auch technisch schwierigsten romantischen Virtuosenkonzerte. Seit wann befassen Sie sich mit dem Stück? Susanna Yoko Henkel: Schon sehr lange – das ist eines der Stücke, die einen Geiger sein ganzes Leben lang begleiten. Das Tschaikowsky-Konzert habe ich schon als Kind geliebt und immer wieder gehört, in der wunderbaren Aufnahme mit David Oistrach – natürlich wollte ich es dann auch selber früh lernen. Wenn Sie mit einem solchen Werk aufs Podium gehen, denken Sie dann noch über technische Schwierigkeiten nach? Susanna Yoko Henkel: Ich bin generell nicht vorsichtig, wenn ich auf der Bühne stehe. Und wenn man versucht, die Musik so sprechen zu lassen, wie man sie sich vorstellt, dann vergisst man auch die technischen Schwierigkeiten. Es kommt vor allem darauf an, dass die Technik im <strong>Die</strong>nste der Musik steht. Sie werden in Duisburg auch ein Kammerkonzert mit dem israelischen Pianisten Itamar Golan geben. Arbeiten Sie häufi ger zusammen? Susanna Yoko Henkel: Wir haben gemeinsame Freunde, und es gab seit einiger Zeit den Wunsch, zusammen zu arbeiten. In diesem Jahr ist es zum ersten Mal dazu gekommen. Er ist ein großartiger Pianist, und vor allem auch ein begeisterter Kammermusiker, was ja nicht selbstverständlich ist. In Duisburg spielen wir neben Musik von Strawinsky und Prokofjew Beethovens „Kreutzer-Sonate“, eines meiner absoluten Lieblingsstücke. Es ist immer wieder eine große Herausforderung, diese sehr lange Sonate so zu spielen, dass sie wie aus einem Guss wirkt. Bei einem weiteren Kammerkonzert in der Haniel- Akademie werden Sie Messiaens „Quartett auf das Ende der Zeiten“ spielen, in Verbindung mit Bach-Sonaten. Wie kam dieses Programm zustande? Susanna Yoko Henkel: Ich fi nde, dass Messiaen und Bach besonders gut zusammenpassen. Beide waren sehr gläubig und beide vermitteln mir beim Spiel das Gefühl einer tiefen Verbindung. Man mag das religiös nennen oder spirituell, auf jeden Fall ist es eine große Ehrfurcht, die mir diese Musik einfl ößt. Beim „Quatuor pour la fi n du temps“ kommt noch die besondere Entstehungssituation hinzu: Messiaen schrieb es 1941 im deutschen Kriegsgefangenenlager Görlitz, wo es auch aufgeführt wurde. Es gilt als eines der bedeutendsten Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts. Sie haben Bachs Sonaten und Partiten sehr erfolgreich auf CD eingespielt. Wie wichtig sind Ihnen bei dieser Musik Erkenntnisse und Prinzipien der historischen Aufführungspraxis? Susanna Yoko Henkel: Ich habe sehr viel dadurch gelernt, dass ich auf einer Barock-Geige und – was beinahe noch wichtiger ist – mit einem Barock-Bogen gespielt habe, wenn auch nie öffentlich. So habe ich viel mit Stricharten und Klangfarben experimentiert, um herauszufinden, was möglich ist. Es geht letztlich darum, eine sprechende Art des Musizierens zu entwickeln, die Musik als Klangrede zu begreifen, wie Nikolaus Harnoncourt es formuliert hat. Sie kommen als „Artist in Residence“ mit Ihren eigenen Musizierpartnern nach Duisburg, spielen aber auch mit Mitgliedern der <strong>Duisburger</strong> <strong>Philharmoniker</strong> zusammen. Bedeutet das einen großen Unterschied in der Arbeitsweise? Susanna Yoko Henkel: In der Arbeitsweise gibt es keinen großen Unterschied; sowohl mit langjährigen Kammermusikpartnern als auch mit neuen Kollegen treffe ich mich jeweils einige Tage vor den Konzerten zu intensiven Proben. Ich fi nde es eben besonders interessant, dass ich hier beides machen werde: Einerseits freue ich mich, langjährige Musikerfreunde nach Duisburg mitbringen zu können, die ich gut kenne, mit denen ich mich besonders wohl fühle, von denen ich weiß, wie sie reagieren. Aber andererseits ist es mir auch wichtig, neue Kollegen kennen zu lernen und dadurch frische Impulse und Inspira tionen zu bekommen. Ich mache das bei meinem eigenen Festival in Zagreb auch, dass ich sowohl „alte Bekannte“ einlade als auch Musiker, mit denen ich noch 97