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Messen<br />
Art Rotterdam<br />
I Vom 6. bis 10. Februar <strong>2008</strong> stand die niederländische Hafenstadt<br />
Rotterdam im Blickpunkt der zeitgenössischen<br />
Kunstwelt. Die Kunstmesse Art Rotterdam fand zum neunten<br />
Mal statt; sie hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einem<br />
kleinen, aber feinen Fixpunkt der jungen internationalen Galerienszene<br />
entwickelt. Den beiden Organisatoren Fons Hof<br />
und Michael Huyser ist es vortrefflich gelungen, mit 75 Ausstellern<br />
ein Programm zusammenzustellen, das bewusst auf<br />
junge und neue Galerien setzt und den Schwerpunkt auf<br />
Emerging Artists richtet. „Unsere primären Ziele sind die Erweiterung<br />
der Internationalität und der Ausbau des Sammlerprogramms“,<br />
meint Fons Hof im Gespräch. Für die zahlreichen<br />
Besucher ergibt sich ein erfrischender Blick auf neue<br />
Positionen in den verschiedenen Medien.<br />
Ein guter Hafen für junge Kunst<br />
Junge Kunst und deren Künstler haben einen sicheren und<br />
mittlerweile bewährten Hafen: Die Art Rotterdam.<br />
Susanna Schimka (Text) I Art Rotterdam (Fotos)<br />
Vor dem Hintergrund der schwelenden öffentlichen Diskussion<br />
in den Niederlanden ist es spannend zu verfolgen,<br />
dass politischen, sozialen und religiösen Themen in künstlerischen<br />
Arbeiten bei dieser Kunstmesse wieder durchgehend<br />
mehr Raum geboten wird, wie bei den intensiven Zeichnungen<br />
und der Malerei des gebürtigen Marokkaners Rachid<br />
Ben Ali (ab 3.000 Euro) oder den Fotografien von Linda-Maria<br />
Birbek (ab 2.600 Euro), die in der gezeigten Serie von Arbeiten<br />
Asylwerber in einem IKEA-Schauraum platziert und<br />
durch diese Inszenierung eine verstörende Ironie generiert<br />
(beide Künstler bei Witzenhausen Gallery, Amsterdam). Bei<br />
Jerome Jacobs’ Aeroplastics Contemporary aus Brüssel findet<br />
man die beeindruckende fotografische Arbeit der 35-jährigen<br />
Deutsch-Türkin Nezakat Ekici („No Pork but Pig“, 7.000<br />
Euro), die sehr provokant religiöse Streitthemen thematisiert.<br />
Die Galerie Paul Andriesse zeigt eine Serie von dreißig Fotografien<br />
(zusammen 50.000 Euro) der Documenta-Teilnehmerin<br />
Lidwien van de Wen, die globale Brennpunkte politischer<br />
Konflikte in einer nachdenklich machenden Dramaturgie<br />
zusammenstellt. Die Chemould Prescott Road Gallery<br />
aus Mumbai stellt gemeinsam mit Willem Baars<br />
Projects aus Amsterdam ihren Stand dem indischen<br />
Künstler Anant Joshi für die bemerkenswerte<br />
Einzelpräsentation „May look closer than<br />
38<br />
they appear“ zur Verfügung: Die acht großformatigen Collagen<br />
(je Arbeit 96.000 Euro) aus Goldblättchen und unzähligen<br />
kleinen Zeitungsbildern von Wohnblocks (jeder einzelne<br />
wurde im Lauf der letzten Jahre in Mumbai errichtet) bringen<br />
die schier unlösbare Problematik der Verslumung dieser unüberschaubarem<br />
Megametropolen zum Ausdruck. Eine gelungene<br />
Messepremiere liefert die sehr junge Galerie Visual<br />
Drugs aus Zürich mit ihrer Präsentation von zwei Künstlerinnen.<br />
Fast passend zum Namen zeigen sie eine ganz aktuelle<br />
Arbeit („Disorders“) der österreichischen Künstlerin Sofia<br />
Goscinski. Auf 38 mit Tusche schwarz grundierten und weiß<br />
lackierten Tafeln sind mit fast krakeliger Schrift ebenso viele<br />
psychische Krankheiten von der Künstlerin mit einer Ahle eingeritzt<br />
(einzeln 160, gesamt 5.800 Euro). Den klar konzipierten<br />
Stand ergänzen noch die vielschichtigen Tuschezeichnungen<br />
der Schweizerin und Swiss-Award-Preisträgerin 2007<br />
Monica-Ursina Jäger (zwischen 700 und 6.000 Euro).<br />
Weiters aufgefallen sind die inszenierten Fotoarbeiten des<br />
Briten Nigel Bennett (ab 2.300 Euro) bei Artrepco von Andrea<br />
Hinteregger und die erschreckend apathisch wirkenden Porträts<br />
des 24-jährigen niederländischen Künstlers Adriaan van<br />
der Ploeg, der Jugendliche nach durchgespielten LAN-Partys<br />
fotografierte (zwischen 700 und 1.300 Euro, bei Haas &<br />
Fischer). Die aufstrebende Galerie 2x2 projects aus Amsterdam<br />
zeigt großformatige, figurative Malerei und Fotografie<br />
der Künstlerin Sabine Dehnel (9.500 Euro). Der seit einigen<br />
Jahren an der Art Rotterdam ausgelobte Illy-Kunstpreis ist<br />
nicht nur als ein willkommener Zusatzverdienst für Künstler<br />
und deren Galeristen zu betrachten, werden doch die von<br />
einer prominent besetzten Jury ermittelten Finalisten an<br />
einem eigenen Stand den Besuchern während der Messe<br />
präsentiert. Dieses Jahr ging der mit 10.000 Euro dotierte<br />
Preis an die deutsche Künstlerin Alexandra Leykauf von der<br />
Galerie Martin van Zomeren. Die aufstrebende Art Rotterdam<br />
bietet einen umfangreichen Pool für die Entdeckung vielversprechender<br />
Talente und sollte aufgrund des durchschnittlichen<br />
Preisniveaus für Einsteiger, aber auch für avancierte<br />
Sammler im jährlichen Messebesuchsplan stehen. k.i<br />
Kunst.Investor I Ausgabe 1 I Frühjahr <strong>2008</strong>