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KunstInvestor 01-2008

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Kommentar<br />

Otto Hans Ressler<br />

Otto Hans Ressler:<br />

Geschäftsführer und Auktionator der<br />

im Kinsky Kunst Auktionen GmbH<br />

Eine intensive Auseinandersetzung mit Kunst ist ohne emotionale<br />

Beteiligung nicht möglich. Für jeden Investor kommt der Punkt,<br />

wo er sich entscheiden muss, schnell Kasse zu machen oder<br />

langfristig Vergnügen, Freude und Prestige zu lukrieren.<br />

Der „Kunstinvestor“ –<br />

das unbekannte Wesen<br />

Nach meiner Erfahrung gibt es „Investoren“ in Kunst so gut wie gar nicht: Alle am Kunstmarkt<br />

Beteiligten sind im Grunde Überzeugungstäter. Die Künstler auf jeden Fall: Wären sie nicht<br />

überzeugt, etwas Bedeutendes, Einmaliges zu schaffen, könnten sie die meist Jahrzehnte<br />

dauernde Zeit voller emotionaler und materieller Entbehrungen zwischen Schöpfung und Erfolg<br />

nicht durchhalten.<br />

(Text & Fotos)<br />

Otto Hans Ressler<br />

I Auch ein Galerist muss von dem, was der Künstler macht,<br />

überzeugt sein. Er riskiert viel, wenn er einen neuen Künstler<br />

vorstellt: Geld, Zeit, meist mehrere Ausstellungen, Tausende<br />

Einladungen, Kataloge, Vernissagen, Gespräche mit Sammlern,<br />

ehe sich das „rechnet“. Wäre der Galerist nicht überzeugt,<br />

wäre er nicht in der Lage, andere zu überzeugen.<br />

Der Sammler ist selbstverständlich auch ein Überzeugungstäter:<br />

Wie sonst könnte er für ein Stück Leinwand mit<br />

etwas Farbe darauf Geld investieren – manchmal sogar sehr<br />

viel Geld? Der Sammler muss überzeugt sein, dass dieses<br />

Stück Leinwand nicht nur ein Fetzen Stoff ist, sondern die<br />

Begründung einer neuen Sicht der Welt – nicht mehr und<br />

nicht weniger.<br />

Auch der ganz „normale“ Kunstliebhaber, der ein Bild bei<br />

sich zuhause an die Wand hängt, ist ein Überzeugungstäter.<br />

Er wird daran gemessen; es ist seine ganz persönliche Visitenkarte.<br />

Mit diesem Bild zeigt er ein Stück von sich, ein<br />

Stück von dem, woran er glaubt, ein Stück von seinen Gefühlen,<br />

Hoffnungen, Ängsten; er macht sich damit angreifbar.<br />

Und dann gibt es – angeblich – noch Kunstinvestoren.<br />

Wie gesagt, ich kenne solche Leute nicht. Das heißt freilich<br />

nicht, dass ich niemanden kennen würde, der<br />

im Zusammenhang mit Kunst fast nur über<br />

Geld redet: Was ein Bild gekostet hat, was es<br />

derzeit kosten würde, was es eines Tages noch<br />

10<br />

kosten wird. Aber diese Leute bedienen sich dabei lediglich<br />

einer vertrauten Sprache, um ihre Begeisterung auszudrücken;<br />

sie sind keine Investoren. Denn sie würden niemals –<br />

jedenfalls nicht ohne Not – verkaufen.<br />

Genau darauf kommt es aber einem Kunstinvestor an: Es<br />

geht ihm um Spekulation und Gewinn und nicht um Passion<br />

und Vergnügen. Um einen möglichst hohen Gewinn zu<br />

erzielen, muss er möglichst wenig für ein möglichst<br />

qualitätsvolles Kunstwerk bezahlen. Das geht freilich nur,<br />

wenn er sich eingehend mit der Kunst und ihrem Markt<br />

beschäftigt.<br />

Nun ist aber, nach meiner Erfahrung, eine intensive Ausein<br />

andersetzung mit Kunst ohne emotionale Beteiligung gar<br />

nicht möglich. Weil eine intensive Auseinandersetzung mit<br />

Kunst quasi emotionale Beteiligung ist! Und die führt praktisch<br />

immer zu Leidenschaft. Und diese Leidenschaft ist mit<br />

der Bereitschaft, jederzeit zu verkaufen, nicht in Einklang zu<br />

bringen.<br />

Irgendwann steht dieser „Investor“ dann vor der Entscheidung,<br />

schnell Geld zu machen oder Vergnügen, Freude und<br />

Prestige zu lukrieren. Wenn er sich für Letzteres entscheidet,<br />

ist er aber kein Investor mehr, sondern ein Liebender, ein<br />

Sammler, einer dieser Verrückten, die sich mit Begeisterung<br />

mit Kunst beschäftigen und sich nichts Schöneres vorstellen<br />

können. <br />

k.i<br />

Kunst.Investor I Ausgabe 1 I Frühjahr <strong>2008</strong>

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