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Kommentar<br />
Otto Hans Ressler<br />
Otto Hans Ressler:<br />
Geschäftsführer und Auktionator der<br />
im Kinsky Kunst Auktionen GmbH<br />
Eine intensive Auseinandersetzung mit Kunst ist ohne emotionale<br />
Beteiligung nicht möglich. Für jeden Investor kommt der Punkt,<br />
wo er sich entscheiden muss, schnell Kasse zu machen oder<br />
langfristig Vergnügen, Freude und Prestige zu lukrieren.<br />
Der „Kunstinvestor“ –<br />
das unbekannte Wesen<br />
Nach meiner Erfahrung gibt es „Investoren“ in Kunst so gut wie gar nicht: Alle am Kunstmarkt<br />
Beteiligten sind im Grunde Überzeugungstäter. Die Künstler auf jeden Fall: Wären sie nicht<br />
überzeugt, etwas Bedeutendes, Einmaliges zu schaffen, könnten sie die meist Jahrzehnte<br />
dauernde Zeit voller emotionaler und materieller Entbehrungen zwischen Schöpfung und Erfolg<br />
nicht durchhalten.<br />
(Text & Fotos)<br />
Otto Hans Ressler<br />
I Auch ein Galerist muss von dem, was der Künstler macht,<br />
überzeugt sein. Er riskiert viel, wenn er einen neuen Künstler<br />
vorstellt: Geld, Zeit, meist mehrere Ausstellungen, Tausende<br />
Einladungen, Kataloge, Vernissagen, Gespräche mit Sammlern,<br />
ehe sich das „rechnet“. Wäre der Galerist nicht überzeugt,<br />
wäre er nicht in der Lage, andere zu überzeugen.<br />
Der Sammler ist selbstverständlich auch ein Überzeugungstäter:<br />
Wie sonst könnte er für ein Stück Leinwand mit<br />
etwas Farbe darauf Geld investieren – manchmal sogar sehr<br />
viel Geld? Der Sammler muss überzeugt sein, dass dieses<br />
Stück Leinwand nicht nur ein Fetzen Stoff ist, sondern die<br />
Begründung einer neuen Sicht der Welt – nicht mehr und<br />
nicht weniger.<br />
Auch der ganz „normale“ Kunstliebhaber, der ein Bild bei<br />
sich zuhause an die Wand hängt, ist ein Überzeugungstäter.<br />
Er wird daran gemessen; es ist seine ganz persönliche Visitenkarte.<br />
Mit diesem Bild zeigt er ein Stück von sich, ein<br />
Stück von dem, woran er glaubt, ein Stück von seinen Gefühlen,<br />
Hoffnungen, Ängsten; er macht sich damit angreifbar.<br />
Und dann gibt es – angeblich – noch Kunstinvestoren.<br />
Wie gesagt, ich kenne solche Leute nicht. Das heißt freilich<br />
nicht, dass ich niemanden kennen würde, der<br />
im Zusammenhang mit Kunst fast nur über<br />
Geld redet: Was ein Bild gekostet hat, was es<br />
derzeit kosten würde, was es eines Tages noch<br />
10<br />
kosten wird. Aber diese Leute bedienen sich dabei lediglich<br />
einer vertrauten Sprache, um ihre Begeisterung auszudrücken;<br />
sie sind keine Investoren. Denn sie würden niemals –<br />
jedenfalls nicht ohne Not – verkaufen.<br />
Genau darauf kommt es aber einem Kunstinvestor an: Es<br />
geht ihm um Spekulation und Gewinn und nicht um Passion<br />
und Vergnügen. Um einen möglichst hohen Gewinn zu<br />
erzielen, muss er möglichst wenig für ein möglichst<br />
qualitätsvolles Kunstwerk bezahlen. Das geht freilich nur,<br />
wenn er sich eingehend mit der Kunst und ihrem Markt<br />
beschäftigt.<br />
Nun ist aber, nach meiner Erfahrung, eine intensive Ausein<br />
andersetzung mit Kunst ohne emotionale Beteiligung gar<br />
nicht möglich. Weil eine intensive Auseinandersetzung mit<br />
Kunst quasi emotionale Beteiligung ist! Und die führt praktisch<br />
immer zu Leidenschaft. Und diese Leidenschaft ist mit<br />
der Bereitschaft, jederzeit zu verkaufen, nicht in Einklang zu<br />
bringen.<br />
Irgendwann steht dieser „Investor“ dann vor der Entscheidung,<br />
schnell Geld zu machen oder Vergnügen, Freude und<br />
Prestige zu lukrieren. Wenn er sich für Letzteres entscheidet,<br />
ist er aber kein Investor mehr, sondern ein Liebender, ein<br />
Sammler, einer dieser Verrückten, die sich mit Begeisterung<br />
mit Kunst beschäftigen und sich nichts Schöneres vorstellen<br />
können. <br />
k.i<br />
Kunst.Investor I Ausgabe 1 I Frühjahr <strong>2008</strong>