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SVR Gutachten 2018 Sektorenübergreifende Versorgung der Notfallversorgung

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Kapitel 14<br />

563<br />

erreicht“ Rettungsdienstplan 2014 Baden‐Württemberg. Gerade im Hinblick auf die <strong>Notfallversorgung</strong><br />

in dünn besiedelten Gebieten wird zudem zunehmend die teilweise Substitution <strong>der</strong><br />

bodengebundenen Einsatzfahrzeuge durch flächendeckenden Einsatz von in <strong>der</strong> Regel mit Notärzten<br />

besetzten Rettungshubschraubern diskutiert PrimAIR‐Konsortium 2015. 245 Überdies<br />

gibt es in ersten Modellprojekten die Möglichkeit, einen „Telenotarzt“ im Regelrettungsdienst<br />

hinzuzuziehen, <strong>der</strong> mittels Liveübertragung das Intervall bis zum Eintreffen eines „konventionellen“<br />

Notarztes an <strong>der</strong> Einsatzstelle überbrücken soll Uniklinik RWTH Aachen 2014.<br />

940. Mit dem Notfallsanitätergesetz NotSanG wurde außerdem die Grundidee verfolgt,<br />

die Qualität im Rettungsdienst zu erhöhen und das Intervall bis zur ärztlichen Behandlung mit<br />

invasiven Maßnahmen <strong>der</strong> zumeist zuerst am Ort des Notfalls eintreffenden Notfallsanitäter<br />

überbrücken zu können. Dazu wurde die zweijährige Ausbildung zum Rettungsassistenten<br />

durch die dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter ersetzt und bundesweit eindeutig<br />

festgelegt, zur Erfüllung welcher Aufgaben Notfallsanitäter befähigt sein sollen. In <strong>der</strong><br />

zugehörigen Notfallsanitäter‐Ausbildungs‐ und Prüfungsverordnung NotSan‐APrV werden<br />

die Ausbildungsinhalte weiter spezifiziert. Begleitend wurde ferner <strong>der</strong> sogenannte Pyramidenprozess<br />

vgl. Lechleuthner 2014 etabliert, in dem <strong>der</strong> Berufsverband Rettungsdienst in<br />

Zusammenarbeit mit Notarztverbänden ausgearbeitet hat, welche invasiven Maßnahmen<br />

Medikamente etc. in welchen Fällen von Notfallsanitätern durchgeführt werden sollten. Es<br />

existiert also theoretisch ein deutschlandweiter Rahmen, <strong>der</strong> die Kompetenzen festlegt.<br />

Gleichzeitig erfolgte jedoch keine Anpassung des Heilpraktikergesetzes 246 , sodass zwar die<br />

ausbildungsmäßigen Voraussetzungen für eine Delegation heilkundlicher Aufgaben geschaffen,<br />

jedoch keine neuen Zulässigkeitstatbestände festgelegt wurden Deutscher Bundestag 2016a.<br />

Dies führt dazu, dass diese Maßnahmen mit Ausnahme des rechtfertigenden Notstandes § 24<br />

StGB weiterhin faktisch verboten sind. Zur Umgehung dieses Dilemmas wurde festgelegt, dass<br />

vom jeweiligen ärztlichen Leiter Rettungsdienst heilkundliche Maßnahmen vorgegeben werden<br />

sollen, die bei bestimmten notfallmedizinischen Zustandsbil<strong>der</strong>n und ‐situationen von den<br />

Notfallsanitätern eigenständig erbracht werden dürfen § 4 Abs. 2. Nr. 2 lit. c NotSanG. Diese<br />

Bestimmungen werden damit auf <strong>der</strong> Ebene des Rettungsdienstträgers getroffen, sind mithin<br />

von Kreis zu Kreis unterschiedlich und können daher die verfolgte Grundidee, die Qualität im<br />

Rettungsdienst durch zeitnähere invasive Maßnahmen insgesamt zu erhöhen, aktuell noch nicht<br />

erfüllen.<br />

941. Die Beurteilung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> <strong>Notfallversorgung</strong> kann jedoch nicht nur anhand <strong>der</strong><br />

Einhaltung <strong>der</strong> zeitlichen Fristen erfolgen. Auch das klinische Outcome des Patienten allein ist<br />

nicht unbedingt als direktes Maß für die Qualität des Rettungseinsatzes geeignet, hängt es doch<br />

von vielen Faktoren ab begonnen mit dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Alarmierung des Rettungsdienstes<br />

bis zur Weiterversorgung im Krankenhaus. Vielmehr sollte ein Qualitätsmanagement idealerweise<br />

die Durchführung des Einsatzes selbst d. h. die Prozessindikatoren fokussieren. So sollte<br />

z. B. anhand <strong>der</strong> Einsatzdokumentationen geprüft werden, inwieweit eine angemessene,<br />

leitliniengerechte <strong>Versorgung</strong> während des Einsatzes stattfand, ob notwendige Prozeduren, wie<br />

245 Dies ist bereits in Teilen von Dänemark <strong>der</strong> Fall Augurzky et al. 2015.<br />

246 Eine Ausnahme vom Heilpraktikergesetz, wie sie im Rahmen <strong>der</strong> Gesetzgebung<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag 3 Ausschussdrucksache 1714389.3 Bundestags‐Ausschuss Gesundheit<br />

diskutiert wurde, fand ebenfalls keinen Eingang ins Gesetz.

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