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SVR Gutachten 2018 Sektorenübergreifende Versorgung der Notfallversorgung

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Krankenhaus eingeführt wurde, zeigten hingegen einen Rückgang <strong>der</strong> Notaufnahmebesuche<br />

Danish Ministry of Health 2014.<br />

915. Weitere Studien konnten eine gewisse Steuerungswirkung <strong>der</strong> telefonischen Ersteinschätzung<br />

aufzeigen. So befolgte gemäß einer australischen Studie Gibson et al. 2017 die<br />

Mehrheit etwa zwei Drittel <strong>der</strong> Patienten die im Rahmen <strong>der</strong> telefonischen Ersteinschätzung<br />

getroffene Behandlungsempfehlung. Nur etwa 6 % <strong>der</strong> als nicht dringlich eingeschätzten Patienten<br />

suchten innerhalb <strong>der</strong> nächsten 24 Stunden eine Notaufnahme auf. Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />

Schweiz bestätigen, dass Patienten zumeist <strong>der</strong> telefonischen Empfehlung folgen und viele<br />

Patienten daher ohne ärztliche Behandlung auskommen Niemann et al. 2004. Die Einführung<br />

einer telefonischen Ersteinschätzung könnte daher zu einer zielgerechteren <strong>Versorgung</strong> <strong>der</strong><br />

Patienten beitragen. Es gibt außerdem Hinweise aus Modellversuchen in Deutschland, dass bei<br />

einer gemeinsamen Leitstelle für beide Telefonnummern Hausbesuche, nächtliche Einsätze im<br />

Bereitschaftsdienst, aber auch Selbsteinweisungen ins Krankenhaus abnehmen und bis zu<br />

einem Drittel <strong>der</strong> Anrufer rein telefonisch, d. h. durch Beratung und Aufklärung, weitergeholfen<br />

werden kann Rieser 2013.<br />

916. Vor diesem Hintergrund wird auch in Deutschland die Einführung einer zentralen<br />

Telefonnummer, die neben einer standardisierten Ersteinschätzung auch eine telemedizinische<br />

Behandlungsoption anbietet, diskutiert. So erweiterte die KV Baden‐Württemberg im Jahr <strong>2018</strong><br />

– zunächst im Rahmen eines auf zwei Jahre befristeten Modellprojektes in zwei Regionen – ihr<br />

Patiententelefon. Der „DocDirekt“ getaufte Dienst bietet den Patienten die Möglichkeit, bei<br />

gesundheitlichen Beschwerden von medizinischen Fachangestellten MFAs telefonisch<br />

entwe<strong>der</strong> sofort an eine Portalpraxis o<strong>der</strong> an eine Klinikambulanz verwiesen zu werden o<strong>der</strong><br />

bei weniger dringlichen Fällen von nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten zurückgerufen und telemedizinisch<br />

behandelt zu werden KV Baden‐Württemberg <strong>2018</strong>.<br />

917. Auch in Hamburg wurde mit dem „Arztruf“ ein zusätzliches Angebot für die Patienten<br />

geschaffen. Unter <strong>der</strong> Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 werden Patienten<br />

24 Stunden am Tag durch qualifiziertes Personal unter Nutzung eines standardisierten<br />

Entscheidungsbaumes medizinisch ersteingeschätzt. Je nach Schwere des Problems werden die<br />

Patienten dann entwe<strong>der</strong> direkt mit <strong>der</strong> 112 verbunden o<strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong> vertragsärztlichen<br />

<strong>Versorgung</strong> weiterversorgt. Dazu gehört, dass den Patienten eine telefonische Beratung durch<br />

einen Arzt angeboten wird o<strong>der</strong> sie einen Hausbesuch erhalten können. Außerdem kann abends<br />

sowie am Wochenende eine Weiterleitung an eine Portal‐ o<strong>der</strong> KV‐Notfallpraxis erfolgen. Für<br />

weniger dringende Fälle kann auch durch die 116117 ein Termin während <strong>der</strong> Sprechzeiten in<br />

einer Arztpraxis vermittelt werden Plassmann 2017; Vorbeck 2017.<br />

Finanzierung<br />

918. Die Modelle zur Finanzierung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes unterscheiden<br />

sich zwischen den KVen. Generell werden die Leistungen <strong>der</strong> Ärzte im Bereitschaftsdienst<br />

nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab EBM aus <strong>der</strong> morbiditätsbedingten<br />

Gesamtvergütung erstattet. Seit dem Jahr 2016 gibt es für die Leistungen im Notfall und Notdienst<br />

ein eigenes Honorarvolumen, das noch vor <strong>der</strong> Trennung <strong>der</strong> Gesamtvergütung in hausund<br />

fachärztliche Bereiche gebildet wird § 87b Abs. 1 Satz 3 SGB V. Dies erfolgt laut Gesetz mit<br />

<strong>der</strong> Maßgabe, dass für diese Leistungen im Verteilungsmaßstab keine Maßnahmen zur<br />

Begrenzung o<strong>der</strong> Min<strong>der</strong>ung des Honorars angewendet werden dürfen. Neben <strong>der</strong> allgemeinen

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