SVR Gutachten 2018 Sektorenübergreifende Versorgung der Notfallversorgung
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Kapitel 14<br />
595<br />
Rahmen eines einheitlichen Bundesgesetzes für den Rettungsdienst – zu for<strong>der</strong>n. Denn bei<br />
ressourcenintensiven Vorhaltungen und Spezialkompetenzen, wie Kin<strong>der</strong>intensiv‐ o<strong>der</strong><br />
Hubschraubertransporten, wäre eine bezirks‐ und län<strong>der</strong>übergreifende Integration und<br />
Koordination <strong>der</strong> Rettungsdienstressourcen einer flächendeckenden und bedarfsgerechten<br />
<strong>Versorgung</strong> för<strong>der</strong>lich. Darüber hinaus sollte perspektivisch eine Zusammenführung und<br />
Reduzierung <strong>der</strong> Anzahl an Leitstellen im gesamten Bundesgebiet erfolgen.<br />
1012. Überdies sollten die Datenvergleichbarkeit und ‐verfügbarkeit <strong>der</strong><br />
Rettungsdiensteinsätze verbessert werden. Die Dokumentation unterscheidet sich zwischen<br />
den Rettungsdienstleitstellen z. B. im Hinblick auf die Definition eines Fehleinsatzes teilweise so<br />
deutlich, dass eine strukturierte Auswertung und Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Daten nicht immer<br />
möglich ist. 289 Auch eine bundesweit einheitliche Definition <strong>der</strong> Hilfsfrist könnte zur<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Datenvergleichbarkeit beitragen. Neben einer digitalen Erfassung <strong>der</strong><br />
Einsatzprotokolle sollte die Datenerhebung generell auch auf Einsätze mit nichtärztlichem<br />
Rettungsdienstpersonal ausgeweitet werden. Auf Basis dieser standardisierten<br />
Einsatzdokumentation sollte eine flächendeckende Einführung und Messung von festgelegten<br />
Qualitätsindikatoren erfolgen, um die Qualität <strong>der</strong> präklinischen <strong>Versorgung</strong> im Rettungsdienst<br />
evaluieren zu können. 290<br />
1013. Schließlich sollten definierte Befugnisse <strong>der</strong> Notfallsanitäter ausgeweitet und<br />
vereinheitlicht werden. Denn das NotSanG legt zwar Ausbildungsinhalte und damit die<br />
erwarteten Fähigkeiten <strong>der</strong> Notfallsanitäter fest, hat aber gleichzeitig keine eigene<br />
Regelkompetenz geschaffen. Stattdessen wird weiter vor dem Hintergrund des rechtfertigenden<br />
Notstandes § 34 StGB agiert. Eine Ausnahme stellen die vom Ärztlichen Leiter Rettungsdienst,<br />
also auf Ebene des Rettungsdienstträgers, festgelegten, generell durchführbaren Leistungen dar.<br />
Damit unterscheidet sich jedoch auf Kreisebene teilweise noch erheblich, welche Maßnahmen<br />
Angehörige dieses neuen Berufsbildes eigenständig durchführen dürfen.<br />
1014. Darüber hinaus bietet gerade die telemedizinische Zusammenarbeit mit einem<br />
Facharzt in <strong>der</strong> Notaufnahme Möglichkeiten, unter Supervision Tätigkeiten – etwa die<br />
Medikamentengabe – an die Notfallsanitäter am Einsatzort zu delegieren. Evaluationen eines<br />
solchen Telenotarztmodells in Aachen zeigen u. a. eine höhere Leitlinientreue in <strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong><br />
von Notfallpatienten; weitere Studien zum Einsatz im ländlichen Bereich werden gegenwärtig<br />
durchgeführt G‐BA 2016; KV Bayerns 2017d; Uniklinik RWTH Aachen 2014.<br />
1015. Der Rettungsdienst sollte auch entscheiden können, dass ein Transport ins INZ nicht<br />
notwendig ist, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Transport des Patienten direkt an geeignete nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte<br />
ausreichend ist. Explizit ausgewiesene Partnerpraxen benennen dabei, freiwillig und gegen<br />
erhöhte Vergütungszuschläge, freie Notfallslots, die in <strong>der</strong> ILS in Echtzeit im Betten‐ bzw.<br />
Ressourcennachweissystem z. B. via IVENA angegeben werden. Damit können<br />
289 Notarzteinsätze, für <strong>der</strong>en Dokumentation mit dem sogenannten Minimalen Notfalldatensatz MIND3 ein<br />
standardisiertes Protokoll zur Verfügung steht, werden häufig nur auf Papier erfasst, was eine<br />
flächendeckende Auswertung ebenfalls erschwert Messelken et al. 2011.<br />
290 Als Beispiel kann hier Baden‐Württemberg dienen, das im Jahr 2004 eine externe Qualitätssicherung im<br />
Rettungsdienst eingeführt hat Messelken et al. 2010. Auf Basis von Leitstellendaten und <strong>der</strong> notärztlichen<br />
Dokumentation mittels MIND werden aktuell 22 definierte Qualitätsindikatoren – von <strong>der</strong> Bearbeitungszeit<br />
in <strong>der</strong> Leitstelle über die leitliniengerechte <strong>Versorgung</strong> bestimmter Tracerdiagnosen bis zu <strong>der</strong>en primären<br />
Transport in eine geeignete Klinik – erhoben und jährlich landesweit ausgewertet SQR‐BW o.J., 2016.