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SVR Gutachten 2018 Sektorenübergreifende Versorgung der Notfallversorgung

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Kapitel 15<br />

639<br />

Evidenz liegt im Hinblick auf die Beanspruchung weiterer Ressourcen wie anschließen<strong>der</strong> Arztbesuche<br />

vor Ojha et al. 2014. Aus dem britischen National Health Service NHS liegen jedoch<br />

Hinweise vor, dass keine übermäßige Inanspruchnahme zu erwarten ist, dass die Anzahl <strong>der</strong><br />

Behandlungsepisoden sinkt und insgesamt durch Direktzugang Kosten reduziert werden können<br />

Holdsworth et al. 2007; Middleton 2017.<br />

1093. Im Nachbarland Nie<strong>der</strong>lande ging <strong>der</strong> Einführung des Direktzugangs eine mehrjährige<br />

Erprobungsphase voraus Leemrijse et al. 2008 und mehrere wissenschaftliche Evaluationsberichte<br />

werten inzwischen die Ergebnisse <strong>der</strong> Implementierung aus vgl. Swinkels et al. 2014.<br />

Die Anzahl <strong>der</strong> Patientinnen und Patienten, die den Direktzugang nutzen, ist steigend Swinkels<br />

et al. 2014. Das nie<strong>der</strong>ländische System des Direktzugangs und dessen Voraussetzungen hinsichtlich<br />

Qualifikation, Qualitätssicherung, Vergütung, Freiwilligkeit <strong>der</strong> Teilnahme sowohl für<br />

Physiotherapeuten als auch für Patienten könnte wertvolle Hinweise geben, wie ein Direktzugang<br />

auch für Deutschland passgenau gestaltet werden kann.<br />

15.2.7 Interventionelle Schmerztherapie – ambulant<br />

1094. Wenn die konservativen Therapieversuche kein befriedigendes Resultat erzielen, kann<br />

geprüft werden, ob ein minimalinvasives, segmentnahes Injektionsverfahren eingesetzt werden<br />

kann. Gemeint ist hiermit die sogenannte tiefe Nadelung, bei <strong>der</strong> Lokalanästhetika örtliche<br />

Betäubungsmittel und/o<strong>der</strong> Glukokortikoide zur Abschwellung entzündeter Strukturen entwe<strong>der</strong><br />

um die Nervenwurzel herum o<strong>der</strong> in den Wirbelkanal hinein o<strong>der</strong> zwischen die kleinen<br />

Wirbelgelenke injiziert werden Theodoridis 2016. Die segmentnahe Injektionsbehandlung<br />

wirkt somit direkt am „Ort <strong>der</strong> Schmerzentstehung“. Die Injektionen erfolgen üblicherweise unter<br />

Bildgebungskontrolle, um Verletzungen durch die Nadel und Fehlinjektionen zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Zur Bildgebung stehen <strong>der</strong> CT o<strong>der</strong> auch das mobile Röntgengerät Bildwandler zur Verfügung.<br />

1095. Die interventionelle Schmerztherapie kann von verschiedenen Facharztgruppen z. B.<br />

von Orthopäden, Radiologen, Schmerztherapeuten, Neurochirurgen ambulant o<strong>der</strong> während<br />

eines Krankenhausaufenthaltes durchgeführt werden zu Letzterem siehe Abschnitt 15.3.4.<br />

1096. Die Anwendung einer interventionellen Schmerztherapie bei Rückenschmerzen ist<br />

allerdings in <strong>der</strong> Fachwelt umstritten. In <strong>der</strong> NVL wird sogar eindeutig von perkutanen Therapieverfahren<br />

– dies inkludiert epidurale Injektionen sowie Injektionen am Spinalnerv – bei unspezifischen<br />

Rückenschmerzen abgeraten BÄK et al. 2017a. Begründet wird dies durch den<br />

Mangel an verlässlichen Daten zur Überlegenheit dieser Therapie gegenüber konservativen<br />

Methoden. Gewebeverletzende Verfahren wie das invasive Therapieverfahren des Spritzens sollen<br />

daher nicht angewendet werden BÄK et al. 2017a. Dem entgegen stehen Einschätzungen<br />

an<strong>der</strong>er Autoren, die Injektionstherapien als hilfreich bewerten und die Möglichkeit betonen,<br />

durch kurzfristig erzielte Schmerzfreiheit eine darauf aufbauende Physiotherapie zu initiieren<br />

Linhardt et al. 2007; Theodoridis 2016. Ebenso könne eine Injektionstherapie auch bei <strong>der</strong><br />

genaueren Differenzierung <strong>der</strong> Beschwerdesymptomatik helfen Grifka et al. 1999.<br />

1097. Als Argument gegen den Einsatz interventioneller Verfahren wird die notwendige Mitarbeit<br />

<strong>der</strong> Patientinnen und Patienten bei <strong>der</strong> Bewältigung chronischer Schmerzen angeführt<br />

Arnold und Thoma 2010. Durch den Einsatz <strong>der</strong> Spritzentherapie werde dem Patienten ein<br />

falsches Signal gesendet, da dies suggeriere, dass er nur bei Schmerzfreiheit aktiv sein könne<br />

und eine Schmerzfreiheit nicht durch sein eigenes Verhalten erreichbar sei.

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