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Berliner Zeitung 11.10.2018

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 237 · D onnerstag, 11. Oktober 2018 13 *<br />

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Berlin<br />

Polizei greift gegen tschetschenische Banden durch<br />

Nach einer Schießerei im August durchsuchen Polizisten 19 Wohnungen in Berlin und Brandenburg und finden Beweise<br />

VonAndreas Kopietz<br />

und Lutz Schnedelbach<br />

Die Razzia gegen zwei<br />

Gruppierungen von<br />

Tschetschenen am Mittwochmorgen<br />

in Berlin<br />

und Brandenburg geht auf blutige<br />

Revierkämpfe in der organisierten<br />

Kriminalität zurück. Das <strong>Berliner</strong><br />

Landeskriminalamt ermittelt wegen<br />

gemeinschaftlich versuchten Totschlags.<br />

Nach Informationen der <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> richten sich die Ermittlungen<br />

gegen zwei verfeindete tschetschenische<br />

Gruppen, die der Polizei<br />

unter den Namen „Vaynakhen“ und<br />

„Neu-Hohenschönhausen“ bekannt<br />

sind. Diese hatten sich am Abend<br />

des 2. August im Märkischen Viertel<br />

eine Schießerei geliefert. Zwei Männer<br />

waren schwer verletzt worden.<br />

Weil die insgesamt 18 Beschuldigten<br />

– von denen zehn angetroffen<br />

wurden –als hochgefährlich eingestuft<br />

werden, zogen die Ermittler bei<br />

ihrer Razzia SEK-Beamte hinzu. In<br />

Berlin wurden 18 Wohnungen<br />

durchsucht und eine im brandenburgischen<br />

Fürstenwalde.<br />

Die Durchsuchungen am Mittwoch<br />

fanden nach Informationen<br />

dieser <strong>Zeitung</strong> unter anderem bei<br />

dem 26-jährigen Hasu A., dem mutmaßlichen<br />

Anführer der Gruppe<br />

„Neu-Hohenschönhausen“, an der<br />

Biesenbrower Straße statt. Auch der<br />

29-jährige Ruslan A., der Chef der<br />

Gruppe „Vaynakhen“ sein soll, bekam<br />

an der Liebensteiner Straße in<br />

Marzahn Besuch vonder Polizei.<br />

Schusswaffen auf beiden Seiten<br />

Festnahme nach einer Schießerei im August: Diese warder Auslöser für die Razzia am Mittwoch gegen tschetschenische Banden.<br />

Mitglieder beider verfeindeter Gruppierungen<br />

waren sich am späten<br />

Nachmittag des 1. August zufällig im<br />

Gesundbrunnen-Center begegnet.<br />

Es gab eine kurze Prügelei zwischen<br />

den Anführern Hasu A. und Ruslan<br />

A. Gegen 21 Uhr trafen sich dann<br />

beide Gruppierungen im Schillerpark<br />

inWedding, wobei sich die Anführer<br />

erneut prügelten. Später kam<br />

es dann noch imVolksparkRehberge<br />

zu einer Auseinandersetzung beider<br />

Gruppen. Ein Beteiligter erlitt<br />

schwereKopfverletzungen.<br />

DerVersuch, einen Schlichter einzuschalten,<br />

der zwischen beiden<br />

Gruppen vermitteln sollte, scheiterte.<br />

Am nächsten Tag trafen die<br />

Gruppen dann zufällig vor dem<br />

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tschetschenischen Kulturzentrum<br />

am Eichhorster WegimMärkischen<br />

Viertel aufeinander. Dort kam es zu<br />

einem Schusswechsel, bei dem ein<br />

21- und ein 31-Jähriger verletzt wurden.<br />

Sie bekamen Projektile in der<br />

Hüfte beziehungsweise im Bein ab.<br />

Bei der Schießerei verwendeten<br />

beide Seiten mehrereSchusswaffen.<br />

Durchsucht wurden am Mittwoch<br />

auch Wohnungen in Lichtenberg<br />

und ein Flüchtlingsheim in der<br />

Storkower Straße sowie Wohnungen<br />

in Moabit und Wedding. Nach Angaben<br />

eines Ermittlers kam kurzzeitig<br />

Unruhe auf, weil in einer Wohnung<br />

in Neu-Hohenschönhausen ein<br />

bombenverdächtiger Gegenstand<br />

gefunden wurde. Sprengstoffexperten<br />

wurden hinzugezogen. Siegaben<br />

Entwarnung.<br />

Hohe Gewaltbereitschaft<br />

DIDAY MEDIA<br />

Laut Polizei-Pressestelle stellten die<br />

Ermittler umfangreiches Beweismaterial,<br />

darunter Mobiltelefone, Datenträger,<br />

Hieb- und Stichwaffen,<br />

Reizstoffsprühgeräte und geringe<br />

Mengen Betäubungsmittel sicher.<br />

Ferner nahmen die Polizisten eine<br />

Softair-Waffe,Drogen und mutmaßliche<br />

Tatbekleidung mit. Ein 27-Jähriger,<br />

dessen Wohnung am Wilhelmsruher<br />

Damm im Märkischen<br />

Viertel durchsucht wurde,wurde zur<br />

erkennungsdienstlichen Behandlung<br />

mitgenommen und danach<br />

wieder entlassen.<br />

Immer wieder werden in Berlin<br />

Konflikte zwischen tschetschenischen<br />

Gruppierungen ausgetragen.<br />

Diese versuchen, den Drogenhandel<br />

an sich zu ziehen. Früher waren sie<br />

oft Handlanger anderer Krimineller.<br />

Jetzt arbeiten die Kriminellen aus<br />

der Kaukasus-Republik vielfach auf<br />

eigene Rechnung. Konkurrenten<br />

sind oft arabische Großfamilien sowie<br />

albanische Clans – mitunter<br />

schließen sie sich auch mit einzelnen<br />

Akteuren zu multi-ethnischen<br />

Gruppierungen zusammen.<br />

Zuletzt kam es im Mai vorigen<br />

Jahres vor einem Lokal in der Groninger<br />

Straße in Wedding zu einer<br />

Schießerei zwischen Männern aus<br />

Tschetschenien und einem Albaner.<br />

Diesem galt der Anschlag. Er saß in<br />

dem Lokal und schoss zurück auf die<br />

Tschetschenen, die aus einem Auto<br />

heraus mit Maschinenpistolen in<br />

das Café gefeuert hatten. 16 Durchschüsse<br />

zählte die Spurensicherung<br />

an Schaufenster und Eingangstür.<br />

Die Polizei ermittelte, wie berichtet,<br />

als Tatverdächtige Angehörige der<br />

Rockergruppe „Guerilla Nation Vaynakh“.<br />

Hintergrund der Auseinandersetzung<br />

waren Unstimmigkeiten<br />

bei Drogengeschäften.<br />

Tschetschenische Kriminelle<br />

agieren nach Erkenntnissen der Polizeibesonders<br />

konspirativ.Sie nutzen<br />

ihre Erfahrungen, die sie während<br />

des Krieges gegen Russland gesammelt<br />

haben. DieTraumatisierung gilt<br />

auch als einer der Gründe für die außergewöhnlich<br />

hohe Gewaltbereitschaft.<br />

So vermuten Ermittler Tschetschenen<br />

hinter dem tödlichen<br />

Sprengstoffanschlag auf einen Türken,<br />

der im März 2016 in der Bismarckstraße<br />

verübt wurde. Dieser<br />

hatte offenbar ein Kokain-Geschäft<br />

mit der Drogenmafia platzen lassen.<br />

Fast an Kasachstan gescheitert<br />

Flugüberwachung verweigert der Maschine mit Michael Müller stundenlang den Überflug<br />

VonArnoSchupp<br />

Irgendwann gegen 17 Uhr Mitteleuropäischer<br />

Zeit kommt die<br />

Nachricht, die dem Regierenden<br />

Bürgermeister und amtierenden<br />

Bundesratspräsidenten Michael<br />

Müller das Lächeln aus dem Gesicht<br />

treibt. Kasachstan verweigertder Regierungsmaschine<br />

mit dem Rufnamen<br />

Theodor Heuss die Überfluggenehmigung.<br />

Die Australien-Reise<br />

des SPD-Politikers,seine letzte große<br />

Reise als Bundesratspräsident, steht<br />

auf der Kippe. Und das sorgt für unerwartete<br />

Betriebsamkeit im Auswärtigen<br />

Amt, im Bundesverteidigungsministerium<br />

und zuletzt sogar<br />

bei Bundesaußenminister Heiko<br />

Maas (SPD).<br />

Monatelang ist Michael Müllers<br />

Reise vorbereitet worden. Es ist eine<br />

Reise ohne allzu große politische<br />

Wucht. Fast könnte man sagen, es<br />

handelt sich um ein Freundschaftsbesuch<br />

mit Begleitprogramm.<br />

Gleichwohl ist die Reise zweifelsohne<br />

wichtig genug, um nicht<br />

schnöde an einer fehlenden Überfluggenehmigung<br />

zu scheitern. Immerhin<br />

reist hier der amtierende<br />

Bundesratspräsident, der Inhaber<br />

des formal vierthöchsten Amtes in<br />

der Bundesrepublik. Doch beeindruckt<br />

das die kasachische Luftüberwachung<br />

überhaupt nicht. Es bleibt<br />

beim Nein.<br />

Während die diplomatischen Kanäle<br />

glühen, kreist Bundesratspräsident<br />

Müller mit seiner 33-köpfigen<br />

Delegation aus Vertretern des Bundesrates,<br />

von Wissenschaftseinrichtungen<br />

und Unternehmen in<br />

10 000 Metern Höhe vor dem kasachischen<br />

Luftraum.<br />

Nach einer Stunde schließlich informiert<br />

Michael Müller seine Mitreisenden<br />

über die Lage. „Eine weitere<br />

Stunde können wir noch warten“,<br />

sagt er.Wenn die Kasachen bis<br />

dahin nicht einlenken, „müssen wir<br />

umdrehen. Sonst reicht der Treibstoff<br />

nicht.“ Undnoch immer versuchen<br />

Diplomaten in Botschaften<br />

und im Auswärtigen Amt, die kasachische<br />

Luftüberwachung zum Einlenken<br />

zu bewegen.<br />

Mittlerweile ist sogar das Bundesverteidigungsministerium<br />

eingeschaltet,<br />

denn formell handelt es<br />

sich bei der Regierungsmaschine um<br />

ein Flugzeug der Luftwaffe. Und genau<br />

das wirdwohl auch das Problem<br />

gewesen sein.<br />

Die Reise ist zwar von langer<br />

Hand geplant, die Route Monate<br />

schon festgelegt, die entsprechenden<br />

Länder informiert, wer dort unterwegs<br />

ist. Dass es sich nicht um<br />

eine normale Militärmaschine handelt,<br />

sondern um den Regierungsflieger.<br />

Doch irgendwie hat sich das<br />

bis zu dem diensthabenden Fluglotsen<br />

der kasachischen Luftüberwachung<br />

nicht rumgesprochen. Der<br />

sieht auf seinem Monitor die Kennung<br />

einer deutschen Militärmaschine,<br />

die in kasachischen Luftraum<br />

eindringen will. Und entsprechend<br />

reagierter.<br />

Nach gut anderthalb Stunden<br />

dann eine neue Lage. Bundesaußenminister<br />

Maas ist es gelungen,<br />

dem Bundesratspräsidenten Müller<br />

den Weg frei zumachen. Die kasachische<br />

Luftüberwachung gibt das<br />

Okay, und die „Theodor Heuss“<br />

überfliegt Kasachstan. Ihr Ziel: Tanken<br />

in Singapur, dann weiter nach<br />

Down Under. Es ist immer noch<br />

eine Reise ohne besondere politische<br />

Wucht. Denkwürdig bleibt sie<br />

aber schon jetzt.<br />

Offiziell ein Militär-, tatsächlich ein Regierungsflugzeug: die „Theodor Heuss“. DPA Kam doch noch durch: Michael Müller. DPA

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