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Berliner Zeitung 11.10.2018

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 237 · D onnerstag, 11. Oktober 2018 – S eite 1<br />

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Kulturkalender<br />

DER WOCHENÜBERBLICK VOM 11. BIS 17. OKTOBER 2018<br />

Filmtipps<br />

Kinoprogramm<br />

Literatur<br />

Ausstellungen<br />

Konzerte<br />

Bühne<br />

Seiten 2&3<br />

Seiten 2–6<br />

Seite 6<br />

Seite 7<br />

Seite 7<br />

Seite 8<br />

Die Pianistin Tamar Halperin<br />

GREGOR HOHENBERG<br />

Das ist die 2005 in England geborene Komponistin, Pianistin und Geigerin Alma Deutscher. PATRICK HÄRLIMANN Der Pianist Matan Porat. PETER HÖNNEMANN<br />

Obman es glaubt oder nicht, ein<br />

jüdisches Festival in Berlin, ja in<br />

Deutschland überhaupt ist immer<br />

noch etwas Besonderes. Die<br />

aktuellen politischen Umstände geben leider<br />

keinen Grund zur Annahme, dass sich<br />

das bald ändern wird. Eine Freude ist es auf<br />

jeden Fall, dass es dem Pianisten und Komponisten<br />

Ohad Ben-Ari wieder gelungen ist,<br />

sein 2015 gegründetes ID Festival zu veranstalten.<br />

Das „I“ steht für Israel, das „D“ für<br />

Deutschland.<br />

Die Idee ist ihm seinerzeit in der Kantine<br />

der <strong>Berliner</strong> Philharmoniker gekommen, wo<br />

er mit einem israelischen Freund aß –und<br />

feststellte, wie viele Kolleginnen und Kollegen<br />

ringsherum ebenfalls hebräisch sprachen.<br />

Musik prägt weiterhin das Profil dieses<br />

Festivals,ergänzt um Tanz und Theater.Dargeboten<br />

wird all das von jungen Künstlerinnen<br />

und Künstlern und von neuen Talenten<br />

auf ungewohnten Kreativitätspfaden, Übertitel:<br />

„Identity –Migration –Integration?“<br />

Als Hauptspielortwirddas RadialsystemV<br />

genutzt, es gibt überdies Aufführungen in<br />

der Wabe und im English Theatre. DasFestival<br />

beginnt an einem Freitagabend mit<br />

„Shabbat Olam haBah“ –der Sabbat wird<br />

hier als immersives Dinner &Open-end Erlebnis<br />

interpretiert, als Vorgeschmack auf<br />

„eine Zukunft, die wir selbst beeinflussen<br />

können, indem wir die ganzeWoche hartarbeiten.<br />

Eine Zukunft aus Frieden und Wohlstand,<br />

eine Next Generation des Zusammenlebens“,<br />

so Ohad Ben-Ari.<br />

Eine Vertreterin dieser neuen Generation<br />

ist gewiss die 2005 in England geborene Pianistin<br />

und Geigerin Alma Deutscher, die bereits<br />

mit sechs Jahren ihre erste Klaviersonate<br />

komponierte und mit sieben ihre erste<br />

Oper. Sie ist nun mit der Uraufführung ihrer<br />

„Cinderella Ballet Suite“ vertreten, es ist die<br />

erste Aufführung eines ihrer großen symphonischen<br />

Werke auf einer prominenten<br />

Bühne in Berlin. Diese Aschenputtel-Paraphrase<br />

wirdvon der Kinder Ballett Kompanie<br />

Berlin in einer Choreographie von David Simic<br />

tänzerisch umgesetzt. Wie Alma Deutscher<br />

ihreMelodien findet? „Sie kommen zu<br />

mir,wenn ich nicht darüber nachdenke und<br />

etwas ganz anderes mache“, sagt die dreizehnjährige<br />

Komponistin, „beim Einschla-<br />

Auf<br />

jüdisches<br />

Leben in<br />

Berlin!<br />

Das deutsch-israelische<br />

ID Festival präsentiert<br />

„Next Generation“<br />

VonIrene Bazinger<br />

fen oder beim Aufwachen zum Beispiel.<br />

Oder wenn ich mit meinem Springseil im<br />

Garten spiele.“<br />

Musikalisch abwechslungsreich verspricht<br />

auch die fünfteilige Reihe „Piano<br />

Combos“ zu werden: VomKonzertflügel her<br />

fragt Kai Schumacher in „Transcriptions“<br />

nach dem Spannungsfeld zwischen Kurt Cobain,<br />

MTV, Techno und jugendlicher Rebellion.<br />

Die Pianistin Tamar Halperin und der<br />

Produzent Guy Sternberg wiederum werden<br />

Eric Saties Kompositionen in Einzelstimmen<br />

zerlegen, auf Instrumenten wie Klavier, Glockenspiel<br />

oder Computer spielen und dann<br />

auf ihre Art zusammensetzen („Satie“). Der<br />

Pianist Matan Porat lädt das Publikum mit<br />

„Lux“ auf eine Reise durch die verschiedenen<br />

Stimmungen eines einzelnen Tages ein.<br />

Für neue jazzgrundierte Klänge sorgen<br />

werden in „BiWald“ die Cellistin, Sängerin<br />

und Songwriterin Julia Biłat (Polen) mit dem<br />

Pianisten und Komponisten Daniel<br />

Schwarzwald (Israel). Als Ritual konzipiertist<br />

schließlich „FiveMeditations“, in denen sich<br />

Künstler und Publikum bei Yoga und Musik<br />

ergänzen. „WeloveIsrael“ heißt ein Hörspiel<br />

von Ofer Waldman und Noam Brusilovsky<br />

über die deutsche Liebe zu Israel und Israelis,<br />

und die Ausstellung „L’Chaim –Auf das<br />

Leben“ der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus<br />

porträtiertJuden und Jüdinnen<br />

vom Rabbiner über den Punk bis hin zu<br />

Künstlern, die in den vergangenen Jahren<br />

immigriertsind.<br />

Zum Abschluss gibt es den Kabarett-<br />

Abend „Sprich leise, wenn du Liebe sagst“,<br />

mit dem an die Schauspielerin und Sängerin<br />

Lotte Lenya erinnertwird, die auf den Taggenau<br />

vor hundert Jahren geboren wurde. Sophie<br />

Eiskirchen, Hans-Jürgen Schatz und<br />

Dennis Weißertwerden singen und aus dem<br />

Briefwechsel zwischen Lenya und ihrem<br />

Ehemann Kurt Weill vorlesen, Ohad Ben-Ari<br />

wird sie vom Klavier aus begleiten. Die Geschichte<br />

der beiden ist nicht nur von Liebe,<br />

Heirat und Zusammenarbeit geprägt, sondern<br />

eben auch von Hass, Ablehnung und<br />

Vertreibung.<br />

ID Festival Fr 12. 10.–Do18. 10., Radialsystem V/<br />

DieWabe/English Theatre Berlin, deatilliertes Programm:<br />

https://idfestival.de/de/programm/<br />

Imvergangenen Jahr war das Gastspiel<br />

des Nederlands Dans Theater<br />

eines der Höhepunkte der Tanzsaison.<br />

Wenn jetzt das NDT 2, die jüngere<br />

Sektion der in Den Haag ansässigen<br />

Compagnie,imHaus der <strong>Berliner</strong><br />

Festspiele gastiert, dürfte es<br />

nicht anders sein. Trotz all der Höhepunkte,<br />

die es in diesem <strong>Berliner</strong><br />

Tanzjahr schon gegeben hat.<br />

VonMichaela Schlagenwerth<br />

Da ist etwa „Wir sagen uns Dunkles“<br />

von Marco Goecke. Schon der<br />

Titel verspricht, dass es sich hier nur<br />

um ein Stück handeln kann, bei der<br />

Choreograf ganz und gar bei sich ist.<br />

Denn bei Goeckes Arbeiten hat man<br />

anders. Immer wieder ein anderer,<br />

vibrierend aufregender,dunkler Fiebertraum.<br />

Dieses Malzur Musik von<br />

Schubert, Schnittke und Placebo.<br />

oft die Vorstellung, dass er die Der rätselhafte Titel, der auch<br />

Nächte nicht mit Schlaf verbringt,<br />

sondern damit, sehr laut und sehr<br />

Goeckes Arbeiten selbst beschreiben<br />

könnte, ist ein Zitat aus Paul Celans<br />

lang Musik zu hören –bis er alles vergisst,<br />

Gedicht „Corona“. Vielleicht, so<br />

bis nichts mehr da ist außer<br />

Musik. Eben diese übersetzt er dann<br />

in düstere, hyperschnelle Stücke, in<br />

denen die Arme schneller fliegen, als<br />

man zuschauen kann und die Körper<br />

ruckeln und sich zerhacken, als<br />

wollten sie in der Musik verschwinden.<br />

So ist es eigentlich fast jedes<br />

Mal. Aber auch, wenn also die Tanzsprache<br />

ganz und gar vertraut ist, ist<br />

sie doch gleichzeitig jedes Mal völlig<br />

mutmaßen einige Kritiker, handelt<br />

das Stück vonder Liebe zwischen Ingeborg<br />

Bachmann und Paul Celan.<br />

Aber das ist eine bloße Annahme.<br />

Fest steht dagegen, dass „Wir sagen<br />

uns Dunkles“ zu den Highlights in<br />

Goeckes Schaffen zählt. Im vergangenen<br />

Jahr wurde es für den Benois<br />

de la danse nominiert, was so ungefähr<br />

einer Oscar-Nominierung im<br />

Filmgeschäft gleichkommt.<br />

Tanz und Bach und Elektronik kommen bei „Subtle Dust“ zusammen. RAHI REZVANI<br />

„Wir sagen uns Dunkles“<br />

Das Nederlands Dans Theater setzt Maßstäbe im Tanz, mit der Perfektion der Tänzer,der Auswahl<br />

der Choreografen und Stücke. Ab Donnerstag gastiert es wieder im Haus der <strong>Berliner</strong> Festspiele<br />

Überhaupt hat der NDT-Chef<br />

Paul Lightfoot ein kluges und ganz<br />

auf <strong>Berliner</strong> Interessen zugeschnittenes<br />

Programm zusammengestellt.<br />

Da gibt es neben zwei Arbeiten von<br />

ihm und seiner Lebensgefährtin Sol<br />

Léon selbst, noch das Stück „Mutual<br />

Comfort“ des bulgarisch-slowenischen<br />

Ballettdirektors Edward Clug.<br />

Seit dieser vordreiJahren entstandenen<br />

Arbeit choreografiertClug regelmäßig<br />

für das NDT.Auch beim Stuttgarter<br />

Ballett und anderen großen<br />

Compagnien ist er gefragt. In Berlin<br />

kennt man ihn bislang nicht.<br />

Léon und Lightfoot kommen wieder<br />

mit Bach –mit ihrer erst in diesem<br />

Jahr uraufgeführten „Subtle<br />

Dust“. Tanz und Bach einmal durch<br />

die Elektronikmaschine gedreht, das<br />

aber atemberaubend, ist der Ruf, der<br />

dem Stück vorauseilt. Die zweite Arbeit<br />

der Beiden,„Sad Case“ von1998,<br />

ist ein Teil Compagnie-Geschichte.<br />

Witzig und absurdist es,entstanden<br />

als Sol Léon im siebten Monat<br />

schwanger war.Lange galt die Arbeit<br />

als ein Aushängeschild des Nederlands<br />

Dans Theater. Obdas noch so<br />

gut funktioniert, oder ob die Arbeit<br />

nicht vielleicht doch etwas Patina<br />

angesetzt hat? Manwirdsehen.<br />

Sicher sein kann man allerdings,<br />

dass auch dieses Maldie Tänzer wieder<br />

atemberaubend sein werden.<br />

Eben das hat einen bei den vergangenen<br />

Gastspielen so fassungslos gemacht.<br />

Nicht nur die Virtuosität,<br />

sondern auch die ungeheure Präsenz<br />

auf der Bühne. ImNDT II tanzendie<br />

jüngeren, die 19 bis 22-jährigen<br />

Tänzer. Höchste Zeit, dass man<br />

sie wieder in Berlin sieht. Und was<br />

für ein Glück, dass das Haus der <strong>Berliner</strong><br />

Festspiele seine Tore wieder<br />

mehr für den Tanz geöffnet hat.<br />

Nederlands DansTheater 11. bis 14. 10.,20 Uhr,<br />

14. 10. auch15Uhr,Haus der <strong>Berliner</strong>Festspiele,<br />

Schaperstr.24, Kartentel.: 25 48 91 00

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