abi. 8/02 - Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums
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568 Bekanntmachungen und Mitteilungen <strong>des</strong> Hess. <strong>Kultusministeriums</strong> ABl. 8/<strong>02</strong><br />
zu versetzen, Schülerinnen und Schüler mit besonderen<br />
bzw. hohen Begabungen besser zu erkennen und zu fördern.<br />
In der Aufbauphase ist die Einrichtung von<br />
pädagogischen Förderschwerpunkten in einzelnen Schulen<br />
aller Schulformen in allen Schulamtsbereichen sinnvoll.<br />
An diesen Schulen können gezielte Förderprogramme<br />
für besondere bzw. hohe Begabungen entwickelt<br />
und erprobt werden. Die Schulen übernehmen<br />
damit eine Pilotfunktion und bilden Knotenpunkte in<br />
regionalen Netzwerken, um auf diese Weise gemeinsam<br />
lernen und sich gegenseitig unterstützen zu können.<br />
Die Netzwerke stellen die Fortsetzung bzw. Ergänzung<br />
der Fördermaßnahmen in aufeinander aufbauenden<br />
Schulformen sicher und gewährleisten eine möglichst<br />
intensive Zusammenarbeit zwischen den beteiligten<br />
Schulen.<br />
Nach dem erklärten Willen der Mehrheit der betroffenen<br />
Eltern wünschen diese möglichst wohnortnahe innerund<br />
außerschulische Förderangebote an bestehenden<br />
Schulen, um eine soziale Integration ihrer hochbegabten<br />
Kinder zu gewährleisten. Dieser Wunsch deckt sich<br />
mit den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Hochbegabtenforschung,<br />
wonach eine separierende intensive<br />
Beschulung vorrangig im Falle derjenigen Hochbegabten<br />
angezeigt sein kann, bei denen nachgewiesene<br />
intellektuelle Hochbegabung mit schweren sozialen<br />
Auffälligkeiten, Defiziten bzw. psychischen<br />
Fehlentwicklungen und schulischer Minderleistung einhergeht.<br />
Da Prävention vor Intervention geht, muss das Erkennen<br />
und Fördern von hohen Begabungen zu einem möglichst<br />
frühen Zeitpunkt einsetzen, um falsche und eventuell<br />
verhängnisvolle Weichenstellungen, deren Korrektur zu<br />
späterem Zeitpunkt erfahrungsgemäß nur sehr schwer<br />
oder überhaupt nicht mehr möglich sein kann, zu vermeiden.<br />
Wichtig sind dabei sowohl die Kooperation von<br />
Eltern, Schulen und Schulpsychologischen Diensten als<br />
auch der Erfahrungsaustausch zwischen den auf dem Gebiet<br />
der Hochbegabtenförderung aktiven Schulen untereinander.<br />
Angesichts der o. a. unterschiedlichen Ausprägungsmöglichkeiten<br />
von hohen Begabungen ist aktive Begabungsförderung<br />
eine notwendige Aufgabe aller Schulen und<br />
Schulformen; sie kann von keiner einzelnen Schulform<br />
exklusiv beansprucht werden. Die Begabungsförderung<br />
sollte von interessierten Schulen als ein Schwerpunkt in<br />
ihren Schulprogrammen festgeschrieben werden, um den<br />
Eltern auf diese Weise verbindliche und dauerhafte Angebote<br />
zu unterbreiten. Es ist das Ziel <strong>des</strong> <strong>Kultusministeriums</strong>,<br />
den Eltern in allen Regionen und aus allen Schulformen<br />
Schulen nennen zu können, die über eine besondere<br />
Kompetenz und über spezifische Angebote auf dem<br />
Gebiet der Hochbegabtenförderung verfügen. Das Kultusministerium<br />
und der Hessische Landtag als Haushaltsgesetzgeber<br />
haben hierfür im Haushaltsjahr 2001<br />
100 000,– DM und in 20<strong>02</strong> 250 000,– EUR zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
10. Primarstufe<br />
Da hohe Begabungen möglichst frühzeitiger Erkennung<br />
und Förderung bedürfen, kommt den Grundschulen besondere<br />
Bedeutung zu. Die Grundschule ist hier das vordringlichste<br />
schulische Handlungsfeld. Die Grundschule<br />
nimmt alle Kinder eines Jahrganges auf und bietet daher<br />
die besten Voraussetzungen für eine durch Individualisierung<br />
und offene Arbeitsweise gekennzeichnete Unterrichtsorganisation,<br />
die alle Kinder – und darunter auch<br />
die Hochbegabten – auf eine auf ihre jeweiligen Stärken<br />
und Schwächen abgestimmte Weise optimal fördern<br />
kann.<br />
Die Möglichkeit einer frühen Förderung verhindert<br />
falsche Selbst- und Fremdeinschätzungen und beugt Folgeproblemen,<br />
wie z. B. dem mangelnden Erlernen und<br />
Einüben von Lerntechniken, vor. Eine frühzeitige Einschätzung<br />
kindlicher Entwicklungsverläufe ermöglicht<br />
bei sich andeutender Fehlentwicklung eine noch rechtzeitig<br />
einsetzende psychologische und/oder therapeutische<br />
Begleitung oder Unterstützung und kann so eine ansonsten<br />
drohende Potenzierung von Schwierigkeiten verhindern<br />
oder mildern. „Underachievement“ ist auch eine<br />
Folge <strong>des</strong> Versäumnisses, intellektuell hochbegabte Kinder<br />
tatsächlich als solche wahr- und anzunehmen und sie<br />
entsprechend zu fördern. Ungeeignete Versuche, heterogene<br />
Leistungsgruppen zu „homogenisieren“, d. h. alle<br />
Kinder gleich zu behandeln und oftmals auch „gleich zu<br />
machen“, können gerade für hochbegabte Kinder fatale<br />
Auswirkungen nach sich ziehen. Daher muss die wachsame<br />
Prävention solcher Prozesse eine Maxime aller<br />
schulischen Hochbegabtenförderung sein.<br />
Die Grundschulen sollten mit Eltern, Kindergärten und<br />
-tagesstätten oder Horten eng zusammenarbeiten und<br />
sich mit den vielfältigen vorhandenen Unterstützungsangeboten<br />
(niedergelassene Psychologinnen bzw. Psychologen,<br />
Schulpsychologische Dienste, Beratungsstellen,<br />
Universitäten, Elterninitiativen usw.) vertraut machen<br />
und diese zu nutzen lernen. Auf dieser Grundlage können<br />
sie erfolgreich innerschulische Förderprogramme für<br />
Hochbegabte entwickeln.<br />
In allen Schulamtsbereichen sollte den Eltern zumin<strong>des</strong>tens<br />
eine Grundschule mit einem speziellen Förderangebot<br />
für hohe Begabungen benannt werden, die mit Hilfe<br />
eines breiten Spektrums innerer Differenzierung, von inner-<br />
und außerschulischen Zusatzangeboten, unterschiedlicher<br />
Verweildauer bzw. Überspringen einer Jahrgangsstufe,<br />
Altersmischung, von Lernwerkstätten oder<br />
mittels Wochenplan usw. den Bedürfnissen der hochbegabten<br />
Schülerinnen und Schüler auf ein auf sie zugeschnittenes<br />
reichhaltiges schulisches Angebot gerecht<br />
wird. Vorhandene Eingangsstufen mit flexiblem Schulanfang<br />
können hier einen bedeutsamen Beitrag leisten.<br />
Hinsichtlich der Fortsetzung der Schullaufbahn in weiterführenden<br />
Schulen sind die Fördermaßnahmen zwischen<br />
abgebender und aufnehmender Schule vorausschauend<br />
zu koordinieren.